RESPEKT Solidarität
- Solidarität bedeutet eine echte und feste Zusammengehörigkeit unter Menschen.
- Solidarität ist auch gegenseitige Verbundenheit mit den Ideen, den Aktivitäten und den Zielen anderer Menschen.
- In der christlichen Religion nennt man diese Art der Solidarität "Nächstenliebe".
- Solidarisch handelt, wer sich für andere Menschen und deren Anliegen einsetzt.
Was ist Solidarität konkret?
Definition Solidarität
Solidarität kann bedeutet, dass ein einzelner Mensch einem anderen hilft, indem er ihm einen Gegenstand, Geld oder Zeit und Zuwendung schenkt. Und zwar erst mal ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Das muss nicht persönlich geschehen. Zum Beispiel kann man ein Patenkind in Afrika unterstützen. Solidarisch handeln wir auch, wenn wir fair oder nachhaltig hergestellte Produkte kaufen. Denn damit unterstützen wir die Produzent:innen vor Ort und tragen dazu bei, dass sie gerechter entlohnt werden. Viele Menschen handeln tagtäglich solidarisch: Sie nehmen zum Beispiel Rücksicht auf Ältere oder Schwächere oder schreiten ein, wenn sie Ungerechtigkeit erleben. Sie zeigen Zivilcourage oder setzen sich für Diversity ein, sind aktiv gegen Sexismus und Homophobie. Es gibt viele Möglichkeiten, Zusammenhalt im Alltag zu praktizieren und das Miteinander angenehmer zu gestalten.
"Wie sollte man Obdachlosen begegnen? - Zuvorkommend. Mit ihnen mal sprechen: Warum? Weshalb? Und nicht einfach abweisend sein. Sie haben ihre Geschichte erlebt, warum sie so sind. Alles hat seinen Grund. Das ist nicht ohne Grund. Definitiv. Sonst würde ich heute nicht hier stehen."
Kathi, Obdachlose
Die Idee hinter dem Solidaritätsprinzip
In einem Staat leben viele sehr unterschiedliche Menschen zusammen. Auch was ihre Gesundheit, ihr Einkommen oder ihre Lebenssituation angeht. Es gibt Menschen, denen geht es gut – und es gibt Menschen, die sind in Not: Weil sie oder Angehörige krank sind, keinen Job finden oder ihre:n Partner:in verloren haben. Oder weil sie schon in sehr schwierige Verhältnisse hinein geboren wurden. Schicksalsschläge, für die diese Menschen nichts können. Es existieren also Menschen nebeneinander, die teilweise im Überfluss leben und teilweise nicht mal das Nötigste zum Überleben haben. Der Gedanke, dass es hier einen Ausgleich geben sollte, ist nahe liegend. So ist das Solidaritätsprinzip entstanden.
So funktioniert das Solidaritätsprinzip durch Versicherungen
Kurz gesagt bedeutet das Solidaritätsprinzip: Jeder und jede Versicherte bekommt Leistungen, unabhängig davon, wie viel er oder sie einzahlt. Auf dem Solidaritätsprinzip baut zum Beispiel die gesetzliche Sozialversicherung auf. Versicherte Risiken wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit tragen alle, die in die Versicherung einzahlen, gemeinsam. Weil das sehr viele sind, profitieren davon vor allem Menschen mit niedrigerem Einkommen oder höherem Krankheitsrisiko. Die weltweit ersten staatlichen Solidarsysteme entstehen Ende der 1890er-Jahre in Deutschland. Es gilt das Solidaritätsprinzip.
"Das mit Abstand drängendste Problem ist eine gerechte Belastung. Die fängt damit an, dass wir eine Elite haben, die 10 Prozent der Bevölkerung ausmacht und die keinerlei soziale Verantwortung tragen müssen, außer durch ihre Einkommensteuer. Und die ist minimal."
Jürgen Borchert, ehemaliger Sozialrichter
Zahlen und Fakten
Solidarsysteme: Deutschland ist Pionier
- Den Start macht 1883 die Krankenversicherung. Sie ist Pflicht. Alle müssen sich versichern. Zwei Drittel der Beiträge zahlen der Arbeiter, ein Drittel ihr Arbeitgeber. Jede:r bekommt die gleichen Leistungen, egal wie viel er oder sie einzahlt.
- 1884 dann der Start der Unfallversicherung. Auch sie wird zur Pflichtversicherung, die es bis heute gibt. Die Unfallversicherung bietet Schutz und Hilfe bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
- 1889 entsteht zusätzlich die Invaliditäts- und Altersversicherung. Die historische Grundlage für die heutige Rentenversicherung.
- 1927 kommt die gesetzliche Arbeitslosenversicherung dazu. Oft verändert und bis heute, trotz der viel kritisierten Hartz-Reformen, ein wichtiges soziales Sicherheitsnetz.
Solidarität im Alltag
Nicht jeder oder jedem liegt es, so wie Carina aus unserer Reportage, nachts mit einem Kältebus durch die Stadt zu fahren, um Obdachlosen Tee und Trost zu spenden. Dabei erlebt sie nämlich Dinge, die sie erst mal verarbeiten muss: das Leid, das Elend, Menschen, die eine Überdosis genommen haben, die betrunken oder aggressiv sind. Carina hat gelernt, diese intensiven Erlebnisse nicht mit nach Hause zu nehmen. Sie hat auch gelernt, dass Vorurteile gegenüber Obdachlosen oft hart und ungerechtfertigt sind. Denn die wenigsten sind freiwillig ohne Zuhause und Job. Doch es gibt eine Unmenge von Möglichkeiten sich zu engagieren, die weniger intensiv sind: Auch Blutspenden ist ein Akt der Solidarität, kostenlose Nachhilfe für Mitschüler:innen, Besorgungen erledigen für ältere Menschen, Babysitten ... Und wer sich engagiert, bekommt oft mindestens so viel zurück wie er gibt.
"Ein naheliegender (Akt der Solidarität) wäre, sich anzuschauen, was da passiert, wo man sich alltäglich aufhält. Wo man arbeitet, lebt, einkauft: Wie da zum Beispiel die Arbeitsverhältnisse sind. Und sich dafür einzusetzen, dass sie besser werden und nicht andere den Dreck wegmachen müssen."
Prof. Dr. Stephan Lessenich, Soziologe an der LMU
Autorin: Monika von Aufschnaiter