11.-12.10. Jom Kippur Tag der Versöhnung
Der höchste Tag des jüdischen Kalenders kommt immer zehn Tage nach dem jüdischen Neujahrsfest: Jom Kippur, der Tag der Versöhnung.
Jom Kippur gilt zusammen mit dem Neujahrsfest Rosch Haschana als einer der beiden Hohen Feiertage im jüdischen Jahr. Das Versöhnungsfest ist kein eigentlicher „Feiertag“, sondern vielmehr ein Tag der Einkehr, des Fastens und des Gebets in der Synagoge. Jom Kippur ist in der jüdischen Tradition auch das Fest, an dem dem Einzelnen seine Sünden vergeben werden, wenn er Eigeninitiative ergreift und seinen eigenen Beitrag für eine bessere Welt leistet.
25 Stunden: Fasten ohne Unterbrechung
Das Fasten zu Jom Kippur ist allumfassend und bedeutet für diejenigen, welche die religiöse Tradition befolgen, einen ganze Nacht und den ganzen darauffolgenden Tag weder zu essen noch zu trinken. Nichts soll den Prozess der seelischen Katharsis aus der Ruhe bringen, nicht einmal der Genuss von Leitungswasser. Das Fasten beginnt noch vor dem Sonnenuntergang des Vorabends und dauert bis zum Einbruch der Nacht am folgenden Tag, somit in etwa 25 Stunden.
Jom Kippur-Gebote
Neben dem Fasten gelten besonders für religiös lebende Juden an Jom Kippur weitere Ge- bzw. Verbote. Nicht nur das Liebesleben weicht an dem Tag vollständig dem Gebet. Auch Baden, Rasieren oder Schminken – Handlungen, die am Tag der Versöhnung nur als Eitelkeiten des Alltags gelten – sind ebenso verboten wie das Autofahren. Außerdem ist es zu Jom Kippur Brauch, schlichte Schuhe und vor allem keine Lederschuhe zu tragen.
Natürlich gibt es Ausnahmen: Schwangere und kleine Kinder, aber auch Kranke sind vom Gebot des Fastens ausgenommen, da Gesundheit und Leben dem Gebot überwiegen. Vor dem Fasten wird eine große Mahlzeit eingenommen und dabei - wie zu Rosch Haschana - etwas Süßes verzehrt. Besonders beliebt ist ein Stück Honigkuchen, das die Hoffnung auf ein gutes Jahr symbolisiert. Ein solches wird der jüdischen Tradition gemäß erst durch ein gutes Bestreiten des Versöhnungstages möglich.
Zeit der Umkehr
Schon in den zehn Tagen der Umkehr,so heißt die Zeit zwischen dem jüdischen Neujahrsfest und Jom Kippur, wünschen sich Juden eine gute Einschreibung in das Buch des Lebens, hebräisch Gmar Chatima Towa. Gemeint ist das Urteil über jeden Einzelnen, das nach jüdischem Glauben an Jom Kippur durch Gott gefällt wird. Die Tage der Umkehr werden im Bild des überirdischen Gerichts eingefangen, das an Jom Kippur seine Tore schließt. Wer Tschuwa leistet, Reue und Umkehr, hat gute Chancen auf einen guten Ausgang. Zur Tschuwa gehört auch die Bereitschaft, sich mit Feinden zu versöhnen.
Bereits am Vorabend findet mit dem Beginn des Fastens ein langer Gottesdienst statt, der den Versöhnungstag einleitet. Die Gebete am darauffolgenden Haupttag zu Jom Kippur gehen vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Sie schließen mit dem Ne'ila-Gebet, dessen Name wortwörtlich auf das Schließen der himmlischen Tore hinweist. Daran erinnert auch ein zehn Tage nach dem Neujahrsfest nochmaliges und langes Erklingen des Schofars, des zum Neujahrsfest ertönten rituellen Widderhorns. Während des Gebets wird traditionell weiße Kleidung getragen, die mitunter symbolisch für jenseitige Bestimmung und Unschuld steht.
Nacht des Fastenbrechens
Der Abend nach dem Sonnenuntergang des Versöhnungstages hat den Charakter eines eigenständigen Festes. Nichts erinnert mehr an das Fasten, die Verbote des Jom Kippur-Tages gelten nicht mehr, zu Hause oder in der jüdischen Gemeinde vor Ort gibt es ein umso üppigeres Festessen. Nach zehn ernsten Tagen der Umkehr nimmt der Versöhnungstag mit dem Fastenbrechen eine feierliche Wende. Voll zur Geltung kommt nun der Aspekt des Neuanfangs im soeben begonnenen jüdischen Jahr.
Mit dem festlichen Fastenbrechen zu Jom Kippur beginnt auch schon die Vorfreude auf den bald anstehenden Feiertag. Nur noch fünf Tage: dann ist das jüdische Laubhüttenfest Sukkot.