Nix für Sonntagsfahrer Eine Skitour auf das Sonntagshorn
Dieser Winter ist bis dato eine einzige Geduldsprobe, zumindest für alle, die gern auf Tourenski im Gelände unterwegs sind. Im Moment kann man das eigentlich auf jedem Berg erleben, zum Beispiel auch am Sonntagshorn, dem mit 1961 Metern höchsten Gipfel der Chiemgauer Alpen.
Das Sonntagshorn ist für Skitouren im Hochwinter eigentlich eine sichere Bank. Der Start liegt auf über 1000 Meter Höhe, auf einen gemütlichen Anstieg durch den Wald folgen ideal geneigte Hänge. An Wochenenden ist das Sonntagshorn der beliebteste Skitourenberg weit und breit.
Normalerweise beginnt in der tief verschneiten Winterlandschaft des Heutals die erste Herausforderung schon im Auto. Schafft man es bis zum Parkplatz oder bleibt man vorher im tiefen Schnee hängen, muss Ketten aufziehen schon oder weiter unten parken? Jetzt schaut überall der Dreck raus. Der Parkplatz ist verlassen, auch der künstliche Eiskletterturm steht traurig in der Gegend herum. Es hat einfach zu wenig Schnee - so wenig, dass in der Aufstiegsspur schon bald Steine und Wurzeln die Felle ramponieren. Die Hoffnung bleibt, dass es oben besser wird …
Nach dem Waldgürtel öffnet sich ein sonniges Weidegebiet: die Hochalm. Kleine Hütten verteilen sich auf den Kuppen, wie in einem Amphitheater steigen in einem Halbrund Gipfel mit Skihängen an, zuerst der Reifelberg, direkt neben dem Sonntagshorn, mit dem steilsten Anstieg, aber auch mit der größten Ruhe. Dann das Sonntagshorn, das gutmütige Hänge und viel Spielraum für eigene Linien bietet; und zuletzt das Peitingköpfl, nicht mehr als eine kleine Anhöhe, die aber nochmal eine ganz eigene Hangexposition bietet und somit anderen, oft auch besseren Schnee.
Bei Neuschnee und Sonne, wäre die Heutal-Trilogie durchaus die Mühe wert, verbindet sie doch alle drei Gipfel über der Hochalm: Reifelberg, Sonntagshorn und Peitingköpfl mit jeweils tollen Abfahrten durch lockeren Pulverschnee. Dass dafür knapp 1800 Höhenmeter Aufstieg fällig sind, das fällt dann kaum ins Gewicht vor lauter Freude über den Traumtag, dem einen das Heutal im Januar gern beschert. Eine Windböe reißt einen heraus aus dieser Wunschvorstellung und verpflanzt einen zurück in den Gipfelhang am Sonntagshorn. Wo man im Winter normalerweise einen glatten Schneehang ansteigt, kämpft man sich heute durch Latschen. Nur der Sommerweg schlägt eine Schneise ins Gestrüpp und erlaubt den Durchschlupf. Die roten Farbtupfer der Wegmarkierung zeigen, dass man richtig ist. Gute Sicht gibt es keine mehr. Eine dunkle Wolke umhüllt das Sonntagshorn, der Wind schneidet ins Gesicht, der Bart verkrustet zu einem dicken Eisklumpen. Je höher man kommt, desto schlimmer wird es. Der Schnee ist verblasen und in irgendwelchen Rinnen als Triebschnee abgelagert - viel zu lawinengefährlich zum Skifahren. Jetzt reicht’s: abfellen, umkehren, abfahren – und einkehren!
Die einzige geöffnete Hütte auf der Hochalm ist rappelvoll. Suppendampf beschlägt die Scheiben, der Duft von Kässpatzn steht in der Luft. Der Kachelofen ist so heiß, dass die Bedienung sogar davor warnt, Handschuhe und Mützen zum Trocknen daraufzulegen. Wirt auf der Hochalm ist Klaus Vitzthum aus Unken. Direkt vor seiner Hüttentür gibt es auch eine Rodelbahn. Deshalb steigen die allermeisten Gäste heute nicht auf Ski zur Hütte auf, sondern zu Fuß. An so einem Tag ist der Wirt froh, dass er nicht nur auf die Tourengeher angewiesen ist.
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Karte: Das Sonntagshorn