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Hektik vermeiden Hat Weihnachtsstress Einfluss auf das Immunsystem?

Unser Immunsystem muss Höchstleistungen erbringen, um uns vor Krankheitserregern zu schützen. Aber dieses Abwehrsystem kann negativ beeinflusst werden. Unter anderem durch Stress – auch jetzt vor Weihnachten?

Von: Nora Zacharias

Stand: 11.12.2023

Hektik vermeiden: Hat Weihnachtsstress Einfluss auf das Immunsystem?

Diesen Stress in der Vorweihnachtszeit kennt jeder. Besonders wenn das Leben schon an sich herausfordernd ist, weiß Anna Tuite. Sie hat einen dreijährigen Sohn, ist alleinerziehend und war letztes Weihnachten mitten in ihrem Referendariat zur Gymnasiallehrerin. Eine sehr anstrengende Zeit.    

"Wenn mein Sohn schlafen gegangen ist, dann konnte ich eigentlich erst anfangen zu arbeiten. Stunden vorzubereiten, zu korrigieren und was sonst alles noch so anfällt. Oft musste ich noch drei bis vier Stunden arbeiten. Also das waren kurze Nächte und lange Tage."

Anna Tuite, 33 Jahre, Lehrerin

Sie hatte kaum Ruhephasen und hatte das Gefühl, die ständig anhaltende Belastung habe ihr Immunsystem anfälliger gemacht. Denn sie war letztes Weihnachten oft krank.

Akuter Stress hat kaum negative Einflüsse auf den Körper

Das Forschungsfeld der Psycho-Neuroimmunologie beschäftigt sich mit der Wechselwirkung der Psyche, des Nervensystems und des Immunsystems. Es untersucht demnach auch, wie Stress, emotionale Belastung oder Depressionen sich auf das Immunsystem auswirken.

Der Psychologe Prof. Dr. Nicolas Rohleder hat einen seiner Schwerpunkte in der Psycho-Neuroimmunologie und hat in diesem Feld schon viele Studien durchgeführt. Diese zeigen: Akuter Stress hat im Prinzip fast keine negativen Folgen für den Körper.

"Wenn die Stressreaktion einmal aktiviert wird, dann sind diese ganzen biologischen Prozesse, die im Körper passieren, einfach nur dazu da, mir zu helfen zu überleben. Die kann ich als normaler, gesunder Mensch locker wegstecken."

Prof. Dr. Nicolas Rohleder, Leiter des Lehrstuhls für Gesundheitspsychologie, Universität Erlangen-Nürnberg

Akuter Stress lässt unseren Blutdruck steigen, den Puls schneller schlagen. Dabei wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet. Der Körper wird kurzfristig leistungsfähiger, die Immunaktivität sogar hochgefahren.

Chronischer Stress kann Entzündungsprozesse freisetzen

Problematisch wird es jedoch, wenn wir solche akuten Stresssituationen immer wieder erleben, ohne uns daran zu gewöhnen. Oder, wenn wir dauerhaften, sogenannten chronischen Stressoren, ausgesetzt sind.

Bei chronischem Stress passiert nämlich etwas Gegenteiliges mit dem Cortisol-Spiegel: Er flaut nach längerer Zeit ab. Das führt dazu, dass man irgendwann mit zu wenig Cortisol lebt. Dadurch werden Entzündungsprozesse ausgelöst. Diese Entzündungsprozesse nennen sich "chronisch unterschwellige Entzündung", da diese Entzündungsaktivität ohne Krankheitserreger ausgelöst wurden.

Vorsicht bei hoher und langer emotionaler Belastung!

Der Psychologe Prof. Nicolas Rohleder hat festgestellt, dass diese Veränderungen besonders stark sind, wenn die Stressfaktoren hoch sind und lange anhalten. Eine von ihm durchgeführte Studie hat dies gezeigt. Er hat über ein Jahr Menschen beobachtet, die Angehörige mit einem Gehirntumor pflegen. Bei fast allen Teilnehmenden sind die Entzündungsmarker im Blut stark gestiegen. Somit sind die ProbandInnen anfälliger für chronische Erkrankungen.

"Diese Entzündungsprozesse versetzen uns in ein höheres Risiko, Herz-Kreislauf Erkrankungen zu bekommen. Sie fördern Insulinresistenz, und es gibt eben auch Hinweise darauf, dass sie Krebs-Prozesse anregen können. Das heißt, die Erkrankungen, die uns in den Industrienationen besonders belasten und an denen wir typischerweise erkranken und vielfach auch daran versterben, sind letztendlich die, die man durch so eine einjährige starke psychische Belastung stark fördern kann."

Prof. Dr. Nicolas Rohleder, Leiter des Lehrstuhls für Gesundheitspsychologie, Universität Erlangen-Nürnberg

Herausforderung: Eigenen Weg finden, mit Stress umzugehen

Die Herausforderung ist, in einer Welt, in der so viele Reize und Einflüsse auf jeden einprasseln, mit dem Stress umzugehen und das Immunsystem zu stärken.

Damit beschäftigt sich die Gesundheitswissenschaftlerin Jana Konrad. Sie ist Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für klinische Psycho-Neuroimmunologie – einer Gesellschaft, die Psycho-Neuroimmunologische Studien als Basis für ihre Therapien sieht. Sie kann jedoch auch kein Allgemeinrezept zum Stressabbau geben.

"Es gibt den eigenen Weg, um Stress abzubauen. Und da darf man ruhig ein bisschen ausprobieren, was einem guttut. Letztendlich geht es bei Entspannung ganz viel um Selbstwahrnehmung, sich auf den Moment zu fokussieren. Manche können das gut mit Sport, andere mit Mediation, Yoga oder über die Musik."

Jana Konrad, Gesundheitswissenschaftlerin

Bewegung, Schlaf und gute Ernährung stärken das Immunsystem

Jana Konrad kann jedoch ganz klar Empfehlungen geben, wie man das Immunsystem stärken kann. Wichtig hier: regelmäßige Bewegung an der frischen Luft und Schlaf.

"Der Deal ist so: Tagsüber arbeitet das Stresssystem, nachts arbeitet das Immunsystem. Und wenn das in Balance passiert, dann ist eigentlich schon mal alles gut. Wenn wir aber das Stress-System so hochfahren, dass das den ganzen Tag hyperaktiv ist und wir nachts uns noch Gedanken machen: Oh je, wie mache ich denn das Morgen? Wie kriege ich das Weihnachtsessen hin? Wie kriege ich das alles erledigt? Dann kommt das Immunsystem zu kurz."

Jana Konrad, Gesundheitswissenschaftlerin

Zusätzlich kann eine vielfältige Ernährung das Immunsystem unterstützen. Mehr Pflanzen, mehr Kräuter, mehr Gewürze – all das wirkt sich positiv auf die Darmflora aus. Sie ist ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems, erklärt Jana Konrad.

Und Weihnachten, das bietet an sich sogar einige Dinge, die das Immunsystem stärken.

"Gemeinsam singen, sich gemeinsam erleben, sich berühren, gemeinsam lachen. Das sind eigentlich die Sachen, die unser Immunsystem stark machen. Und da wäre Weihnachten wirklich eine gute Gelegenheit."

Jana Konrad, Gesundheitswissenschaftlerin

Weihnachten: Erwartungen herunterschrauben

Zusätzlich rät die Gesundheitswissenschaftlerin Jana Konrad, die Erwartungen herunterzuschrauben, sich auf das zu konzentrieren, was einem wichtig ist und sich auf Weihnachten zu freuen, denn das lässt einen so eine stressige Situation leichter händeln.

Anna Tuite hat ihr Referendariat dieses Jahr beendet. Der große Stressfaktor ist demnach weggefallen. Sie freut sich dieses Jahr sehr auf Weihnachten.

"Ich konzentriere mich darauf, was ich von Weihnachten haben möchte. Also ich möchte eine schöne Zeit haben, auch mit unserer weiteren Familie. Mit Geschenken haben wir deutlich reduziert. Wir schenken uns keine Sachen mehr. Wir fahren einmal im Jahr gemeinsam weg." Anna Tuite, 33 Jahre, alleinerziehend


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