Das Zimmertheater Eine Schwabinger Tradition
Operninszenierungen neben dem eigenen Bett und ein "Liebeskonzil" im Dachjuchhe. Gerhard Weiß lädt sich sein Theaterpublikum in die Schwabinger Wohnung.
"Figurentheater" ist auf einem unscheinbaren Klingelschild mitten in München Schwabing zu lesen. Im Dachgeschoß eines unrenovierten Altbaus, nahe der Münchner Freiheit, führt der gelernte Fotograf und leidenschaftliche Theaterfreund Gerhard Weiß seit 30 Jahren Opern auf, inszeniert Rilke-Gedichte neben der Jukebox und bringt das "Liebeskonzil" eines Skandalautors der Kaiserzeit auf die zwei Meter große Bühne seines I-piccoli-Theaters. Sind genügend Gäste für eine Aufführung zusammengekommen, so bewirtet er zur Begrüßung mit Snacks und Getränken an der Hausbar. Anschließend setzen sich die rund zwanzig Gäste – mehr haben nicht Platz – zwischen Bett und Minibühne auf Plastikklappstühle. Der Eintritt ist frei. Jeder gibt, so viel er möchte.
I-piccoli-Theater: mit Leidenschaft und Idealismus
So viel Theaterbesessenheit und Idealismus ist ein Beweis dafür, dass es den Mythos Schwabing noch immer gibt – zumindest bei Gerhard Weiß. Ihm ist dieser Stadtteil längst zu ruhig, zu brav geworden. Er liebt das Absurde, die unspielbaren Texte entlegener Autoren und – Richard Wagner, das aber hat biographische Gründe.
Weitere Informationen
Zum 70. Geburtstag von Gerhard Weiß gab Marta Reichenberger im Münchner Volk Verlag eine schön gestaltete Dokumentation heraus: "Theatrum Privatissimum. Schwabing bebt immer. Die Theaterwerkstatt des Gerhard Weiß." 40 Jahre Theaterarbeit auf der Straße, in Hallen, auf Festivals und in seiner Wohnung war für die Puppensammlung des Münchner Stadtmuseums Anlass, Bühnenbilder anzukaufen und Gerhard Weiß eine Sonderausstellung zu widmen.
Wer eine der Privataufführungen in Schwabing besuchen möchte, erreicht ihn übers Internet. Gespielt wird im Dachgeschoss der Marktstraße 16.