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Homosexuelle Liebe Ganz anders – oder ganz normal?

Die gesetzlichen Lücken zur Gleichberechtigung homosexueller Liebe schließen sich langsam, selbst in Bayern gibt es jetzt die Ehe für alle. Echte Akzeptanz fehlt jedoch manchmal. Dass sie mit ihrer Beziehung noch heute ein Tabu brechen, diese Erfahrung haben Lennon und Mani gemacht.

Von: Monika Haas

Stand: 27.05.2022

Homosexuelle Liebe: Ganz anders – oder ganz normal?

Lennon Varela Meza ist 25 Jahre alt und studiert Tourismuswirtschaft. Sein Freund Mani Föttinger ist 26 Jahre alt,  Krankenpfleger und studiert berufsbegleitend Pflege in der Psychiatrie. Sie sind zusammengezogen und teilen ein großes Hobby: Karaoke. Es ist für beide die große Liebe. Doch einige Menschen kommen damit einfach nicht klar. 

"Getuschel, Gelächter oder es wird peinlich schnell weggesehen. Dumme Sprüche. Auch in München fühlen wir uns an vielen Orten wie auf dem Präsentierteller, wenn wir händchenhaltend spazieren gehen. Dabei wollen wir einfach eine ganz normale Beziehung führen."

Mani u. Lennon

Kennengelernt haben sich die beiden in München vor einem Jahr beim Christopher Street Day. Die beste Gelegenheit für Homosexuelle, mögliche Partner zu finden, sagen sie. Für Mani ist es die erste, feste Beziehung.

"Lenn ist fürsorglich, kann gut zuhören und kochen, aber ist manchmal auch ziemlich verstrahlt."

Mani

"Mani kann auch mal nerven, wenn er immer und überall singt, aber wir halten zusammen und sind wie zwei Pole, die sich ergänzen."

Lennon

In ihren Familien haben sich die beiden schon in der Pubertät – lange vor ihrer Beziehung – geoutet. Dennoch behandeln sie ihre Beziehung in der Öffentlichkeit lieber diskret. Denn die Stimmung in der Bevölkerung ist weniger tolerant, als es Medienberichte über das Outing von Prominenten oder politische Entscheidungen vermuten lassen. Erst im Frühjahr 2017 gab es in München wieder homophobe Übergriffe auf Schwule. An der Uni erleben Mani und Lennon solche Vorfälle zum Glück nicht.

"Ich habe aber Bekannte, die wegen ihrer Homosexualität gemobbt wurden. Mir ist das nicht passiert. Aber ich halte auch sofort dagegen, wenn mir jemand blöd kommt. Ich lasse mir nichts gefallen."

Lennon

Aber warum muss er das überhaupt? Beide kostet es viel Kraft, ihre Liebe verteidigen zu müssen. Und gegen das klischeehafte Image der sexbesessenen Schwulen anzutreten.

"Wir werden noch immer in eine Schublade gesteckt, was unsere Offenheit und Sprunghaftigkeit angeht. Dabei ist heute in Zeiten der Apps und Portale auch in der Heterowelt alles möglich."

Mani

Vorurteile gegen Homosexuelle gibt es immer noch

Oscar Wilde (l.) wurde 1895 wegen "homosexueller Unzucht" zu Zuchthaus und Zwangsarbeit verurteilt.

Homosexuelle sind oberflächlich, untreu und irgendwie unnormal. Solche Klischees  haben eine lange Geschichte. In der antiken Kultur war Homosexualität noch eine verbreitete, sexuelle Spielform unter anderen. Doch mit dem Siegeszug der monotheistischen Religionen wurde sie zur Sünde. Ob in Thora, Bibel oder Koran - die heiligen Schriften verteufeln die Homosexualität. Vom Mittelalter bis zum Kaiserreich wurde schwule Liebe von Staat und Kirche verfolgt und verurteilt. Die Nationalsozialisten machten in den 1930er Jahren gezielt Jagd auf Homosexuelle. Und auch lange nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie aus der gesellschaftlichen Mitte verbannt. Im Zuge der deutschen Einheit strichen die Gesetzgeber in Deutschland erst 1994 den Paragraphen 175, der bis dahin gleichgeschlechtliche Liebe unter Strafe stellte. Im März 2017 hat das Bundeskabinett beschlossen, jenen Homosexuellen, die Opfer des Paragrafen 175 geworden sind, eine Entschädigung zu zahlen und das gegen sie verhängte Urteil aufzuheben. 

Lennon und Mani wollen zwar nicht gleich heiraten oder Kinder adoptieren. Das wäre auch heute für sie als schwules Paar nicht so einfach und selbstverständlich möglich. Bis heute werden Schwule, Lesben, Bisexuelle in vielen Ländern verurteilt oder sogar hingerichtet. Schwulsein ist deshalb ein Asylgrund in Deutschland.

Die Großstadt als Schutzraum

Die beiden Studenten leben gerne in München. Hier finden sie im Glockenbachviertel eine Gay-Szene mit Bars, Geschäften und Menschen, die sie verstehen, und in der sie sich sicher fühlen. Lennon und Mani sind glücklich, dass sie den Richtigen, einen ganz besonderen Menschen, gefunden haben.

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Hintergrund

Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2020:


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