BR Fernsehen - freizeit


0

Schwammerlsuche im Schnee Schmidt Max unterwegs mit dem Pilzexperten

Der erste Frost ist vorbei, der Wald verschneit und die Temperaturen steigen leicht über null Grad. Die richtige Zeit, um Schwammerl zu suchen. Austernseitlinge, Judasohren oder Samtfußrüblinge heißen die kleinen Delikatessen, die sich im Winterwald verstecken. Der Schmidt Max streift mit dem Pilzexperten Rainer Schall durch den heimischen Forst.

Stand: 14.01.2018 | Archiv

Schwammerlsuche im Winter | Bild: André Goerschel

Ab in die Pilze – auch im Winter

Pilze wachsen überall und zu jeder (Jahres)Zeit – auch im Winter. "Es gibt spezielle Sorten, die brauchen Frost als Anschub und wachsen dann, wenn die Temperaturen leicht über null Grad  klettern." Mindestens drei typische Winterschwammerl verspricht Pilzexperte Rainer Schall dem Schmidt Max bei ihrer frostigen Suche. Ihr Blick ist dabei weniger auf den Boden als weiter oben in die Gehölze gerichtet. Denn die Winterschwammerl klettern gern an den Stämmen ihrer Lieblingsbäume entlang.

Pilze im Winter

Samtfußrübling











Der Samtfußrübling, Flammulina velutipes, gehört zur Familie der Physalacriaceae und wächst meist an Bächen, nah am Boden und immer an einem Holzstamm, am liebsten an Weiden, Erlen, Buchen und anderen Laubhölzern – und immer in Büscheln. Um seine Fruchtkörper ausbilden zu können benötigt er Temperaturen um den Gefrierpunkt. Bis 15 Grad wächst er, unter 0 Grad stellt dieser Winterpilz sein Wachstum ein.
Größe: Hut 3-8 cm
Stiel: samtig dunkelbraun, bis zu 8 cm
Fleisch: gelblich mit weißlichen bis cremefarben-gelben Lamellen
Geschmack: mild, nussig,
In Japan wird er in rauen Mengen verzehrt – und in der chinesischen Heilmedizin sogar zur Tumorbekämpfung angewendet. Angeblich stärkt er auch das Immunsystem. Da er selber Kälte mag, soll er dafür sorgen, dass der Mensch von innen schön warm bleibt.
Flammulina velutipes eignet sich für eine Suppe, als Schmorgericht, zu Rindercarpaccio.

Austernpilz











Der Austernpilz oder Austernseitling, Pleurotus ostreatus, gehört zu Familie der Seitlingsverwandten. Er wächst am liebsten an Rotbuchen, aber auch an Pappeln und Weiden. Austernpilze "fruktifizieren" erst bei Temperaturen unter 11 Grad. Unter 2,8 Grad minus stellen sie das Wachstum ein. Wird es gegen Mittag etwas wärmer, so sprießen die Pilze munter weiter. 
Folgen der Fruchtkörperbildung Temperaturen über elf Grad, so wächst sich der Pilz rasch groß aus, bildet seine Sporen und vergeht schnell. Bei niedrigen Temperaturen kann er sich hingegen über Wochen halten.
Größe: Hut kann bis zu 25cm erreichen.
Stiel: weiß, filzig und zäh
Fleisch: hell- oder dunkelbraun, braunviolett, ockerbräunlich, ockergelb, gelb und blassgelb bis hin zu aschgrau, gelbgrau, taubenblaugrau und schwärzlich
Man nennt ihn auch den Kalbfleischpilz. Er ist weltweit zu finden und gehört mit dem Champignon und dem Shiitake zu den meist gezüchteten Speisepilzen.
Pleurotus ostreatus eignet sich gut als Begleiter für Braten oder Salat.

Judasohr











Das Judasohr, Auricularia auricula-judae,  gehört zur Familie der Auriculareales bzw. Ohrpilze. Als parasitärer Pilz lebt er vom Substrat altersschwacher oder bereits abgestorbener Bäume.
Größe: 5-12 cm breit, 7cm hoch
Fleisch: elastisch, knorpelig
Geschmack: mild bis flüchtig
Das Judasohr wächst besonders gern an alten Holunderbäumen. Seinen Namen erhielt es, da sich der Legende nach Judas nach seinem Verrat an Jesus an einem Holunderbaum erhängt haben soll. In der chinesischen Medizin gilt er als extrem gesunder Vitalpilz. Dort kennt man ihn als Mu Err Pilz
Auricularia auricula-judae eignet sich gut zum scharf (asiatisch) anbraten.

Der Pilzexperte

Rainer Schall lebt und arbeitet in Leutkirch im Allgäu. Dort betreibt er seine eigene Wildnisschule. Er ist nicht nur Pilzsachverständiger, sondern auch Messermacher und Bogenbauer, Jäger und Kräutersammler. Die Pilzseminare mit Rainer Schall sind Exkursionen im Forst in der Grenzregion von Bayern und Baden-Württemberg, etwa 20 Minuten von Memmingen entfernt. Dabei können Schwammerlfans ihre Kenntnisse übers Sammeln, Bestimmen, den richtigen Umgang mit den kleinen Delikatessen und über die Zubereitung vertiefen. Das Ziel ist, mindestens 10 Pilzarten zweifelsfrei zu bestimmen. Außerdem bietet er Survivalkurse sowie Waldexkursionen an.
Weitere Informationen zum Kursangebot erhalten Sie über www.outdoor-workshop.de.

Pilztipps von Rainer Schall

  • Finger weg von alten Pilzen. Darauf achten, dass keine Maden daran fressen und schauen, ob sie knackig und frisch wirken. Gesammelte oder gekaufte Pilze bloß nicht mehrere Tage liegen lassen . Genau wie bei Fleisch oder Wurst verdirbt das Eiweiß im Pilz schnell. Sie können dann Baukrämpfe und Erbrechen verursachen.
  • Pilze niemals in enge Plastikdosen oder Tüten legen. Geerntete Pilze müssen kühl und luftig liegen, damit sie frisch bleiben. Nimm lieber einen Korb oder ein Pilznetz.
  • Pilze möglichst nur abbürsten, bloß nicht waschen. Sie saugen sich voll Wasser und können nicht mehr so gut gebraten werden.
  • Pilze nicht roh verzehren – mit Ausnahme der Zuchtchampignons sind rohe Pilze giftig oder schwer verdaulich. Durchs Erhitzen werden sie für den Menschen erst genießbar.
  • Pilze kann man auch im eigenen Garten züchten: alles, was man dazu braucht, ist ein abgesägter Baumstumpf, der mit dem Myzel der Gartenzuchtpilze geimpft wird.
  • Man sollte sich auf wenige Pilzsorten spezialisieren,die man immer wieder mit allen feinen Unterscheidungen bestimmt. Idealerweise lässt man seinen Fund von einem geprüften Pilzberater auf Essbarkeit untersuchen.

Wilde Waldküche

Wer will, kann sich die Schwammerl schnell und köstlich direkt im Wald, am Lagerfeuer zubereiten - sogar mit nassem Holz! Dazu kerbt Rainer Schall die Äste und Zweige mit dem Messer so ein, dass sie wie kleine Weihnachtsbäume aussehen. Das Feuer hat dann mehr Angriffsfläche und kommt schneller an den trockenen Kern. (So genannte Feuerlocken)
In einen ausgehöhlten Baumstumpf füllt  der Wildnis- und Pilzexperte dann Wasser, Pilze, Nudeln und Gewürze. Mit den Steinen aus dem Feuer wird die Suppe erhitzt. Die übrigen Pilze wickelt er in Alufolie und schmort sie im Feuer.

"Das hab‘ ich als leichte Basisausstattung dabei: Mein Beil, mein Messer, Trinkbecher, Gewürze, ein bisserl Fett, ein paar Nudeln. Und Alufolie, denn ich weiß, dass ich im Winter keine Pestwurzblätter zum Einwickeln finde."

Rainer Schall


0