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Nach dem Brexit-Votum EU sucht Ausweg aus dem Schock

Es ist ein Schock für die EU. Klar, die Umfragen waren knapp, aber in Brüssel hat man sich gestern früh doch ganz schön die Augen gerieben! Wie soll es jetzt weitergehen mit der EU? Ist das jetzt der Anfang vom Ende oder ein Neuanfang?

Von: Holger Romann

Stand: 24.06.2016 |Bildnachweis

Mann mit Europaflagge nach dem Brexitvotum | Bild: Reuters (RNSP)

Mit düsterer Miene sprach Außenminister Frank-Walter Steinmeier aus, was viele überzeugte Europäer empfinden: In den 27 Partnerländern Großbritanniens herrschen seit dem Schock von gestern früh Enttäuschung und Fassungslosigkeit.

"Mit Großbritannien geht mehr als nur ein Mitgliedsstaat. Es geht Geschichte, Tradition und Erfahrung eines Landes, das die Europäische Union über Jahrzehnte mit geprägt hat. Deshalb ist das ein tiefer Einschnitt."

Frank-Walter Steinmeier, Deutscher Außenminister

Dass nach über vierzig Jahren EU-Mitgliedschaft tatsächlich eine Mehrheit der Briten für den Austritt stimmt, hatten trotz knapper Umfragen die Wenigsten erwartet. Hörbar überrascht auch Jean-Claude Juncker, der sturmerprobte Chef der EU-Kommission:

"Wir bedauern diese Entscheidung. Ich bin persönlich sehr traurig darüber, aber natürlich müssen wir sie respektieren."

Jean-Claude Juncker, Chef der EU-Kommission

Schalter schon im Krisenmodus

Was aus dem Votum folgt, für die Rest-EU, aber auch für die abtrünnigen Briten, das ist derweil völlig offen. Fest steht nur: Viel Zeit zu trauern bleibt den Brexit-Opfern nicht. Denn Brüssel hat den Schalter bereits auf Krisenmodus umgelegt. Es gilt, zumindest einen groben Fahrplan zu skizzieren für ein Verfahren, das für alle Beteiligten Neuland ist. Noch nie seit ihrer Gründung hat ein Land der EU den Rücken gekehrt. Und die Verlassenen wollen um jeden Preis verhindern, dass das Beispiel Schule macht:

"Es ist ein historischer Moment. Aber hysterische Reaktionen sind fehl am Platz. Jeder kann sicher sein, dass wir auf dieses Negativszenario vorbereitet sind."

Donald Tusk, EU-Ratspräsident

Alles unter Kontrolle, lautet die Botschaft, die ein bisschen nach Pfeifen im Walde klingt. Laut Tusk sind die übrigen 27 entschlossen, beieinander zu bleiben und ihre Einheit zu vertiefen.

Wie geht's jetzt weiter?

Beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs am kommenden Dienstag, will man in informeller Runde – ohne Premier Cameron – über die gemeinsame Zukunft beraten. Es gehe darum, so Österreichs Außenminister Kurz, aus diesem Weckruf auch Konsequenzen zu ziehen:

"Man sollte eine Diskussion ohne Tabus starten. Ich glaube, dass das, was wir in Großbritannien erlebt haben, ein Erdbeben für ganz Europa ist, und insbesondere sollten wir jetzt alle daran arbeiten, Europa zu verbessern."

Sebastian Kurz, Österreichischer Außenminister (ÖVP)

Jugendarbeitslosigkeit, Innere Sicherheit, die Flüchtlingskrise – nur einige Probleme, mit denen Europa seit Monaten, wenn nicht Jahren kämpft, und bei denen eine Verbesserung dringend nottäte. Auch im Sinne einer größeren Akzeptanz bei den Bürgern. Mit dem Brexit ist nun eine weitere Baustelle hinzugekommen. Eine, die die EU-Spitzen – trotz Trennungsschmerz –zügig angehen wollen. In einer gemeinsamen Erklärung haben Juncker, Tusk und Parlamentspräsident Schulz die Regierung in London aufgefordert, die nötigen Schritte einzuleiten - "so schnell wie möglich".

Cameron will noch nicht

Ganz so eilig hat es der Adressat der Bitte freilich nicht. Gemäß Artikel 50 des Lissabon-Vertrags müsste Premier Cameron die Partner eigentlich als nächstes offiziell über den Austrittswunsch seines Landes informieren. Damit würde die Zwei-Jahres-Frist für die schwierigen Trennungsverhandlungen beginnen. Beim Gipfel am Dienstag wäre dafür Gelegenheit. Doch Cameron scheint dazu nicht bereit, sondern will dies seinem Nachfolger überlassen, der das Amt im Oktober übernehmen soll. Für die gestressten Krisenmanager der EU ein zusätzliches Hindernis.







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Max Kneidl, Samstag, 25.Juni 2016, 08:08 Uhr

3. EU

Wahrscheinlich wird man nun noch mehr Politiker für die EU brauchen. Leute wie Oettinger brauchen schließlich Versorgungsposten vom Feinsten.

  • Antwort von Nachdenker, Samstag, 25.Juni, 11:18 Uhr anzeigen

dildoldi, Samstag, 25.Juni 2016, 07:47 Uhr

2. Brexit

Jetzt macht halt nicht so einen Zirkus ! Vielleicht kommt man ja endlich drauf, dass diese nicht - demokratisch Bürokratenversammlung in Brüssel, die alles und jedes meint regeln zu müssen, nicht von den Bürgern, sondern nur von den Politdarstellern der EU gewollt ist. Dann kehrt man halt zu den Zuständen der alten EWG zurück, dann muss ich halt bei Grenzübertritt wieder einen Ausweis vorzeigen, na und ? Oder meint man, dass dann sofort Belgien Albanien den Krieg erklärt, oder was ? Diese EU, so wie sie sich aktuell präsentiert, braucht kein Mensch, es geht auch ohne sie, und zwar garantiert nicht schlechter !

MfG

  • Antwort von Sebastian, Samstag, 25.Juni, 08:43 Uhr anzeigen

G.W., Samstag, 25.Juni 2016, 07:14 Uhr

1. gabriele_...@arcor.de

Was denn für ein Schock?

Man hat damit rechnen müssen !
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  • Antwort von wm, Samstag, 25.Juni, 08:40 Uhr anzeigen

  • Antwort von G.W., Samstag, 25.Juni, 10:58 Uhr anzeigen

  • Antwort von wm, Samstag, 25.Juni, 13:23 Uhr anzeigen