Digital Lehren und Lernen Wie sich die Hochschule Fresenius digital aufstellt
Die Corona Pandemie zwingt die Hochschulen in Deutschland und weltweit dazu den Präsenzbetrieb weitgehend einzustellen. Das Studium soll aber fortgesetzt werden – deshalb müssen innerhalb kürzester Zeit Lösungen her. Campus Magazin hat mit dem Vizepräsidenten der Hochschule Fresenius, Prof. Dr. Ekkehart Baumgartner, sowie einer Studentin gesprochen, wie ein Lehrbetrieb im virtuellen Raum aussehen kann.
Aufnehmen von Podcasts zur Anatomie des Körpers, Erfahrungsaustausch im “Talkshow“- Format oder mit Green-Screen produzierte Lernvideos. Die Lehrenden der Hochschule Fresenius haben sich einiges einfallen lassen, um in Corona-Zeiten die Lehre aufrecht zu erhalten. 14.000 Studierende an zehn verschiedenen Standorten, die derzeit keinen Hörsaal besuchen dürfen, sollen nämlich dennoch unterrichtet werden. Zusätzlich bekommen Studierende über die Lehre hinaus, Angebote wie Fitnessübungen oder psychologische Tipps im Umgang mit dem Corona Virus (Links dazu finden sich unten).
Expertennetzwerk hilft in der Krise
Hierfür hilft der Hochschule ein gebündeltes Team an Expert*innen, die sich schon seit längerem damit beschäftigen, Studieninhalte im virtuellen Raum anzubieten. Die Hochschule Fresenius hat zum Beispiel, als eine der wenigen Hochschulen bundesweit, sogenannte ‘Instructional Designer‘ im Einsatz. Diese beraten, welche Studieninhalte sich sinnvoll digitalisieren lassen und informieren darüber auch den Lehrkörper. Prof. Baumgartner ist davon überzeugt, dass diese Maßnahmen in der aktuellen Situation besonders hilfreich sind.
Herr Prof. Baumgartner, wie sieht Digitale Lehre an der Hochschule Fresenius konkret aus, wie kann man sich das vorstellen?
Ich bin ganz fasziniert, was unsere Lehrenden an Erfindungsreichtum an den Tag legen. Hier werden teilweise Podcasts aufgebaut, Lehrvideos gedreht oder Online-Räume mit Videokonferenzen geschaffen. Das finde ich, was den zeitlichen Rahmen angeht, sensationell und unglaublich spannend. Hier werden innerhalb kurzer Zeit neue Möglichkeiten gefunden, zu lehren. Das geschieht aber auch durch gezielte Hilfestellungen unserer Instructional Designer, durch eigene Infoportale der Hochschule. Eine Hochschullehrerin im Fach Physiotherapie hat zum Beispiel ihren Sohn in der eigenen Wohnung auf die Couch gelegt und hat dann per Video den Studierenden gezeigt, wie man hier richtig behandelt. Da war das Lehrobjekt plötzlich ihr eigenes Kind. So etwas finde ich einfach sehr kreativ. Und die Kreativität kann man nicht verordnen. Die Kreativität ist an jedem Standort, bei jedem Hochschullehrer angesiedelt und wir sind über diese Vielfalt des Vorgehens sehr froh. Gleichwohl gibt es zentrale Informationen, was man machen kann und was vermieden werden muss. Wir steuern zentral und umsichtig, damit wird die Kreativität nicht behindert.
Was denken Sie, welchen Mehrwert haben die Studierenden durch den Einsatz digitaler Lehr- und Lernmöglichkeiten?
An welche Grenzen stoßen Sie in dieser Corona-Zeit und wie gehen Sie damit um?
Wir probieren momentan viel aus. Als Grundlage haben wir auch eine Problemfeldanalyse, eingerichtet, sie ist derzeit ein wichtiger Baustein unseres Handelns. Wir sehen uns sehr genau an, welche Probleme auftauchen. Es ist ja für die Hochschule auch eine Ausnahmesituation und wir versuchen tagesaktuell die Probleme zu lösen. Da haben wir auch einen Überblick, was Studierende uns sagen, was Studierende gut finden, was Studierende nicht gut finden – und darauf reagieren wir. So sind wir in der Lage, etwa sehr schnell IT-Themen, die durch die digitale Lehre auftauchen, aufzufangen. Ein weiteres Beispiel ist die Überforderung, dass man sich nicht über zwei, drei, vier Stunden am Tag in den Videovorlesungen konzentrieren kann. Die Problemanalysen dienen einem ständigen Verbesserungsprozess.
Können Ihre Lehrenden bereits mit den digitalen Möglichkeiten umgehen oder sehen Sie da noch Nachholbedarf?
Sollte es ein digitales Sommersemester 2020 geben, haben Sie die Möglichkeiten auch Prüfungen digital zu realisieren?
Ja, - und zwar hilft uns ein eigener Fernlehrefachbereich am Haus, der Erfahrungen hat mit Online-Prüfungen. Da gibt es entsprechende Programme, zum Beispiel muss man den Ausweis in die Kamera halten, der wird dann eingescannt und damit legitimiert man sich und kann an der Prüfung teilnehmen. Es gibt abgesicherte Verfahren, die bei uns auch erprobt sind im Haus und das hilft uns sicherlich sehr. Wir haben hier eine eigene Vorgehensweise von Online-Prüfungen gestartet. Zwar hoffen wir, dass wir Präsenzlehre noch anbieten können, es wird aber nicht vollumfänglich möglich sein, da ‘Social Distancing‘ und Sicherheitsmaßnahmen eine wesentliche Rolle spielen werden. Wir müssen Risiko minimieren, das ist ganz und gar entscheidend. Und alle Konzepte müssen zudem für alle Fachbereiche und für über 14.000 Studierende funktionieren – das ist etwas Besonderes und das wird nochmal eine Herausforderung sein. Darin unterscheiden wir uns sicherlich von manch anderen Hochschulen.
Sind Sie mit anderen Hochschulen in Kontakt? Gibt es einheitliche Konzepte?
Ich glaube, dass alle Hochschulen im Moment in einem Ausnahmezustand sind und ich erlebe das auch bei uns, dass wir hier alle Kräfte vor Ort bündeln. Das heißt: Wir konzentrieren uns in der Tat auf unser eigenes Expertentum, auf den Lehrkörper und die Instructional Designer, auf die Vorgaben des Präsidiumsressort Studium und Lehre. Und das funktioniert ganz gut. Wir sind schon auch verbunden mit anderen Hochschulen, aber es ist die Zeit absoluter Herausforderungen für Hochschulen, in der sich alle momentan stark auf sich konzentrieren.
Wie ist das Studium in Corona Zeiten für Studierende?
Alina, du bist Studentin an der Hochschule Fresenius. Wie findet bei dir momentan Unterricht statt?
Alina Franitza (23) ist Studentin im Fach Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius in Köln.
Die Hochschule Fresenius hat glücklicherweise recht schnell gehandelt, weshalb wir eine Ausfallzeit der Vorlesungen vermeiden konnten. Die Vorlesungen finden online über die digitalen Plattformen Zoom oder GoToMeeting statt, was sehr gut funktioniert. Jeder Einzelne gibt sein Bestes, um diese ungewöhnliche Situation gemeinsam bestmöglich zu meistern.
Welche Erfahrungen hast du mit dem Online-Angebot bisher gemacht? Fällt es dir leichter so zu lernen oder wärst du gerne wieder präsent in der Uni?
Ich kann sagen, dass ich durchweg positiv überrascht bin wie gut die Online Vorlesungen bis jetzt funktioniert haben. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten vor allem in Form von technischen Problemen, haben wir diese Situation gemeinsam gut gelöst und wissen mittlerweile damit umzugehen. Unsere Dozenten geben sich sehr viel Mühe uns die Inhalte bestmöglich zu vermitteln, Praxisbezüge herzustellen und sich Feedback einzuholen, um die Online Vorlesungen stets optimieren zu können. Die Grundvoraussetzung ist eine einwandfreie Kommunikation, weshalb wir auch schon auf WhatsApp umgestiegen sind, um in ständigem Kontakt zu bleiben und Anliegen schneller klären zu können. Die Flexibilität, die sich jetzt dadurch ergeben hat, empfinde ich vor allem als berufsbegleitende Studentin als sehr angenehm, da man etwas mehr Zeit einsparen kann, vorrangig mit Vorlesungen am Wochenende. Dennoch halte ich den persönlichen Austausch für sehr wichtig und finde das dieser im Vordergrund stehen sollte.
Was würdest Du dir für ein digitales Sommersemester 2020 wünschen?
Natürlich wünsche ich mir grundsätzlich den normalen Alltag zurück, inklusive den Präsenzveranstaltungen und vor allem den direkten Austausch mit meinen Kommilitonen und Kommilitoninnen sowie den Dozenten. Primär bei Präsentationen, die unserseits vorgetragen werden müssen, empfinde ich die Anwesenheit vor Ort als angenehmer.
Das Konzept der Online Vorlesungen sollte für die Zukunft dennoch stärker mit in den Hochschul-Alltag eingebunden werden. Warum sollte man aus zeitlichen Engpässen nicht auch online an der Vorlesung teilnehmen können, während der Rest sich in der Uni befindet und die Vorlesung währenddessen aufgenommen wird? Es gibt auch Dozenten die kreativ geworden sind und Podcast Folgen für ihre Studierenden aufgenommen haben. Auch dieses Konzept würde ich zukünftig als Hochschule aufgreifen, um mehr Flexibilität zu fördern und auch Interessierten aus anderen Fachbereichen die Möglichkeit zu gewähren, sich mit bestimmten Themen ein Stück weit vertraut machen zu können.
Links
Webseite der Hochschule Fresenius: https://www.hs-fresenius.de/
Hochschule Fresenius bei Facebook mit Fitnessübungen: https://www.facebook.com/HS.Fresenius/videos/670056703794691/
Hochschule Fresenius - psychologische Tipps für den Umgang mit dem Corona Virus: https://www.facebook.com/HS.Fresenius/videos/226474168503361/