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Flucht und Recht (4) Statusfragen

Flüchtet ein Mensch aus seinem Land nach Deutschland und stellt einen Asylantrag, läuft eine ganze Maschinerie an: Er wird erkennungsdienstlich erfasst, einer Erstaufnahmeeinrichtung zugewiesen und dann zu einer Anhörung geladen, die über sein Schicksal mitentscheidet. Allerdings wird nur den wenigsten Flüchtlingen Asyl im "klassischen Sinn" gewährt. Denn es gibt noch andere Möglichkeiten, nach denen sie legal in Deutschland bleiben dürfen.

Von: Laura Grun

Stand: 05.09.2015 | Archiv

Illustration: Flüchtlinge vor Kartenausschnitt, Symbol: Asylantrag | Bild: BR

Im Grundgesetz, Artikel 16a, Absatz 1, heißt es: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht". Darauf kann sich aber nur der berufen, der nicht über einen Mitgliedstaat der EU, einen sogenannten "sicheren Drittstaat" oder über Norwegen und die Schweiz eingereist ist. Für Deutschland ergibt sich daher eine besondere Situation: 

"Das sind höchstens zwei Prozent schlicht und einfach deshalb, weil wir ja von sicheren Drittstaaten umgeben sind. Damit kommt nur noch der, der hier rein schwimmt, rein fliegt zum 16a."

Hubert Heinhold, Anwalt für Asylrecht

Neben dem klassischen Recht auf Asyl durch das Grundgesetz gibt es den Flüchtlingsschutz:

"Ein Ausländer ist Flüchtling, [...] wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe […] außerhalb des Landes (Herkunftslandes) befindet [...]."

§3 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz

Jeder Flüchtling hat Rechte

Die Rechte eines Flüchtlings sind beim klassischen Asyl und dem Flüchtlingsschutz gleich. Drei Jahre darf er in Deutschland bleiben. Grundsätzlich stehen ihm auch Sozialleistungen zu. Etwa Grundsicherung für Arbeitssuchende oder Sozialhilfe für nicht Erwerbsfähige. Nach drei Monaten hat er einen uneingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Das bedeutet, dass er jede Arbeit annehmen kann und keine Arbeitserlaubnis beantragen muss. Außerdem darf er an Integrationsmaßnahmen wie zum Beispiel einem Sprachkurs teilnehmen.

Prüfung nach drei Jahren

Nach den drei Jahren wird geprüft, ob die Gründe der Flucht noch aktuell sind. Besteht der Krieg im Heimatland beispielsweise fort, kann die Ausländerbehörde eine sog. „Niederlassungserlaubnis“ erteilen. Das heißt: Der Flüchtling darf unbefristet in Deutschland bleiben. Doch was, wenn der Rest der Familie noch im Ausland lebt? Im Falle von Asyl oder Flüchtlingsschutz hat er auch leichter die Möglichkeit die Familie nach Deutschland nachzuholen. Im Jahr 2015 wurden bisher knapp 196.000 Erstanträge beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt.  Zum Vergleich: im vergangenen Jahr waren es nur rund 84.000 Anträge.

"Daneben gibt es den sogenannten subsidiären internationalen Schutz das ist im §4 des Asylverfahrensgesetz geregelt, das ist dann, wenn ich eine menschenrechtswidrige Verfolgung zu befürchten habe, die nicht auf politischen religiösen und sonstigen Gründen erfolgt. Wenn ich schlicht und einfach menschenrechtswidrig behandelt werde. Beispiel: Folter, zur Aussagenerpressung."

Hubert Heinhold

"Subsidiärer" Schutz mit langfristiger Perspektive

Der Asylbewerber mit subsidiärem Schutz darf sich für ein Jahr in Deutschland aufhalten. Bei Bedarf wird der Aufenthalt verlängert. Lebt er bereits seit sieben Jahren in Deutschland, bestreitet seinen Lebensunterhalt selbst und spricht ausreichend deutsch, dann darf er hier unbefristet bleiben. Der Zugang zum Arbeitsmarkt und der Anspruch auf eine Grundsicherung sind gleich zum klassischen Asyl und dem Flüchtlingsschutz. Anders sieht es aus, wenn der Asylbewerber von seiner Familie getrennt ist.

"Auch bei den sozialen Folgen ist der Flüchtlingsstatus weitaus besser. Auch beim Nachzug. Der Familiennachzug zum Flüchtling und zum Asylberechtigten findet statt. Zum subsidiär Schutzberechtigten nicht als privilegierter Nachzug. Das heißt, ich muss Wohnraum nachweisen und Lebensunterhaltsicherung nachweisen."

Hubert Heinhold

Wann ist Abschiebung verboten?

Wenn ein Flüchtling nicht abgeschoben werden darf: Kommen die ersten drei Möglichkeiten zum Schutz nicht in Betracht, prüft das Bundesamt ob sogenannte "nationale Abschiebungsverbote" greifen.

§60, Absatz 5 und 7 Aufenthaltsgesetz - Verbot der Abschiebung

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. (7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.

Bleiben darf die Person für ein Jahr, wobei auch hier eine Verlängerung möglich ist, die dazu führt, dass der Flüchtling nach sieben Jahren ebenso unbefristet in Deutschland wohnen darf. Die Rechte sind in diesem Fall jedoch schlechter. Aussicht auf Erfolg die Familie nach Deutschland zu holen besteht beim Abschiebungsverbot kaum.

Wenn der Antrag eines Flüchtlings abgelehnt wird

Im Falle, dass der Asylantrag eines Flüchtlings komplett abgelehnt wird, hat er rund 30 Tage Zeit in sein Heimatland zurückzureisen. Wird der Antrag jedoch als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt droht dem Flüchtling die Abschiebung binnen einer Woche. Zwei Wochen hat der Asylbewerber dann noch Zeit eine Klage beim Verwaltungsgericht einzureichen.

Letzte Chance: Duldung

Die letzte Chance in diesem Fall ist eine Duldung durch das jeweilige Bundesland zu erlangen. Wenn ein Flüchtling geduldet wird, hat er zwar noch Anspruch auf soziale Leistungen, ggf. auf eine Arbeitserlaubnis. An Integrationsmaßnahmen darf er jedoch nicht teilnehmen. Im Jahr 2015 wurden bis Mitte des Jahres knapp 52.000 Asylanträge abgelehnt.


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