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Para-Kanute Christian Mathes "Ich bin nicht behindert genug“

Eigentlich wollte Christian Mathes in Rio um die Medaillen mitfahren. Aber seit einer Regeländerung wird seine Behinderung nicht mehr anerkannt. Im Interview spricht er über sein Karriere-Ende und warum es so schwer ist, gerechte Klassen zu schaffen.

Stand: 22.08.2016

Christian Mathes | Bild: BR/Max Hofstetter

Herr Mathes, Para-Kanu ist in Rio zum ersten Mal paralympisch. Ärgern Sie sich sehr, nicht dabei zu sein?

Ich finde es sehr schade, dass ich nicht dabei bin. Aber ich habe mich damit abgefunden. Meine Behinderung, eine spastische Lähmung in den Beinen, wird einfach nicht anerkannt. Für meine ursprüngliche Klasse bin ich dadurch nicht behindert genug.

Wie kann das sein?

Bei den Paralympics wird man in verschiedene Klassen eingeteilt, je nach Behinderung. Nach der WM 2014 wollte man dieses System gerechter machen. Deshalb wurde eine Studie durchgeführt und überprüft, welche Behinderungen es gibt. Ich konnte bei diesen Tests nicht teilnehmen, weil ich gerade meine Abschlussprüfung geschrieben habe. Also wurde meine Behinderung nicht berücksichtigt.

Was heißt das für Sie?

Das bedeutet, dass ich eine Klasse höher rutsche. Ich muss mich jetzt mit Sportlern vergleichen, die beim Kanusprint sowohl eine Rotation mit dem Rumpf ausführen können als auch, soweit es ihre Schädigung zulässt, diese Rotation bis hin in eine Form der zielgerichteten Beinarbeit übergehen lassen können. Aber das ist nicht gerecht. Ich kann im Rennen keine Rumpfrotation ausführen. Bei der Beinarbeit bewirkt meine spastische Lähmung eine unkoordinierte Gegenbewegung. Für mich ist die Einschränkung also viel größer.

Sind die Klassen also ungerecht?

Es ist schwierig. Denn keine Behinderung ist gleich. Und ich verstehe, dass man Kriterien schaffen muss, um die verschiedenen Behinderungen vergleichbar zu machen. Aber ich kann nicht nachvollziehen, dass meine einfach nicht berücksichtigt wurde.

Das muss ziemlich frustrierend sein.

Ja, das ist es. Vor allem, weil ich bei der Weltmeisterschaft 2013 Dritter geworden bin. Seitdem habe ich alles getan, um mich auf die Paralympics vorzubereiten – bis zur Regeländerung. Plötzlich war alles zunichte. Meine Bestzeit auf 200 Meter beträgt 51 Sekunden. Um in der neuen Klasse vorne mitfahren zu können, müsste ich 10 Sekunden schneller fahren. 10 Sekunden – im Leistungssport sind das Welten.  

Wie geht es jetzt weiter für Sie?

Ich werde weiterhin Kanufahren. Allerdings nicht auf Leistungsniveau. Das hat einfach keinen Sinn. Es sei denn, die Regeln werden irgendwann geändert und ich könnte wieder in meiner ursprünglichen Klasse starten.

Kurzbiografie

Name: Christian Mathes
Geboren:
13.12.1993 in Regensburg
Disziplin: Parakanu
Behinderung: spastische Lähmung
Größte Erfolge: Bronzemedaille bei der WM 2013

Christian Mathes, Jahrgang 1993, lebt in Regensburg und hat seit Geburt eine spastische Lähmung in den Beinen. 2013 wurde er bei der Weltmeisterschaft im Parakanu Dritter. Eigentlich wollte er bei den Paralympics in Rio an den Start gehen. Doch seit einer Regeländerung wird seine Behinderung nicht mehr anerkannt. Er hat deshalb seine Karriere beendet.


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