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Zwischen Spessart und Karwendel Kartoffelsterz und Hollerkoch - Das Notzeiten-Kochbuch

Gekocht wird heutzutage auf allen Fernsehkanälen, doch Gerichte aus Not- und Kriegszeiten sind schon etwas Ungewöhnliches. Oder haben Sie schon mal Kuheuter, Kartoffelsterz oder Brotsuppe selbst gemacht?

Stand: 06.01.2017 | Archiv |Bildnachweis

Kartoffelsterz und Hollerkoch: Das Notzeiten-Kochbuch

Bei genauerer Betrachtung sind die "Notzeitenrezepte" fast schon wieder modern, notgedrungen war die Küche fett- und fleischarm, heute ist das wieder im Trend.

Ein Kochbuch, das spannende Alltagsgeschichte erzählt

Gerichte aus einer Zeit, in der Lebensmittel kostbarer waren als Gold.

Mit seinem "Notzeitenkochbuch" wollte Rupert Berndl, Heimatpfleger aus Waldkirchen im Landkreis Freyung-Grafenau, nicht nur interessante Bayerwald-Rezepte aus der Vergangenheit wiederbeleben. Er wollte auch über das Essen an den Alltag der Menschen während der Kriegszeiten erinnern und die Leistung der Frauen ehren, die oft von den Geschichtsbüchern vergessen werden. Alleingelassen mit Kindern, Alten und Flüchtlingen, sicherten sie mutig und einfallsreich das Überleben.

Immer weniger können noch aus eigener Erfahrung berichten

Rupert Berndl hat kuriose Entdeckungen in den Archiven gemacht, aber auch mit vielen Augenzeugen gesprochen, auf Höfen und in Altersheimen. Doch es wird immer schwieriger noch echte Augenzeugen zu finden.

Die beiden Bäuerinnen Maria Schober und Maria Geiß

Auch Berndl, geboren in Passau 1940, hat den Krieg als Kind noch selbst erlebt, genauso wie die beiden Bäuerinnen Maria Schober und Maria Geiß, die dem Heimatpfleger die handgeschriebenen "Notzeitenkochbücher" ihrer Mütter und Großmütter zur Verfügung gestellt haben. Maria Schober besitzt immer noch die Ohrringe die sie als Kind von "Hamsterern" aus Passau, geschenkt bekommen hat, weil sie auf dem Hof zu essen bekommen haben.

Große Unterschiede zwischen Land und Stadt

Heimatpfleger Rupert Berndl

In Kriegs- und Nachkriegszeiten, war die Hungersnot in den Städten besonders groß, die Landbevölkerung litt weniger. Die hungrigen Städter machten Hamsterfahrten aufs Land und marschierten oft kilometerlang zu entlegenen Höfen um etwas Eßbares zu ergattern.

Mehr zum Thema:

Das Buch "Kartoffelsterz und Hollerkoch - Rezepte aus schweren Zeiten" von Rupert Berndl, ISBN-13: 978-3866467019, ist im SüdOst-Verlag erschienen.

Rezepte zum Beitrag:

Die Originalrezepte siehe unten mit Tipps von den Bäuerinnen Maria Schober und Maria Geiß, teilweise verfeinert von den Bio-Wirten Charly und Moritz Fliegerbauer aus Passau. Noch ein Hinweis: In den alten Rezepten gibt es kaum Maß- und Gewürzangaben. Auch die Bäuerinnen und Wirte in unserem Beitrag taten sich schwer mit Mengenangaben, sie kochten mit Gefühl und Erfahrung. Deshalb: Einfach ausprobieren. Wohl bekomm’s!

Rezepte

Kuheuter gebraten

Kuheuter gebraten

Wortlaut aus dem Kochbuch von Maria Schobers Mutter Maria Hinterreiter aus Neukirchen am Inn von 1922: "Kuheuter wird in Salzwasser mit Wurzelwerk weichgekocht, dann die Haut abgezogen, kalt in Stücke geschnitten und in heißer Butter und mit Zwiebel gelb geröstet und mit Zitronensaft beträufelt". Wirt Moritz Fliegerbauer hat ein schon gehäutetes Euter vom Metzger zubereitet. Wir empfehlen auch nur ein solches zu bestellen. Während der Dreharbeiten wurde das Euter geteilt und etwa 1 Stunden gekocht. Im nachhinein hat Moritz Fliegerbauer festgestellt, nach 3 Stunden Kochzeit wird es noch besser und weicher. Zum Kochwasser hat er Salz, Zwiebel, Karotten, Wachholderbeeren und Lorbeerblätter gegeben. Dann kurz in Schmalz und Butter ausbraten und mit Zitrone beträufeln.








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