Themen - Geschichte


9

KZ Dachau Tödlicher Terror als Lager-Alltag

Stand: 14.04.2009 | Archiv

Neben den politischen Gefangenen kamen bald auch weitere Häftlingsgruppen nach Dachau: oppositionelle Geistliche, Zeugen Jehovas, Homosexuelle und Menschen, die im NS-Jargon als "rassisch minderwertig" betrachtet wurden: Sinti, Roma oder Juden.

Vernichtung der Juden

Die Zahl letzterer stieg vor allem mit der späteren Systematisierung der Judenverfolgung stark an. Eine regelrechte Verhaftungswelle folgte auf die Pogrome vom 9. November 1938, bei denen die Nazis fast 11.000 Juden nach Dachau verschleppten. Sie wurden dort so brutal misshandelt, dass einige umkamen. Der Rest wurde wieder entlassen, wobei so manchem die Auswanderung oder Vermögenswerte abgepresst wurden.

Nach der Wannseekonferenz von 1942, auf der die sogenannte "Endlösung" beschlossen wurde, erlitten auch die meisten der in Dachau inhaftierten Juden das Schicksal der Verschleppung in Vernichtungslager. Von den etwa 42.000 Juden, die 1933 in Bayern lebten, wurden weit mehr als 8.000 deportiert. Die meisten von ihnen fielen dem Holocaust zum Opfer.

Demütigung zur Begrüßung

Ehemaliger KZ-Häftling mit den Insignien der Stigmatisierung

Jeder neue Häftling wurde mit Schlägen und Beschimpfungen "begrüßt" - ein Ritual zur Einschüchterung, Demütigung und Demonstration absoluter Recht- und Schutzlosigkeit. Die nächsten Stationen: Haare scheren, Ausgabe von gestreifter Kleidung, Zuteilung einer Nummer und einem Symbol für die Häftlingskategorie. Jegliche Individualität der Gefangenen sollte ausgelöscht werden.

Mörderische Strafen

Der Alltag bestand im Wesentlichen aus auszehrender Arbeit und Hunger. Ständige Angst vor Krankheiten ging um, aber auch vor sadistischen Bewachern, von denen einige nicht davor zurückschreckten, bissige Hunde auf Gefangene zu hetzen. Wer nicht durch die anstrengende Arbeit umkam, lief Gefahr, eine der oft willkürlich verhängten Strafen nicht zu überleben: Sie reichten von Arrest über Schläge mit dem Ochsenziemer bis hin zu Hängen mit am Rücken zusammengebundenen Händen oder tagelangem Stehen im Freien bei jeder Witterung, auch im Winter.

Ausgebeutet für Rüstungsindustrie

1937/38 wurde das Lager vergrößert. Inzwischen hatten die Machthaber die KZs zusätzlich zu Arbeitskräfte-Reservoirs umfunktioniert. Die SS gründete dazu eigene Firmen, um Gefangene an private Firmen zu vermieten.

Ab 1942/43, als Hitler nach der gescheiterten Offensive bei Stalingrad die Rüstung noch mehr ankurbeln ließ, wurden Häftlinge verstärkt für die Kriegsproduktion eingesetzt. Einen nicht unbeträchtlichen Teil von ihnen rekrutierte man inzwischen aus Kriegsgefangenen.

Arbeitssklaven in Außenlagern

Als die Alliierten begannen, deutsche Produktionsstätten zu bombardieren, dezentralisierte man sie und verlagerte sie teilweise in die Provinz. Die KZ-Gefangenen, die man in diesen Fabriken als Zwangsarbeiter einsetzte, brachte man in nahegelegenen Außenlagern unter. Zu Dachau gehörten insgesamt mehr als 160 davon. Gegen Kriegsende befanden sich über 30.000 Häftlinge in den Dachauer Außenlagern, mehr als im Hauptlager mit 27.000.

Namhafte Firmen in Bayern bedienten sich der Arbeitssklaven aus Dachau: das Agfa-Camerawerk oder die Fabrik Lodenfrey in München, der Rüstungskonzern BMW in Allach, die Dornier-Flugzeugwerke in Landsberg und Tutzing, um nur einige Beispiele zu nennen.

Grausame medizinische Experimente

Eine der besonderen Schikanen, mit denen KZ-Häftlinge infolge des Krieges malträtiert wurden, waren medizinische Experimente, die in vielen Fällen zum Tod führten. In Dachau begann man damit 1941.

Unterkühlungsversuch mit Häftling - eines der medizinischen Experimente an lebenden Menschen

So führte man Unterkühlungs- oder Unterdruckversuche durch, um die Verhältnisse zu testen, denen Piloten der Luftwaffe bei Abstürzen ausgesetzt waren. Solche Experimente führte vor allem der SS-Arzt Sigmund Rascher durch. Andere Gefangene mussten Malariaversuche des Mediziners Claus Schilling über sich ergehen lassen.

Solidarität und "Sabotage" - Widerstand im KZ

Den Terror bis ins letzte Detail durchorganisieren, das konnten die NS-Machthaber bis zur Perfektion. Vor diesem Hintergrund war Widerstand in einem KZ nur in äußerst begrenztem Maß möglich - zum Beispiel über Solidarität unter Gefangenen. Wichtigstes Instrument dafür war die von der SS installierte Häftlingsselbstverwaltung, die es auch in Dachau gab. Sie bemühte sich, gefährdete Mitinsassen zu schützen und neuen oder kranken zu helfen.

Andere Formen des Widerstands bestanden im - verbotenen - Verbreiten von Nachrichten oder im organisierten Schmuggel von Lebensmitteln und Medikamenten. Als Häftlinge verstärkt für die Kriegsproduktion herangezogen wurden, versuchten sie zum Teil, extra langsam oder fehlerhaft zu arbeiten. Diese "Sabotage" war jedoch sehr gefährlich, auf sie stand die Todesstrafe.


9