Paris, Mailand, Giebelstadt Designermode aus Unterfranken
Paris steht in dieser Woche wieder ganz im Fokus der Modewelt. Doch das edle und zeitgeistige Mode auch aus der unterfränkischen Provinz stammen kann, zeigen die beiden Designer Jörg Ehrlich und Otto Drögsler.
Franken und die große Welt der Mode: das ist kein Widerspruch für Jörg Ehrlich und Otto Drögsler, die hier in Giebelstadt bei Würzburg ihre Mode entwerfen - eher zwei Pole, die sich wechselseitig bedingen.
Vor sechs Jahren, inmitten der Bankenkrise, haben sie unerschrocken das Label "Odeeh" gegründet: das Modelabel gilt als der aufsteigende Stern am deutschen Modehimmel. Dabei waren der Österreicher und der Hesse schon vorher alte Hasen im Designgeschäft. Sie wohnen schon seit 16 Jahren im Geyerhof, im Gesindetrakt eines alten Ritterschlosses.
"Unser Leben ist geprägt von einer Stille und einer Lautstärke und einer bewußten Gegensätzlichkeit"
Jörg Ehlich, Modedesigner
Anders, d.h. ohne die Weite der unzersiedelten fränkischen Landschaft, so sagen die beiden, würden sie die hitzige Modewelt vielleicht gar nicht ertragen.
Überhaupt Franken - als sie herkamen war es für sie' ein weißer Fleck' auf der Landkarte. Obwohl Otto Drögsler, der Österreicher, der in Wien bei Karl Lagerfeld studierte, früher von Freunden sogar für einen Franken gehalten wurde. Vielleicht schätzen Drögsler und Ehrlich nun umso mehr die uralte Seele ihres Wohnortes.
"Fight your enemy" - immer wieder die Komfortzone zu verlassen ist das Motto der beiden Kreativköpfe
Den guten Geist, den geben sie auch in ihre Kollektionen, gewürzt mit österreichischer Raffinesse und deutscher Klarheit. "Fight your enemy" ist ihr Motto, also immer wieder die Komfortzone zu verlassen, das treibt sie an. Und so sprengen sie gern althergebrachte Stoffe und zitieren alte Muster neu. Vor allem dem starren Abteilungsdenken der großen Modefirmen entsagen, wo der Designer eher Dienstleister ist.
Sie wollten kleiner und feiner sein, frei und eigen. Aber auch fröhlicher und augenzwinkernder, im Umgang mit großem Erbe- vor allem aber keinem Diktat unterworfen sein. Natürlich hat das seinen Preis. Auch weil sie überwiegend in Deutschland und Bayern nähen lassen: ein Pulli kann schon mal 600 Euro kosten.
Die Veränderung ist heute jedenfalls die Konstante im kreativen Treiben der beiden "Dickköpfe", wie sie sich selbst beschreiben. Keine ihrer bislang sechs Kollektionen gleicht der anderen. Ausprobieren, vorher Verpöntes neu entdecken, das ist der größte Luxus für Odeeh - ein Luxus, weshalb sie wohl sogar in Japan Fans haben. Und wohl auch wegen ihrem besonderen Esprit: zwischen Purismus und Opulenz, zwischen Bauhaus und Wiener Werkstätte - immer getrieben von der Leidenschaft für das Zitat alter Stoffe, Muster und Materialien.
Ihr Atelier liegt am ungefähr unscheinbarsten Ort von Giebelstadt: im Industriegebiet, etwa 5 Minuten vom Geyerhof entfernt, in einem ausrangierten Supermarkt. Doch ganz zur Ruhe kommen die Modeschöpfer auch dort nie. Immer sind sie aufgefordert, in immer kleineren Dosen das Modekarussel zu ergötzen. Und so adelt manche bayerische Einkäuferin die "Buben von Odeeh"...