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Das Thema Hildegard von Bingen

Stand: 16.04.2014 | Archiv

Hildegard von Bingen an einem Schreibpult | Bild: picture-alliance/dpa

Die medizinisch-heilkundlichen Schriften Hildegards sind in den Bänden Physica und Causae et curae gesammelt. Die Werktitel stammen nicht von Hildegard selbst, sondern von späteren Druckern und Herausgebern.

Medizin und Naturlehre der Hildegard von Bingen

Die Schrift Physica (Naturkunde) ist in neun Bücher gegliedert. In 513 Kapiteln finden sich Pflanzen, Elemente, Bäume, Steine, Fische, Vögel, Säugetiere, Reptilien und der Ursprung der Metalle abgehandelt. Mehr als zweihundert Kapitel widmet Hildegard allein den Heilpflanzen. Causae et curae (Heilkunde) erfasst die Krankheiten des Menschen, behandelt Fragen der Ernährung und Verdauung, geht auf die Gemütsbewegungen, Wachen und Schlafen sowie Aspekte der menschlichen Bewegungen ein. Die anatomischen Kenntnisse Hildegards sind - der Zeit entsprechend - dürftig. Magische und symbolische Elemente stehen neben tradierter Pharmakologie.

Die Quellen der Hildegard von Bingen

"Hildegard ist ein sehr interessanter Sonderfall. Sie bewegt sich nur teilweise in der klostermedizinischen Tradition, die überwiegend auf antikem Boden steht. Hildegard nutzt nicht nur Quellen wie Plinius den Älteren und Dioskurides, sie nimmt auch Volksmedizin aus ihrer Umgebung in ihre Werke auf und ergänzt dies alles mit eigenen Vorstellungen. Das ergibt eine eigentümliche Mischung. Bei einigen Pflanzen hat sie wahre Volltreffer gelandet, bei anderen liegt sie total daneben. Bei Hildegard von Bingens Werk sind Licht und Schatten sehr eng beieinander. Hildegard von Bingen erwähnt Pflanzen, die bis dahin in der Schriftlichkeit nicht auftauchten, z. B. die Ringelblume und die Echte Arnica. Was sie über diese Pflanzen sagt, ist korrekt. Die Wirkung ist auch klinisch erprobt. Auf der anderen Seite liefert sie fast magische Anwendungen und legt etwa die Schlüsselblume bei Kopfschmerzen einfach auf die Stirn."

Dr. Johannes Gottfried Mayer, Leiter der Forschergruppe Klostermedizin, Universität Würzburg

Zwischen Meditation und Forschung

Mayer vermutet, dass Hildegard von Bingen über Pflanzen meditierte.

"Bei der Schlüsselblume kommt eine Lichtmetaphorik ins Spiel. So ist die Schlüsselblume eine sehr frühe Pflanze. Hildegard meinte, sie fängt das Sonnenlicht auf und gibt es an die Menschen weiter - verbunden mit einer psychogenen Wirkung. Hildegard glaubte, die Schlüsselblume hellt die Stimmung auf und kann sogar bei leichtem Wahnsinn helfen. Manche Aussagen beruhen nicht auf Erfahrung. Einige Vorstellungen gehen wohl auf Visionen zurück. Hildegard will einerseits den Nutzen von Pflanzen beschreiben, andererseits beschreibt sie den Kosmos und will die ganze Schöpfung darstellen."

Dr. Johannes Gottfried Mayer, Leiter der Forschergruppe Klostermedizin, Universität Würzburg

Die Begeisterung für die Hildegard-Medizin gerade in New-Age-Kreisen der Gegenwart betrachtet Mayer mit Skepsis.

"Heute wird von Anhängern der Hildegard-Medizin versucht, ausschließlich nach ihren Anweisungen zu heilen. Das sehe ich kritisch, ich würde mich dem nicht aussetzen. Medikamente müssen mit modernen Erkenntnissen in Einklang stehen."

Dr. Johannes Gottfried Mayer, Leiter der Forschergruppe Klostermedizin, Universität Würzburg


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