Unter unserem Himmel | 17.09.2023 Übers Gwand
Oft werden Joppen, Spenzer und Mieder über viele Generationen weitergegeben. Aber es braucht besondere Handwerker, die Schuhe, Hüte, Röcke oder Hosenträger fertigen und anpassen – Handwerker, von denen es nicht mehr so viele gibt.
Ein Film von Sylvia von Miller
Hinweis
Die Doku "Übers Gwand" läuft nach dem "Oktoberfest Trachten- und Schützenzug" um 21.15 Uhr.
Die traditionelle Gretlfrisur, das „Gredei“, und das Ankleiden der Tracht brauchen viel Zeit und gegenseitige Hilfe.
Um sechs Uhr in der Früh schießen die Karlsteiner Böllerschützen den Weckruf zu ihrem Jubiläum über den Reichenhaller Talkessel. Zur selben Zeit müssen die Dirndln des Trachtenvereins „Kranzlstoaner“ anfangen, sich für den Festtag zu frisieren und anzukleiden. Denn die traditionelle Gretlfrisur, das „Gredei“, und das Ankleiden der Tracht brauchen viel Zeit und gegenseitige Hilfe. Bei den Männern geht das Anziehen schneller, aber auch bei ihnen sind es viele, ganz bestimmte Einzelheiten, die das Gwand ausmachen.
Der Hutmacher Martin Blimetsrieder in Aschau formt die verschiedensten Hüte, Stopselhüte, Miesbacher, Aschauer. Er richtet die alten Quastenhüte wieder her und erfindet neue Hüte zum Gwand. Gerti Gruber in Karlstein hat wohl um die tausend Dirndl genäht, daheim in ihrem Nähkammerl. Sie zeigt uns das Reihen und Smoken. Zum Gwand gehört viel Handarbeit.
Ganz in der Nähe, in Ainring, arbeitet im Zuhaus seines Bauernhofs der Schuster Johann Stehböck. Wie sein Vater und Großvater ist er Schuster und Bauer im Nebenerwerb. Vor allem besohlt Johann Stehböck die Haferlschuhe der Plattler und ihrer Tanzpartnerinnen. Auch die vielen Kinderhaferlschuhe der Trachtenerhaltungsvereine, die sie an die Kinder verleihen, richtet er wieder her.
Verbreitet ist die Annahme, dass Tracht sich aus dem bäuerlichen Arbeitsgewand entwickelt hat. Dabei wird oft vergessen, dass die städtische und höfische Mode zeitversetzt und der Region angepasst in der ländlichen Bekleidung übernommen wurde. Auch Elemente aus der Kleiderordnung der Zünfte spielten eine Rolle. Es bildeten sich Trachtengewänder heraus, die sich nicht mehr dem starken Wechsel der städtischen Mode unterwerfen. Aber auch das Gwand ist Mode, nur nachhaltiger.