Wehrhafte Frauen und erotische Männer Interview mit der Redakteurin
Bamberger Reiter. Ein Heimatkrimi. Ein Western?
Dr. Stephanie Heckner: Eigentlich ist jeder Heimatkrimi ein Western. Eigen oder fremd, zugehörig oder nicht - davon handelt jeder Heimatkrimi und die Grenzerfahrung gehört zu jedem Western. Beim Western gibt es den wehrhaften Cowboy oder Sheriff und seinen Antagonisten. Dazwischen steht meist eine Frau, um die ein Kampf ausgetragen wird. Diese Elemente gibt es alle auch im "Bamberger Reiter" - den Sheriff, den Kommissar, den Antagonisten, die Frau. Aber die Kräfte sind verschoben. Der Bamberger Sheriff, Kommissar Haller, ist nicht immer wehrhaft. Der Antagonist ist schwer zu fassen. Hier ist der Cowboy nicht der Cowboy, sondern ein Mann mit einem irritierten Selbstbild, die Frau ist nicht schutzlos, sondern ziemlich bestimmend. Und am Ende ist nicht mal der Showdown klassisch, so wie man ihn kennt, sondern überraschend anders. Da passt der Spruch von Kommissarin Sacher: "Nicht jeder, der Sporen trägt, hat ein Pferd!"
Thomas Schmauser kommt aus der Nähe von Bamberg, und er hat Sie auch auf die Idee mit dem Westernreiten gebracht, wie das?
Dr. Stephanie Heckner: Tatsächlich war Thomas Schmauser der Ideengeber für Drehbuchautor Peter Probst und mich. Er hat uns ganz begeistert von seinem neuen Hobby erzählt - dem Westernreiten und uns eingeladen "seine Ranch" bei Bamberg und sein Pferd anzuschauen. So standen wir zuerst auf einer Koppel zwischen lauter Quarter Horses - so heißen die Pferde beim Westernreiten - und kurz darauf standen wir unterm echten Bamberger Reiter im Bamberger Dom. Damit war der Anfang für die Geschichte gegeben.
Nach dem Melancholiker Jennerwein kommt nun Kommissar Haller - ein Romantiker?
Dr. Stephanie Heckner: Auf jeden Fall ist Haller einer, der im Würzburgkrimi "Freiwild" mit einer großen Sehnsucht zwischen allen Frauen stand: der Schwester des Mordopfers, nun ja auch der Kollegin Sacher und natürlich der Frau seines besten Freundes. Überall gab es Hürden und Hindernisse. Ja, Haller ist ein Romantiker. Und natürlich kennt er als Bamberger E.T.A. Hoffmann. Das Pferd des Mordopfers heißt im Drehbuch "Anselmus" wie die Hauptfigur in E.T.A. Hoffmans Novelle "Der goldene Topf" - der junge Mann, der zwischen seinem Alltag und seiner Phantasiewelt hin- und hergerissen war. Das ist auch Haller. Er hat seinen Polizistenalltag zu bewältigen und wird zugleich von seinem Gefühlsleben überwältigt. Wir erzählen einen Kommissar, der sich kurzfristig vergaloppiert. Haller ist ein erotisch begabter Mann, leib- und wahrhaftig mit allen Sinnen wach - einer, der sich und die Frauen spürt und Zugang zu seinen Emotionen hat. Einer, der kontrolliert, indem er die Dinge auch mal laufen lässt. Haller ist gelassen, im besten Sinne. Man könnte auch sagen cool, und darunter brodelt ein Vulkan.
Wie kam es dazu, dass Haller mit seiner Kollegin Sacher nun nicht mehr in Würzburg, sondern in Bamberg ermittelt?
Dr. Stephanie Heckner: Die Idee, Haller und Sacher von Würzburg nach Bamberg zu versetzen, hat damit zu tun, dass der Geburtsort von Thomas Schmauser Burgebrach ist, das in der Nähe von Bamberg liegt. Thomas Schmauser spricht also einen Dialekt, der in Bamberg zu Hause ist. Beim Würzburgkrimi "Freiwild" hat also ein Oberfranke in Unterfranken ermittelt. Nun ist der Kommissar in Bamberg auch sprachlich in seiner Heimat angekommen. Und Birgit Sacher, die eigentlich nach ihrem kriminalistischen Einmaleins bei Haller in Würzburg direkt nach München zurückkehren wollte, macht stattdessen Station in Bamberg. Auch wenn die beiden Kommissare so grundverschieden sind, sie haben sich in Würzburg mögen gelernt.