Uli Hoeneß Der Mensch
Wenn es um den Fußball und die Interessen des FC Bayern München geht, wird Uli Hoeneß gerne zum Lautsprecher. Anders abseits des Platzes. Sein Privatleben hält er gerne von der Presse fern. Und auch als Wohltäter bevorzugt Hoeneß die leisen Worte und lässt lieber Taten sprechen.
Es war der 16. Mai 1982. In nur drei Jahren als Manager hat Hoeneß den FC Bayern München zu einer deutschen Spitzenmannschaft geformt. Auch international läuft's. Im Europapokal-Endspiel wartet mit dem englischen Klub Aston Villa eine lösbare Aufgabe. Uli Hoeneß ist mit drei Freunden in einer kleinen Propellermaschine unterwegs nach Hannover zu einem Länderspiel. Doch die Maschine kommt nicht an. Das Flugzeug stürzt rund 15 Kilometer von Hannover entfernt ab. Nur Hoeneß überlebt - weil er im hinteren Teil der Maschine, der nicht so arg in Mitleidenschaft gezogen wurde, geschlafen hatte.
"Da ist der Sunnyboy in mir gestorben", sagt Hoeneß rückblickend. Vielleicht ist in jenem Jahr aber auch der Mensch geboren. Zeit seines Lebens war Hoeneß ein Leistungsfanatiker, schon zu Spielerzeiten wurde ihm nachgesagt fast nur materialistisch zu denken. Hoeneß selbst sieht den Einschnitt sogar noch früher: "Ich bin Anfang der 1970er-Jahren nach München gekommen, mit 50 Mark Taschengeld von meinen Eltern. Und dann hat mir der Fußball all das ermöglicht, was ich heute geworden bin. Irgendwann hat sich bei mir ein Gefühl gefestigt: Ich bin immer gesund geblieben, mein Leben hat sich traumhaft gestaltet, und ich möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre", sagte er einmal in einem "Welt"-Interview. Den Wohltäter und sozialen Menschen Hoeneß gab es in der öffentlichen Wahrnehmung dennoch ganz lange nicht.
Uli Robin Hood
"Ich bin der sozialste Mensch, den ich kenne", erklärte Hoeneß einmal selbstbewusst in einem Interview mit dem "Tagesspiegel". Wenn Hoeneß Lebensweisheiten von sich gibt wie "Nicht nach oben buckeln und nach unten treten. Sondern umgekehrt: die Großen anpinkeln und den Schwachen helfen", dann mag das so gar nicht zu dem vermeintlichen Machtmenschen Hoeneß passen. Doch Zweifler belehrt er immer wieder aufs Neue eines Besseren.
Seinem ehemaligen Mannschaftskameraden Gerd Müller, nach einem Gastspiel in den USA dem Alkohol verfallen, ermöglichte er die Rückkehr ins "normale" Leben. Entzug, Anstellung - eine zweite Chance. Bis heute ist Müller fester Bestandteil des "menschlichsten aller Klubs", wie Hoeneß die Bayern gerne beschreibt. Doch auch jenseits des Weißwurst-Äquators gibt Hoeneß gerne den Helfer.
Kicken für den guten Zweck
In Chemnitz - und nicht nur dort - rettete der FC Bayern 2003 durch ein Gastspiel einen Traditionsverein vor der Insolvenz. Zwei Chemnitzer Nachwuchskicker hatten sich via Michael Ballack an den Bayern-Manager gewandt. Der willigte nach kurzem Zögern ein - und sanierte den Klub quasi in 90 Minuten. Im selben Jahr zog es die Bayern auch ans Hamburger Millerntor. Dort hieß der zu rettende Verein FC St. Pauli, wieder drohte der Konkurs. Die Bayern reisten an, spielten - St. Pauli war gerettet. Bis heute bleibt der Auftritt von Uli Hoeneß in den eigens angefertigten "Retter"-Shirts unvergessen.
Nach S-Bahn-Überfall: Bündnis für Zivilcourage
Ein weiteres Beispiel ist Hoeneß' Engagement nach dem Überfall von zwei Jugendlichen auf den Geschäftsmann Dominik Brunner am Münchner S-Bahnhof Solln. Erst würdigte Hoeneß den Verstorbenen, der von zwei Jugendlichen im September 2009 grundlos zu Tode geprügelt wurde, vor 69.000 Fans in der Arena und Millionen vor den TV-Bildschirmen als "Vorbild", weil er anderen jungen Fahrgästen beistand und sich einmischte. Dann rief er eine Kampagne - das Bündnis "Münchner Courage" - ins Leben, für die neben ihm selbst unter anderen auch Bayern-Kapitän Mark van Bommel und Mittelfeldstar Franck Ribéry werben.
Tue Gutes und schweige
Das besondere an Hoeneß sind aber die Taten, die er am liebsten ganz vor der Öffentlichkeit verbergen würde. Die Geschichte von Ivan etwa, einem kranken Jungen aus der Ukraine. Hoeneß hatte ihn bei einem Gastspiel in Kiew kennengelernt. Nur eine Knochenmark-Transplantation konnte Ivan retten. Kurzerhand wurden er und seine Mutter im Flieger nach München geholt, rund 200.000 Mark zahlte der FC Bayern für die schließlich erfolgreiche Behandlung.
Die FC Bayern-Marketing-Maschinerie genießt solche Aktionen gerne im Stillen. Genau wie Hoeneß selbst. 1999 spendete er 100.000 Mark aus seinem Privatvermögen für die Kosovo-Hilfe. Warum man beim FC Bayern solche Meldungen denn nicht öffentlich mache, wurde er gefragt. "Weil wir keine Lust haben, so etwas nach draußen zu tragen", giftete Hoeneß: "Meine Angelegenheit. Da lasse ich mich doch nicht bei der Scheckübergabe fotografieren."