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Zeuge der Zeit: Claus Günther "Wir fühlten uns stark"

Sonntag, 06.11.2022
21:00 bis 21:45 Uhr

  • Video bereits in der Mediathek verfügbar

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Deutschland 2021

Seine Vorbilder hießen Hitler, Göring und Goebbels. Seine Schulbücher waren bebildert mit Helden in Naziuniformen. Seine Überzeugung war es, einer überlegenen „arischen Herrenrasse“ anzugehören – denn das erzählten die Wissenschaftler jener Zeit. Claus Günther war damals Kind. Er kannte nichts anderes. Aber nach Kriegsende erfährt er, welche zerstörerische Wirkung die Nazi-Ideologie hatte.

Weshalb haben so viele Menschen mitgemacht? Wie konnte die Menschenverachtung des diktatorischen NS-Systems zum Ideal werden? Der Bericht von Claus Günther bringt manches Licht ins Dunkel. Bei Kriegsende ist Claus Günther 14 Jahre alt. Die Jahre zuvor aber waren wie ein verführerisches Abenteuer.

Er gehörte zu einer Masse. Er fühlte sich stark. Zum Beispiel, als er Adolf Hitler mit eigenen Augen bei der Schiffseinweihung des KdF-Kreuzfahrtschiffes „Wilhelm Gustloff“ an den Hamburger Landungsbrücken sah und inmitten einer wogenden und jubelnden Menschenmasse stand.

Sein Vater trug in SA-Uniform die Fahne, als während der Novemberpogrome 1938 die Harburger Synagoge zerstört wurde. Nach Kriegsende erfährt Claus Günther, dass seine eigenen jüdischen Nachbarn im Konzentrationslager ermordet wurden. Bis heute schämt er sich dafür, als 10-Jähriger jene Nachbarn antisemitisch beschimpft zu haben. Seit vielen Jahren ist Claus Günther gerade durch diese Erkenntnisse ein Kämpfer für Demokratie und mahnt, stets wachsam zu beobachten, was im eigenen Umfeld geschieht:

„Das Schlimme ist: Es waren sogenannte normale Menschen: Der Friseur, der da die Synagoge mit zerstört hat. Das ist es also, was eine Diktatur mit Menschen machen kann.“
Claus Günther

Autor/Autorin: Michaela Wilhelm-Fischer
Redaktion: Helge Freund

Die Reihe "Zeuge der Zeit" spürt dem Schicksal von Menschen nach, die als Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene den Terror des NS-Regimes erleiden mussten.