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Hochwasserschutz Zurück zur Natur - die Isar in München

Lange Zeit hatte man sie in ein Korsett gezwängt, jetzt ist die Isar in München wieder wild: Renaturierung heißt das Zauberwort. Die Natur erhält den Fluss zurück, er wird tiefer und breiter. Das schützt vor Hochwasser - und hat noch ganz andere, angenehme Nebeneffekte.

Stand: 03.06.2016 | Archiv

Renaturierter Isar-Abschnitt in München | Bild: BR / Ernst Eisenbichler

Sogar Los Angeles hat sich vor ein paar Jahren für die Isar interessiert. Der LA River taugt zwar als Motiv für Hollywood-Filme, ist aber ansonsten ein unansehnlicher Betongraben. Das wollte die Stadtverwaltung der kalifornischen Metropole ändern - und nahm sich dabei den Isar-Abschnitt in Münchens Süden zum Vorbild.

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Auch der verlief auf den acht Kilometern zwischen Großhesseloher Brücke und Museumsinsel lange Zeit in einem begradigten Korsett. Doch das hat man in einen - mehr oder weniger - wilden Fluss zurückverwandelt. Das Gemeinschaftsprojekt "Isar-Plan" von Stadt und Freistaat hatte die Hochwasser als Geburtshelfer gar nicht nötig. Schon 1995 begann die Planung, 2000 die Arbeit, im August 2011 war sie abgeschlossen.

Tiefer gelegt und breiter gemacht

Stellenweise schon früher ein Wildfluss: Freizeitparadies Flaucher als Vorbild

Renaturierung hieß das Zauberwort. Dabei ist die attraktiver gewordene Isar-Landschaft eigentlich ein Nebeneffekt, den Münchner und Touristen aber gerne in Kauf nehmen. Priorität bei dem Programm hatte der Hochwasserschutz. Dazu vertiefte und verbreiterte man das Flussbett, damit bei einer Flut mehr Wasser abfließen kann: Zusätzlich 300 Kubikmeter pro Sekunde sind es nun.

Flache Ufer sorgen für mehr Kontakt zum Wasser

Bagger rückten an, um Tausende Tonnen Erdreich auszuheben, darunter befanden sich auch Unmengen von Kriegsschutt. Nach 1945 hatten die Münchner den Isar-Kies zum Wiederaufbau verwendet und stattdessen den Schutt der zerbombten Gebäude im Fluss entsorgt. Die früher steilen Betonböschungen ersetzte man jetzt durch flache Ufer. Terrassenartige Anlagen erleichtern nun den Kontakt zum Wasser. Zusätzlich erhöhte man leicht die Deiche.

Deich und Erholungswert gesichert

Pegelstände der Isar 1999 und 2005

Manche Deichabschnitte stellten sich jedoch als Problemzone heraus, wie Klaus Arzet, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes München, erläutert. Man hatte sie teilweise vor 80 Jahren angelegt. Der Knackpunkt: Man hatte sie auch mit Bäumen bepflanzt, obwohl diese auf Deichen eigentlich nichts zu suchen haben. Ihr Wurzelwerk kann die Stabilität gefährden und damit einen Dammbruch herbeiführen, etwa, wenn der Deich durch Flusswasser unterspült ist. Da die Bäume Spazierwege auf den Deichen säumen, wollte man sie den Münchnern aber nicht wegnehmen.

Dichtwände aus Erdbeton

Man wählte daher ein alternatives Sicherungsverfahren, eine patentierte Technik aus dem Tiefbau: Auf mehreren Hundert Metern zwischen Marienklausensteg und Thalkirchener Brücke zog man sogenannte Dichtwände aus Erdbeton zur Deichstabilisierung ein. Billig war diese Variante nicht: 1.300 Euro kostete der Meter, so Arzet.

Hochwasser 2005: Gelegenheit macht Flüsse

Hochwasser-Kontrolle am Isar-Oberlauf: Sylvensteinspeicher

Die Flussbett-Vergrößerung war aber nur ein Teil des Projektes, der andere die Renaturierung der Ufer- und Au-Bereiche. Dazu musste man nicht nur auf technische Hilfsmittel wie Bagger zurückgreifen, man ließ die Natur selbst ans Werk. Vor allem das große August-Hochwasser von 2005 kam den Wasserbau-Ingenieuren dabei gerade recht.

Freie Fahrt für die Isar

Die Isar durfte - kontrolliert - gewähren, ganze Uferstreifen abreißen und das Material an andere Stellen transportieren. So entstanden neue Schlingen und Schleifen, Kiesbänke und Seitenarme - Lieblingsplätze für kleine Fische. An den renaturierten Uferbereichen siedelten sich wieder Pflanzen, Wildkräuter und Käfer an, die vom Verschwinden bedroht waren.

Bund Naturschutz: Noch besser wird's bei Freising

Technischer und ökologischer Hochwasserschutz wurde mit dem Projekt "Neues Leben für die Isar" verbunden. Es sollte einem 200-jährigen Hochwasser standhalten, meint Arzet. Bei der Flut von 2005 habe es bereits seine erste Bewährungsprobe bestanden. Auch der Bund Naturschutz (BN) erteilte ihm gute Noten: "Im Rahmen des Machbaren sind die Maßnahmen in Ordnung. Innerhalb einer Stadt kann man ja nicht Deiche rückbauen", so Christine Margraf, Leiterin der BN-Fachabteilung München. Ein Paradebeispiel von Renaturierung werde in ihren Augen im Abschnitt Freising-Moosburg entstehen: nicht nur, weil dort keine neuen Befestigungen vorgesehen seien, sondern auch Deiche zurückverlegt würden.

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