Gipfel nach Brexit-Votum Einig ohne Briten, aber kein klarer Plan
Knapp eine Woche nach Großbritanniens Brexit-Votum haben die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel in Brüssel ohne David Cameron Einigkeit demonstriert. Klare Zukunftsentscheidungen wurden allerdings nicht gefällt.
"Sie sind entschlossen, zu 27 gemeinsam und vereint zu bleiben."
Donald Tusk, EU-Ratspräsident und -Gipfelchef
Das sagte Tusk nach dem informellen Spitzentreffen in Brüssel ohne Großbritanniens Premier David Cameron. Sowohl die Zukunft der EU als auch ihre künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich bleiben nach der erstmaligen Zusammenkunft im neuen Format jedoch offen. Was den 27er-Klub eint, ist die Wut auf Cameron, der die größte Krise der EU-Geschichte ausgelöst hat.
Kein grundlegende EU-Reform
Bei dem zweitägigen Gipfel, an dem Cameron am zweiten Tag nicht mehr teilnahm, löste der drohende Brexit unter den EU-Chefs eine breite Debatte darüber aus, wie die vielerorts unpopuläre Europäische Union künftig besser gestaltet werden kann. Sie sprachen sich für eine Reform der EU, aber keine grundlegende und ohne komplizierte Vertragsänderungen.
Belgien fordert EU der zwei Geschwindigkeiten
"Eine Gruppe von Ländern, die schneller vorangehen will, muss die Möglichkeit haben, dies zu tun, ohne von anderen gehindert zu werden." Belgiens Premier Charles Michel
So etwas erlaubt der EU-Vertrag bereits jetzt. Für ein bestimmtes Vorhaben - wie beispielsweise die europäische Finanzsteuer - reicht die Unterstützung von neun Staaten. Bisher wird das Verfahren aber selten genutzt.
Spaltung zwischen alten und neuen Mitgliedern vermeiden
Wir brauchen jetzt umso mehr ein geeintes Europa, da Großbritannien gespalten ist, sagte der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel. Vermieden werden sollen Spaltungen zwischen alten und neueren Mitgliedsstaaten, vor allem in Osteuropa. Es sind nicht nur die britischen Wähler, die Zweifel an der europäischen Zusammenarbeit haben. Es gibt in vielen anderen EU-Ländern Skepsis, warnte der niederländische Ministerpräsident Rutte.
Keine Vorverhandlungen vor Austritt
Die neue EU27 wird sich aber auch beraten, wie sie in den künftigen Austrittsverhandlungen mit Großbritannien umgehen will. Die können frühestens im September beginnen, wenn es einen neuen britischen Premierminister gibt. Bis dahin werde es keine Vorverhandlungen geben, sagte der luxemburgische Premierminister Bettel. Denn sonst würde die britische Regierung erst alles ausverhandeln wollen bevor sie offiziell den Austritt erklärt.
Die spannende Frage ist, was die EU den Briten zugestehen wird. Die britische Regierung will unbedingt weiterhin freien Zugang zum europäischen Binnenmarkt, weil das wichtig für ihre Wirtschaft ist. Großbritannien verkauft die Hälfte seiner Produkte in die EU und importiert nahezu ebenso viel aus der Europäischen Union. Die Briten wollen allerdings verhindern, dass EU-Bürger künftig unbegrenzt als Arbeitnehmer nach Großbritannien kommen.
Gut zwei Millionen EU-Ausländer arbeiten in Großbritannien, mehr als 750.000 davon sind Polen. Freier Zugang zum Binnenmarkt "ja", Freizügigkeit "nein"? Damit sind die 27 Staats- und Regierungschef nicht einverstanden. Bundeskanzlerin Merkel sagte, es gebe eine tiefe wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Wirtschaften der 17 Mitgliedstaaten und Großbritannien.
"Dem müssen wir natürlich auch Rechnung tragen und fragen, was sind unsere Interessen in diesem Zusammenhang. Und deshalb kann man heute noch nicht voraussagen, wie genau diese Beziehungen aussehen."
Bundeskanzlerin Angela Merkel
Sturgeon: kein einfacher Weg für Schottland
Und dann war da noch ein interessanter Gast in Brüssel: Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon fühlte sich nach eigenen Angaben von Gesprächen mit Spitzenvertretern der EU am Rande des Brüsseler Gipfels "ermutigt". Dass es die Bereitschaft gegeben habe ihr zuzuhören, habe ihr Mut gemacht, sagte Sturgeon. Allerdings bedeute das natürlich nicht, dass es nach dem Brexit-Votum der Briten für Schottland einen "automatischen leichten Weg" zum Verbleib in der EU gebe. Sturgeon äußerte sich auf einer abschließenden Pressekonferenz, nachdem sie unter anderem Gespräche mit Juncker und dem Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), geführt hatte. Die Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP) fügte hinzu, sie werde sich weiterhin für Schottlands Interessen einsetzen.
Tritt Großbritannien aus der EU aus, würde Schottland ebenfalls heraus fallen. Denn das Vereinigte Königreich war 1973 als Gesamtpaket der EU beigetreten. Schottland müsste also aus Großbritannien austreten und sich danach als einzelnes Land um einen EU-Beitritt bewerben. Ein Prozess, der Jahre dauern könnte. Das Brexit-Referendum: Es reißt viele Löcher auf - in Großbritannien aber auch in der EU.
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Seelaub, Mittwoch, 29.Juni 2016, 14:23 Uhr
3. Brexit
Den Austritt Großbritanniens haben wir ausschließlich der Flüchtlingpolitik und Sturheit unserer Kanzlerin Frau Merkel zu verdanken. Ihre Willkommenspolitik in Europa und vor allen ihre Sturheit daran festzuhalten hat sämtlioche europäische Staaten gespalten und würde einen Exit derzeit auch in anderen Ländern ermöglichen. Demokratie hätte anders ausgesehen und Frau Merkel wäre gut beraten gewesen sich vorab mit unseren europäischen Partnern abzustimmen. Leider hat unter den Ja- Sagern der CDU und SPD keiner den Mut gehabt, öffentlich zu widersprechen ! Es muß eine harte Flüchtlings- und Sicherheitspolitik aller EU Statten verabschiedet werden, selbst wenn dies menschlich für Flüchtlinge eine Tragödie ist. Zuerst muß das Haus Europa wieder mit festen Fundamenten stehen, dann können wir uns auch gestärkt positiv in der Weltpolitik einbringen. Allerdings befürchte ich, dass unsere Politiker zu weit von der Realität entfernt sind und die Sorgen und Nöte der Bürger nicht mehr verstehen.
Antwort von Honk, Mittwoch, 29.Juni, 18:31 Uhr anzeigen
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen sehe ich genauso guter Kommentar Seelaub !!
Antwort von Truderinger, Mittwoch, 29.Juni, 18:49 Uhr anzeigen
Gott sei Dank gibt es auch besonnene und nicht nur besorgte Bürger - und zwar in haushoher Überzahl
Francesco, Mittwoch, 29.Juni 2016, 14:22 Uhr
2. Abtreten.....
.... lieber Herr Juncker !!! Mit selbstherrlichen, alters-starrsinnigen Politikern, wie Ihnen, kann das so wichtige "Neu Europa" nicht gebaut werden. Das alte wird früher oder später platzen.
Antwort von xaver, Mittwoch, 29.Juni, 19:22 Uhr anzeigen
@Francesco
an anderer Stelle habe ich schon bemerkt,Blatter von der FIFA und Junkers,das ist eines ,oder?
Antwort von Francesco, Mittwoch, 29.Juni, 20:44 Uhr anzeigen
@ Xaver
Da fallen mir auch noch viel mehr ein....:-))). Allerdings bereichern die sich nur und vernichten keine EU....
Eurokratistan, Mittwoch, 29.Juni 2016, 13:50 Uhr
1.
Dem neoliberalen Lobbyisten, Steuernschleppers und Antidemokraten Juncker ist nicht über den Weg zu trauen.