Dr. Jan Gerit Brandenburg, Chemiker Vom Gecko bis zur Aspirintablette: Grundlagenforschung entwickelt industriell relevante Methoden
Van der Waals Kräfte bewirken, dass ein Gecko an der Wand haften bleibt. Wie können diese quantenmechanische Effekte für medizinische Zwecke genutzt werden?
Ein Gecko könnte sich ohne quantenmechanische Effekte an einer Glaswand nicht halten und Aspirin könnte nicht als Tablette hergestellt werden; die einzelnen Aspirinmoleküle 'haften' aneinander wie der Gecko an der Wand. Dieses aneinander 'haften' wird van der Waals Kraft genannt und entsteht dadurch, dass sich Elektronen korreliert bewegen.
Die konkrete Form dieser Wechselwirkung kann drastische Effekte auf industrielle Produktionen haben. 1998 wurde ein anti-virales (HIV) Medikament Ritonavir von einem renommierten Pharmaunternehmen hergestellt und als Tablette an Patienten gegeben. Zwei Jahre später hat die Wirksamkeit des Medikaments signifikant abgenommen. Das Problem konnte auf eine veränderte Stapelung der einzelnen Moleküle in der Tablette zurückgeführt werden, es hat sich ein anderes sogenanntes Polymorph gebildet. Somit musste der gesamte Herstellungsprozess neu erarbeitet werden, was dem Konzern finanziell und in Reputation schadete.
Jan Gerit Brandenburgs möchte eine Annäherungen zur Lösung der Schrödingergleichung entwickeln und diese Erkenntnisse dann in Computerprogrammen implementieren. Erwin Schrödinger erhielt 1933 für seine Entdeckungen den Physik Nobelpreis. Im Fokus von Jan Gerit Brandenburgs Forschungsarbeit steht, die van der Waals Wechselwirkung in möglichst kurzer Rechenzeit zu bestimmen. Seine Computersimulationen finden breite Anwendung in der Verifizierung und Vorhersage von Materialeigenschaften. Zum Beispiel können damit Ritonavir-Szenarien vorhergesagt werden, um unerwünschte Polymorphe zu vermeiden bzw. erwünschte Formen mit verbesserten Eigenschaften zu finden. Diese Grundlagenforschung, die auf dem Verständnis von physikalischen Phänomenen abzielt, hat sich somit in relevante Methoden weiterentwickelt und wird mittlerweile industriell getestet.
Jan Gerit Brandenburg, geboren 1987 in Aachen, studierte zunächst an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Physik. Nach seinen Diplom ging er 2012 an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn und promovierte im Jahr 2015. Seit Januar 2018 ist Dr. Brandenburg am Institut für Physikalische Chemie der Georg-August Universitat Göttingen tätig. Als Gastdozent arbeitete Dr. Brandenburg von 2016 bis 2018 am University College London im Forschungsprojekt "Molecular Crystal Structure Prediction". Davor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Center für Theoretische Chemie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und am Institut für Theoretische Physik sowie dem Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
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