Der Empfang in den Pyrenäen ist eisig: Sturm und Schneetreiben nehmen uns die Sicht auf dem 2500 Meter hohen Port de Prius. Zu viert aus München angereist, finden wir nur dank GPS nach fünf Stunden den Weg über ein welliges Plateau mit Bächen und Seen zu der versteckt am Berghang liegenden Ventosa-Hütte. Belen, die Hüttenwirtin, erzählt, was wir im Moment nach diesem Schlechtwettertag kaum glauben können: Sie schwärmt davon, wie es ist, wenn sie bei guten Wetter morgens nach dem Aufwachen vor die Hütte geht. Da gibt es nichts und niemanden , nur die Eindrücke der Natur. In dem Moment bist du ganz du selbst, sagt sie. Hier am Berg spürt man, dass man ein Teil der Natur ist.

Steil auf den Gipfel des Tuc de Lluca

Belen ist Biologin und stammt aus Madrid. Eigentlich heißt sie, um genau zu sein, Maria Belen. Belen bedeutet zu Deutsch Bethlehem, ihr Name ist also spanisch-pathetisch-katholisch, denn der Pfarrer hat Belen als alleinigen Namen nicht zugelassen, deshalb heißt sie nun Maria Belen. Sie kommt aus einer katholischen Familie und war, als sie nach dem Studium gleich mal für zwei Jahre nach Venezuela ging, für ihre Mutter die verlorene Tochter. Und als sie dann in die Pyrenäen auf eine Berghütte ging, hieß es daheim nur noch: Mach, was du willst.

Das Refugio Colomers im weiten Hochtal

Hüttenwirtin ist Maria Belen mit Leib und Seele, zusammen mit Miguel, der ursprünglich aus Barcelona stammt. Er war der erste Katalane auf dem Mount Everest. Damals war er bei einer PR-Agentur beschäftigt und wollte zwei Monate frei haben für seine erste Expedition zum Manaslu. Als das nicht genehmigt wurde, hat er gekündigt und später diese Hütte gefunden. Miguel wurde zum Pionier: Zusammen mit dem Wirt der Nachbarhütte begann er, im Winter auch außerhalb der in Spanien traditionellen Karwochen-Ferien die Hütte zu öffnen. Inzwischen ist ein halbes Dutzend Hütten im Nationalpark Aiguestortes für lange Skidurchquerungen geöffnet - eine schöner als die andere. Allerdings ist der Zustieg nicht immer ganz einfach. Von den kleinen Tälern auf die Gipfel sind es meist nur 500 – 700 Höhenmeter, aber man muss seinen Weg selbst finden. Bei Nebel ist das sehr kompliziert, es gibt einfach zu viele Täler und Seen.

Abfahrt durch die Steilrinne

Am Tag nach dem Sturm liegt die märchenhafte Urlandschaft mit knorrigen Schwarzkiefern bis auf 2500 Metern Höhe wie im Zauber da. Die Skidurchquerung gleicht einer Entdeckungsreise, die meisten Berge haben wir für uns allein und treffen Bergler wie Oriol, der aus Taüll stammt, einem der Steinnester unten im Val de Boi, das für seine romanischen Kirchen berühmt ist. Oriol fängt jetzt schon an, sich auf den wichtigsten Tag im Jahr vorzubereiten - auf das Fest der Sommersonnenwende, bei dem die Männer des Dorfs in einem langem Zug mit mannshohen Fackeln nachts vom Berg ins Tal laufen. Für die Fackeln braucht man eine abgestorbene Kiefer, die aber noch steht, dann nämlich ist das Harz noch im Holz und brennt gut, erklärt Oriol. Er ist wie viele andere schon als Kind mit dem Großvater in die Berge gegangen und hat nach der passenden Kiefer gesucht. Auch jetzt hält er ständig Ausschau. Als Bergführer ist er natürlich im Vorteil und findet die besten.