Crossover-Organspende Der schwierige Weg zum Nierentausch
Match gesucht! Mehr als 6.500 Menschen warten momentan auf eine neue Niere. Viele hoffen dabei auf eine lebensrettende Organspende durch einen nahestehenden Verwandten - doch nur bei den wenigsten passen die Niere von Spender und Empfänger optimal zusammen. Eine Crossover-Spende könnte helfen. Doch der Weg dahin ist in Deutschland schwer.
Zwei Mal im Jahr müssen Maria Merk und Elisabeth Woitzik in die Klinik zur Untersuchung. Gecheckt wird, ob ihre Niere gut funktioniert. Denn die beiden Frauen haben jeweils eine fremde Niere transplantiert bekommen: Elisabeth Woitzik die Niere von Marias Ehemann Lothar Merk. Maria bekam die Niere von Elisabeths Jugendfreund Franz Bergen.
Überkreuzspenden nur mit Hindernissen möglich
Doch der Weg dahin war gar nicht so leicht. Denn eine Crossover-Spende oder Überkreuzspende, wie diese Art der Organspende genannt werden, ist in Deutschland zwar nicht grundsätzlich verboten, jedoch kaum umsetzbar.
Anders als bei den meisten anderen Organen, können Nieren auch lebend gespendet werden. Spenden darf jeder, der zwei gesunde Nieren besitzt, generell gesund und über 18 Jahre alt ist. So steht es im Transplantationsgesetz. Eine weitere Voraussetzung: Man muss eng miteinander verbunden sein, wie zum Beispiel Verwandte oder Ehepartner. Damit möchte man Organhandel verhindern.
Nur selten passen die Nieren von Spender und Empfänger zusammen
Das klingt in der Theorie gut, ist in vielen Fällen aber nicht möglich. Denn oft passen beispielsweise die Blutgruppe oder Gewebemerkmale nicht zusammen und eine Spende ist daher ausgeschlossen. So war es auch bei Maria Merk und ihrem Ehemann Lothar. Als Ehemann lag zwar ein Näheverhältnis vor, doch seine Niere passte nicht zu Maria. Eine Spende war daher nicht möglich. In vielen anderen Ländern, wie unter anderem in der Schweiz, Spanien oder der Türkei, ist deshalb eine Überkreuzspende erlaubt. Dabei geht die Niere des Spenders nicht an die nahestehende Person, sondern "Überkreuz" an einen passenden Empfänger. Die nahestehende Person bekommt im Gegenzug die passende Niere von dem dazugehörigen Spender.
Privater Verein findet Matches
Doch der Weg dahin ist in Deutschland schwierig. Potenzielle Matches für eine Überkreuzspende müssen sich erst einmal finden – und das ist momentan nur über einen privaten Verein möglich. Susanne Reitmaier, die den Verein Crossover-Nierenspenderliste betreibt, führt eine Datenbank mit möglichen Spenderpaaren. Die werden mit Hilfe eines an der Standford Universität entwickelten Computer Programms gematcht.
Persönliche Nähe muss vor einer Ethik-Kommission bewiesen werden
Über den Verein von Susanne Reitmaier haben auch das Ehepaar Maria und Lothar, das für sich passende Spenderpaar Elisabeth und Franz kennengelernt.
"Dann haben wir uns in Wolfsburg für ein Wochenende getroffen. Und haben uns da bekannt gemacht und festgestellt, dass wir ungefähr die gleichen Interessen haben. Und so hat sich das ergeben, dass man sich näher gekommen ist und sich getroffen hat."
- Betroffene Maria Merk
Damit die Vier ihre Nieren tauschen durften, mussten sie sich erst einmal gut kennenlernen. Und ihre persönliche Nähe dann schließlich in Berlin vor einer Ethik-Kommission beweisen.
"Als ich dann 25 Minuten gelöchert wurde, über meine persönliche Beziehung zu Maria, da wusste ich schon, als ich rauskam - das wird nichts. Die erkennen das nicht an, dass da eine persönliche Beziehung besteht. Ich war kreidebleich gewesen, so bin ich denen gegenüber getreten. Und hatte gedacht: Scheiße, du hast es versaut. Es ist vorbei."
- Betroffener Franz Bergen
Und tatsächlich: Sie erhalten eine Absage. Ein paar Monate später werden sie aber erneut eingeladen. Und diesmal klappt es. Sie dürfen Nieren tauschen. Die Körper von Maria und Elisabeth haben die neuen Nieren gut angenommen. Und auch den Männern, die jetzt nur noch eine Niere haben, geht es weiterhin gut.
Crossover-Spende wird auch in Deutschland diskutiert
Der Nephrologe Prof. Dr. Klemens Budde hat die beiden Paare bei der Überkreuzspende betreut. Bedenken hatte er dabei nie.
"Es ist die optimale Methode bei Paaren, die nicht kompatibel sind; deren Blutgruppe oder deren Immunmerkmale nicht übereinstimmen. Bei einer Kreuztransplantation können wir eine optimale Therapie gewähren, bei möglichst wenig immununterdrückenden Medikamenten und damit mit möglichst wenig Nebenwirkungen."
- Prof. Dr. med. Klemens Budde, Charite Berlin
Trotzdem werden Crossover-Spenden in Deutschland noch kaum durchgeführt. Weil sie wenig bekannt sind - und weil das besondere Näheverhältnis zwischen den Paaren ein Hindernis darstellt. Ob sich das ändern wird, ist unklar. Eine Gesetzesänderung wird zwar immer wieder diskutiert, es gibt aber keinen neuen Sachstand. Eine Anfrage an das Bundesgesundheitsministerium ergab.
"Es wird weiterhin an einem Arbeits-/Diskussionsentwurf zur rechtlichen Ermöglichung von Überkreuznierenlebendspenden in Deutschland gearbeitet."
- Bundesgesundheitsministerium
Doch die Lebendspenden werden gebraucht. 6.500 Menschen stehen momentan auf der Warteliste für eine neue Niere. In der Regel für 8-10 Jahre.