Wetter Wärme, Wolken, Wassermassen: Wetterrekorde 2024
Es war ein Jahr der Rekorde: 2024 war das Wetter in Bayern so warm wie noch nie, wir hatten besonders oft Niederschlag und zwei große Fluten, auch waren wiederholt Polarlichter am Himmel zu sehen. Welche bemerkenswerten Wetterereignisse es noch gab, weiß Dr. Michael Sachweh. Er zieht Bilanz und präsentiert erstaunliche Fakten zum Wetter, auch, welche Rolle künstliche Intelligenz für die Prognosen spielt. Außerdem wagt er einen Blick auf das Wetter, das uns in diesem Jahr erwartet.
Ein Wetterrückblick ist für gewöhnlich subjektiv. Nicht nur, weil die Menschen unterschiedlich "ticken": Manche reagieren besonders empfindlich auf Temperaturschwankungen, andere merken sich vor allem die Niederschlagsereignisse. Wir nehmen das Wetter auch unterschiedlich wahr, je nachdem wie wir ihm ausgesetzt sind.
Wirklich objektiv bei der Bilanzierung des Jahreswetters ist nur die Analyse des Deutschen Wetterdienstes, dessen zahlreiche Wetterstationen im ganzen Land das Wetter Tag und Nacht kontinuierlich registrieren.
Das bayerische Wetter im Jahr 2024
Die Bewertung erfolgt mit Blick auf den Mittelwert des Zeitraumes 1991 bis 2020:
- Mit durchschnittlich 10,4 Grad war es um 1,7 Grad wärmer.
- Mit insgesamt 1.046 Litern Niederschlag pro Quadratmeter war es etwas feuchter.
- Mit insgesamt 1.718 Sonnenscheinstunden war es durchschnittlich.
Die Rekordbilanz 2024 in Bayern
2024 hagelte es Wärmerekorde wie in kaum einem anderen Jahr.
- Jahresrekord: Alle 12 Monate waren besonders warm - neuer Jahreswärmerekord seit Beginn der Aufzeichnungen (1881)
- Monatsrekord: schneeärmster Februar seit Beginn der Aufzeichnungen
- Monatsrekord: wärmster Februar seit Beginn der Aufzeichnungen
- Monatsrekord: wärmster März seit Beginn der Aufzeichnungen
- Jahreszeitenrekord: wärmster Frühling seit Beginn der Aufzeichnungen
- Jahrhundertrekord: Ende Mai bis Anfang Juni viel Regen und "Land unter" in Teilen Südbayerns, gebietsweise Jahrhunderthochwasser
- Rekord: 5. Juli bis 8. September (66 Tage) ununterbrochen frostfrei an der Zugspitze
- Selten im Frühwinter: ausgeprägte Inversionen (neblig-kalt im Flachland, sonnig-mild in den Bergen)
- Drei große Polarlichtereignisse in nur acht Monaten (in der Nacht auf den 11. Mai und auf den 11. Oktober sowie am Abend des 1. Januar 2025)
Wie sich der "Jahreswärmerekord" erklärt
Im Unterschied zu anderen ungewöhnlich warmen Jahren, zum Beispiel 2003, 2015 oder 2018, gab es im Sommer 2024 keine länger anhaltenden Hitzewellen oder neue Hitzerekorde. Zudem verzeichneten wir viele Tage mit Niederschlag, im Bayerndurchschnitt insgesamt 189 Tage. Statistisch gesehen gab es also an rund jedem zweiten Tag schlechtes Wetter. Dass es dennoch für einen absoluten Wärmerekord reichte, hat zwei Gründe.
- Erstens war es zwar selten richtig heiß, aber es gab viele warme Tage und kaum echte Kälterückfälle. Der Februar und das gesamte Frühjahr waren so warm wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881.
- Zweitens waren die Nächteungewöhnlich mild. Mit rund 6 Grad durchschnittlicher Tiefsttemperatur war 2024 das Jahr mit den mildesten Nächten seit 1881. Das trägt sehr zum Gesamtwärmerekord bei, schließlich gehen die Nachttemperaturen bei der amtlichen Temperaturbilanz mit gleichem Gewicht ein wie die Tagestemperaturen.
Die Ursachen für die Wärme liegen jenseits der Grenzen Bayerns. Die Luft, die uns umgibt, kommt vornehmlich mit westlichen bis südwestlichen Strömungen vom Nordatlantik, mitunter auch von der Iberischen Halbinsel oder vom Mittelmeer. In diesem Jahr gerieten sowohl der Atlantik als auch das Mittelmeer in die Schlagzeilen, denn ihre Oberflächengewässer waren so warm wie noch nie. Die sogenannte Deckschicht der Meere wiederum prägt maßgeblich die Temperatur der darüberstreichenden Luft.
Ereignisse im Jahr 2024, die Michael Sachweh besonders im Gedächtnis blieben
- Viele milde Tage von Mitte Januar bis Mitte April. Höhepunkt war der 8. April in München mit sage und schwitze 29 Grad! Diese Wärme wurde in der Landeshauptstadt erst wieder Mitte Juni erreicht.
- Zwei große Regenfluten in Südbayern mit anschließendem Hochwasser: Ende Mai/Anfang Juni und dann noch einmal von 11. bis 17. September. Das erste Hochwasser traf den Süden Bayerns voll. Besonders in Schwaben und im nördlichen Oberbayern sah es verheerend aus, gebietsweise mit einer hundertjährigen Seltenheit ("Wiederkehrzeit") der Regenmengen und entsprechenden Rekordwasserständen. Beim zweiten Hochwasser kam Bayern, verglichen mit den katastrophalen Fluten in Österreich, Tschechien und der Slowakei, etwas besser davon.
- Gewitter, bei denen die Erdblitze im Sekundentakt einschlugen.
- Ein Regenbogen über Erding, so wunderschön voll und farbenprächtig wie selten.
- Gleich mehrere Nächte mit Polarlicht von geradezu außerirdischer Brillanz.
Ausblick aufs Jahr 2025
Kann man schon eine Tendenz erkennen, wie das Jahr wird?
Abgesehen von ein paar schwarzen Schafen, die sich als Wetterorakel in den Medien gefallen, wird kein seriöser Meteorologe diese Frage beantworten können.
Denn die Atmosphäre ist ein sogenanntes chaotisches System. Nach ein paar Tagen guter Prognostizierbarkeit läuft die Vorhersage zunehmend aus dem Ruder. Das liegt daran, dass sich unvermeidliche, kleinste Abweichungen mit jedem weiteren berechneten Tag zu großen Abweichungen aufschaukeln. Damit entfernt sich die Prognose zunehmend vom Wetter, wie es in Wirklichkeit eintritt - die "Trefferquote" sinkt rapide.
Eine entscheidende Rolle spielt die Großwetterlage. Bei ruhigen Hochdrucklagen lässt sich das Wetter mitunter zuverlässig für zwei Wochen vorhersagen. Bei wechselhaftem Westwetter mit vielen atlantischen Tiefausläufern und Zwischenhochs stoßen wir jedoch oft schon nach dem 3. oder 4. Tag an die Grenzen der Prognosekunst.
Der einzige Anhaltspunkt ist der langfristige Erwärmungstrend, der erwarten lässt, dass auch 2025 recht warm ausfallen wird. Ob das durch große sommerliche Hitzewellen wie 2015 oder 2018 geschieht, oder durch ein generell hohes Temperaturniveau ohne Rekordhitze wie im vergangenen Jahr, steht noch in den Sternen.
Mutigen Kollegen aus der Langfristforschung zufolge, die regelmäßig 3-Monatsprognosen publizieren, sollen die ersten drei Monate dieses Jahres in Bayern deutlich zu mild ausfallen. Bei normalen bis leicht unternormalen Niederschlagsmengen.
Verbessert der Einsatz von künstlicher Intelligenz die langfristige Wetterprognose?
Künstliche Intelligenz (KI) ist derzeit in aller Munde und in vielen Bereichen inzwischen zur Erfolgsgeschichte geworden. Auch in der Meteorologie. Dank KI kann die sehr rechenintensive, sogenannte numerische Wetterprognose der Hochleistungscomputer noch viel schneller und leistungsfähiger werden.
Genutzt wird die KI bislang aber nur in der kurz- und mittelfristigen Wetterprognose. Es gibt dennoch guten Grund zur Hoffnung, dass die künstliche Intelligenz eines Tages auch erfolgreich für die Vorhersage des Wetters ganzer Jahreszeiten eingesetzt werden kann.