Gedenkstätten Dokuzentrum Nürnberg
Die Manuskriptseiten in den Händen von Maximilian Wächter zittern. Er sitzt vor dem Studiomikrofon. Einige Radioprojekte des Bayerischen Rundfunks hat er bereits mitgemacht. Dennoch: "Ich bin schon ein bisschen aufgeregt", sagt der Zwölftklässler des Melanchthon-Gymnasiums in Nürnberg. Doch die Aufregung ist unbegründet: Gleich, nachdem er seinen Beitrag für den neuen Audioguide des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände eingesprochen hat, schallt ein Lob aus den Studiolautsprechern: "Gut gemacht."
Ein jugendlicher Zugang
Im Sommer 2009 haben sich 40 Schulklassen der Jahrgangsstufen acht bis zwölf für das Projekt "Audioguide Dokumentationszentrum Nürnberg" beworben. Die zehn ausgewählten Gruppen aus Nürnberg und Umgebung erkundeten ein Jahr lang die Dauerausstellung "Faszination und Gewalt", sammelten Tondokumente, führten Interviews und erstellten Manuskripte. Nachdem Historiker sie gegengelesen hatten, wurden diese Bausteine unter Anleitung von Mediencoaches des Bayerischen Rundfunks zu Beiträgen zusammengestellt, die zur Sprache und den Interessen von Jugendlichen passen.
Dabei sind 50 produzierte Beiträge entstanden. 20 davon sind auf dem Audioguide des Dokuzentrums zu hören. Eine Fachjury hat außerdem die besten Beiträge prämiert. Den Hauptpreis gewann das Paul-Pfinzing-Gymnasium in Hersbruck, von denen vier Beiträge in den Audioguide aufgenommen wurden. Den zweiten Preis teilten sich drei Schulen aus Forchheim, Hilpoltstein und Nürnberg.
Schluss mit drögen Texten
Initiiert hat das Projekt Hans-Christian Täubrich, der Chef des Dokumentationszentrums. Einen Großteil der Besucher machen Schulklassen, Jugendgruppen und junge Touristen aus. Doch diese Zielgruppe hatte immer wieder Verständnisprobleme und Zugangsschwierigkeiten, wenn sie durch das Museum läuft. Der alte Audioguide half da nicht gerade. Die Jugendlichen bekamen Texte aufs Ohr, deren Diktion und Erzählweise nicht gerade eingängig waren, gibt Täubrich zu. Er wollte den Jugendlichen die Gräueltaten des NS-Systems und seine Propaganda künftig anschaulicher vermitteln. Indem er die Schüler einen eigenen, einen emotionalen Zugang suchen und finden ließ, den sie mit ihren Beiträgen eigenverantwortlich umgesetzt haben.
Intensive Betreuung
"Du sollst nicht langweilen!" Diesen Satz hat Max Ackermann, der das Projekt leitet und selbst fünf Klassen betreut, an sämtliche Schultafeln geschrieben. Und die Fakten müssen stimmen. Deshalb war das Projekt sehr betreuungsintensiv, sagt der Kultur- und Medienwissenschaftler, der seit 1990 beim Bayerischen Rundfunk arbeitet. Jede Gruppe hatte an ihrer Schule zwei Betreuungslehrer. Historiker halfen dabei, dass sich keine Fehler einschleichen. Fünf Mediencoaches vermittelten das grundlegende journalistische Handwerkszeug. Und das Studio Franken stellte in Nürnberg seine Studios samt Techniker zur Verfügung. Für den Bayerischen Rundfunk sei die Zusammenarbeit keine Frage sondern Ehrensache gewesen, sagte Martin Wagner, der Leiter des Studio Franken in Nürnberg. Unterstützt wurde das Projekt außerdem von der Stadt Nürnberg, der Landeszentrale für Nichtstaatliche Museen und der Abteilung Bildungsprojekte des Bayerischen Rundfunks.
Die Idee weitertragen
"Das war eine super Chance, einen eigenen Beitrag im Studio produzieren zu dürfen, mit professioneller Hilfe", sagt die 17-jährige Alisa Gschaidmeier. Sie konnte während des Projektes in ein mögliches Berufsfeld reinschnuppern und lernte, wie man Radio macht. Max Ackermann nennt das Ganze ein Pilotprojekt, das Vorbild für weitere deutsche Museen sein kann. So sieht es auch Hans-Christian Täubrich, der Chef des Nürnberger Dokumentationszentrums. Er möchte die Idee weitertragen, sie Kollegen schmackhaft machen und das Projekt im Internet anpreisen. Die einzelnen Beiträge werden deshalb nicht nur aus dem Audioguide schallen, sondern auch im Internet als Podcast zu haben sein.