"Die Rückkehr der Namen" Zeugin der Zeit: Eva Madelung Das Geheimnis meines Vaters Robert Bosch
Dienstag, 09.04.2024
22:30
bis 23:15 Uhr
- Video bereits in der Mediathek verfügbar
ARD alpha
Deutschland
2023
Eva Madelung ist Psychotherapeutin und die jüngste Tochter des Großindustriellen Robert Bosch. Dass ihr Vater während der NS-Zeit Oppositionelle und Verfolgte unterstützt, weiß Eva Madelung als Mädchen nicht. Es geschieht im Geheimen. Eva selbst ist als Mädchen begeisterte Nationalsozialistin und will nur eines: dazugehören.
1931 wird Eva Madelung als Eva Bosch in privilegierte Verhältnisse hineingeboren. Sie ist anders als die anderen, denn ihr Vater Robert Bosch ist einer der bedeutendsten Unternehmer seiner Zeit. Begonnen hat er im Jahr 1886 in einer Stuttgarter Hinterhofwerkstatt, später wird er mit der Weiterentwicklung der elektrischen Magnetzündung für Automobile weltweit bekannt und erfolgreich.
Der Unternehmer gilt als ausgesprochen modern, liberal und menschenfreundlich. Als Hitler 1933 an die Macht kommt, ahnt Bosch als einer der wenigen, welch zerstörerisches Potenzial in den Ideen der Nationalsozialisten schlummert.
Er hilft im Geheimen jüdischen Familien beim Aufbau eines neuen Lebens im Exil, und in seinem Unternehmen entwickeln sich Oppositionszellen um Carl Goerdeler und Hans Walz – der „Bosch-Kreis“. Bosch verachtet das nationalsozialistische Regime.
Und doch bleiben Widersprüche, denn das Unternehmen beschäftigt Zwangsarbeiter und profitiert wirtschaftlich sehr stark von der Rüstungsindustrie beider Weltkriege. Kaum ein Militärfahrzeug oder Panzer wäre ohne die Bosch-Zünder gefahren. Ein Spagat zwischen Ablehnung und Anpassung an das System – in einer Epoche der Extreme.
Als Psychotherapeutin beschäftigt sich Eva Madelung ihr Leben lang mit den Widersprüchen, die in Familien schlummern. Auch in ihrer eigenen.
Denn sie selbst war als Mädchen von der Richtigkeit des NS-Systems überzeugt: "Mein Vater war ein wütender Nazi-Gegner. Eines Abends habe ich ihn schreien hören: ‘Warum bringt denn den Kerle niemand um!‘ Und ich habe genau gewusst, er meint Hitler. Und ich war ja Jungmädel und ich bin erschrocken. Alle anderen waren begeistert, die haben alle mitgemacht. Und ich habe da den Vater zu Hause, der darüber schimpft. Als Kind sitzt man dann irgendwie in einer Falle. Ich sage es immer wieder: Der Mensch ist ein Herdentier. Man will dazugehören."
Anhand von selten gezeigtem privatem Archivmaterial der Familie Bosch erzählt dieser Film eine kaum bekannte und spannende Familiengeschichte. Zeitzeugin Eva Madelung erklärt am Beispiel ihrer eigenen Biografie, wie leicht es geschehen kann, dass man in den Sog von Populismus und menschenverachtenden Systemen gerät.
Regie:
Michaela Wilhelm-Fischer
Redaktion:
Helge Freund
Die Reihe "Zeuge der Zeit" spürt dem Schicksal von Menschen nach, die als Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene den Terror des NS-Regimes erleiden mussten.