Kirche und Missbrauch Das Warum, der Zölibat und eine neue Debatte
Die Fälle von Kindesmissbrauch innerhalb der katholischen Kirche haben die Debatte um den Zöllibat wieder angeheizt. Die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen dem katholischen Zölibatsgebot und dem sexuellen Missbrauch von Kindern gibt.
Die Experten bewerten das höchst unterschiedlich. Hier einige Beispiele aus der kontroversen Debatte:
Stimmen gegen den Zöllibat
Wiederangefacht hat die Diskussion unter anderem der kirchenkritische Tübinger Theologe Hans Küng, der dem Zölibat eine Mitschuld an den Missbrauchsfällen bei den katholischen Orden gibt. Das Zölibatsgesetz widerspreche dem Evangelium und gehöre abgeschafft.
Auch der Kirchenkritiker und Psychoanalytiker Eugen Drewermann ist der Ansicht, der Zölibat sei nicht mehr zeitgemäß und fördere sexuelle Verklemmungen.
Zollitsch: "Pädophilie hat nichts mit Zölibat zu tun"
"Der Zölibat ist nicht die Ursache von sexuellem Missbrauch. 99,5 Prozent unserer Priester oder noch mehr haben nichts mit diesem Fehlverhalten zu tun", sagt der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, sagt, sexueller Missbrauch von Kindern sei kein spezifisches Problem der katholischen Kirche. Pädophilie habe weder etwas mit Zölibat zu tun noch mit Homosexualität oder Homophobie oder mit einer Sexuallehre. Auch wenn der Blick derzeit "so sehr auf die katholische Kirche" gerichtet sei, sei Kindesmissbrauch ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.
"Sexuellen Missbrauch hat es schon immer gegeben"
Ähnlich sieht das die Wiener Sexualtherapeutin Rotraud Perner. Entscheidend sei, welche Fantasien jemand pflege und welche Erfahrungen jemand habe, nicht, wie er lebe. Dort wo es naheliegt, dass man mit Kindern intime Situationen hat, gibt es Gelegenheiten. Das kann in der Schule sein, aber auch im Sportlager oder der Familie.
"Die Verfügbarkeit ist geschlossenen Institutionen natürlich höher, das ist ein Risikofaktor. Aber der größte Sicherheitsfaktor für die Täter ist, dass man den Kindern nicht glauben wird." Sexuellen Missbrauch habe es laut Perner schon immer gegeben, nur jetzt rede man darüber. Heute wisse man, dass es viele Personen gebe, die mit ihren Gefühlen nicht souverän umgehen könnten.