RESPEKT Konsum
- Das Konsumverhalten der (meisten) Menschen in der westlichen Welt ist mitverantwortlich für Umweltzerstörung und die Ausbeutung von Menschen in armen Ländern.
- Konsum macht (zumindest kurzfristig) glücklich, da im Gehirn Dopamin ausgeschüttet wird, wir also "belohnt" werden.
- Kompletter Konsumverzicht kann zwar wertvolle Einsichten liefern, ist aber nicht die Lösung des Problems.
- Secondhand ist eine Möglichkeit, nachhaltig zu konsumieren. Dabei ist es auch preisgünstig und daher für viele Menschen machbar.
Unser Konsumverhalten zerstört den Planeten – so einfach lässt sich das sagen. Aber obwohl die meisten Menschen das wissen, konsumieren alle weiter so, als ob es kein Morgen gäbe. Geht es auch anders? Wir schauen uns an, warum Konsum so verführerisch für uns ist und welche Alternativen es gibt, hin zu einem nachhaltigen Konsumverhalten.
Wie kam es zur Konsumgesellschaft?
Definition
Das Wort "Konsum" bezeichnet den Verzehr oder Verbrauch von Gütern wie zum Beispiel von Lebensmitteln oder von Kleidung. Etwa ab dem 15. Jahrhundert weitete sich der Handel aus - es entwickelte sich ein individuelles Konsumverhalten. Manche Menschen begannen, sich Sachen zu kaufen, die sie nicht zum Leben brauchten, die sie aber für schön hielten. Luxusgüter waren damals den Reichen vorbehalten. Mit der Industrialisierung stieg das Einkommen des Bürgertums und dessen Kaufkraft. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann auch in Deutschland der Massenkonsum. Heute können wir dank Internet rund um die Uhr und den Globus shoppen. Wir sind zu einer Konsumgesellschaft geworden, der Konsum ist für viele Menschen eine Freizeitbeschäftigung.
Konsum - zwischen Glück und schlechtem Gewissen
Die Deutschen konsumieren gerne und viel, häufig wohl zu viel. Die Ausgaben aller deutschen Privathaushalte für Konsumgüter haben sich innerhalb der letzten 30 Jahre verdoppelt, auf heute um die 1.700 Milliarden Euro pro Jahr. Warum gehen wir so gerne shoppen? Dabei wird das Gehirn mit Dopamin geflutet und wir werden sozusagen fürs Einkaufen belohnt. Das sagt Carl Tillessen, Autor des Buchs "Konsum - Warum wir kaufen, was wir nicht brauchen" und erklärt aber auch, warum der Kick meistens nur kurz anhält: weil wir Dinge heutzutage häufig höchstens einmal oder sogar gar nicht benutzen. Dann braucht es schnell den nächsten "Lustkauf".
Dass das Übermaß an Konsum katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt hat, wird inzwischen immer mehr Menschen bewusst. Wenn es aber um die "Sozialverträglichkeit" des Konsums geht, Ausbeutung, Kinderarbeit in armen Ländern - hier sorgt das schlechte Gewissen, das wir dabei bekommen, eher dafür, dass wir diese Tatsachen verdrängen und verleugnen. Deshalb ist nach Meinung von Carl Tillessen schon viel damit getan, wenn wir uns bewusst machen, wie wir selber ticken.
"Ein ganz wichtiger Schritt ist zum Beispiel auch, dass man aufhört, das zu verharmlosen, das vollkommen gedankenlose Konsumieren von Dingen, die globale Ressourcen aufbrauchen und eben auch unter unmenschlichen Bedingungen hergestellt wurden. Das ist keine sympathische kleine Schwäche."
Carl Tillessen, Buchautor und Designer
Zahlen und Fakten
Wofür geben wir unser Geld aus?
- Laut Statistik (2019) geben die Menschen in Deutschland am meisten Geld für Wohnen und Energie aus, danach kommen Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren, an dritter Stelle Auto, öffentliche Verkehrsmittel und Taxi. Dann folgen Kultur und Unterhaltung, Hotels und Gaststätten, Bekleidung und Schuhe.
- Jungen Menschen ist das Reisen sehr wichtig (Studie 2018), außerdem, ein Auto zu besitzen. Umweltschutz und Nachhaltigkeit spielen auch eine große Rolle, gleichzeitig ist es ihnen aber wichtig, möglichst preisgünstig einzukaufen.
- Für die Zukunft glauben junge Leute (Studie 2018), dass es deutlich wichtiger sein wird, die neueste Technik zu besitzen oder zum Beispiel Kleidung der neuesten Mode zu tragen. Dass in Zukunft mehr Bio-Produkte gekauft werden, glauben die Jugendlichen nicht.
Zahlen und Fakten: Quellen
Konsumausgaben privater Haushalte in Deutschland
Destatis, Statistisches Bundesamt
Definition Konsum
Bundeszentrale für politische Bildung
Private Haushalte & Konsum
bpb: Haushalt - Markt - Konsum
Studie BMU, 2018
"Zukunft? Jugend fragen! Nachhaltigkeit, Politik, Engagement - eine Studie zu Einstellungen und Alltag junger Menschen", hrsg. vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), 2018 (pdf, S. 7 und S. 40 ff.)
Nachhaltiger Konsum
STMUV: Nachhaltig konsumieren
Konsumgesellschaft & Mode
bpb: Mode
Kompletter Konsumverzicht - eine Lösung?
Würde es helfen, wenn wir alle einfach aufhören zu konsumieren? Die Journalistin Greta Taubert hat das vor ein paar Jahren im Rahmen eines Selbstexperiments gemacht und ein Jahr lang so gut wie gar nichts gekauft. Ihr Essen beispielsweise hat sie sich übers Containern oder über "Fairteiler" von "Foodsharing" besorgt, im Garten selbst vieles angebaut oder Beeren, Pilze und Kräuter in der Stadt gesammelt. Um das ein Jahr lang durchzuhalten, musste sie komplett aus unserem System, sich mit Geld alles zu kaufen, was man braucht, ausbrechen. Das war unglaublich zeitintensiv und anstrengend - aber sie hat sehr viele wertvolle Erfahrungen dabei gemacht. Ihr Leben war plötzlich auf andere Weise reich und sie hat viel Gemeinschaft erfahren.
Trotzdem ist Konsumverzicht bzw. -verweigerung keine Lösung. Wenn es nur einer macht, verändert sich nichts. Wenn es alle machen, bricht unser System zusammen. Dazu müssten völlig neue Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Secondhand - preisgünstig und nachhaltig
Wer für weniger Müll und mehr Nachhaltigkeit sorgen will, kann in einem Gebrauchtwaren-Kaufhaus, also secondhand, einkaufen. Dort gibt es Klamotten, Haushaltsgegenstände, Möbel und vieles mehr. Statt weggeworfen zu werden, bekommen gut erhaltene Dinge hier neue Besitzer. Secondhandwaren sind außerdem im Verhältnis zu manch anderen nachhaltigen Produkten deutlich preisgünstiger. Für Dr. Alexandra Achenbach, Biologin und Bloggerin zum Thema Nachhaltigkeit, ist das ein wichtiger Punkt: Es sollten sich alle auch leisten können. Dann kann Secondhand eine tolle Alternative für alle sein. Die größte Herausforderung ist ihrer Meinung nach etwas ganz anderes:
"Das Komplizierteste ist, diesen Sprung im Kopf zu machen. Wir haben unsere Routinen, auch wie wir groß geworden sind. [...] Und aus diesem Eingeschliffenen rauszukommen und überhaupt wahrzunehmen, dass es anders geht, sich das bewusst zu machen und dann die ersten Schritte zu wagen, es einfach auch mal anders zu machen, das ist, finde ich, das Schwierigste."
Dr. Alexandra Achenbach, Biologin und Bloggerin
Autorin: Claudia Sarrazin