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Kriegsende 1945 | Befreiung Bayerns (9) 1945 - (Un)Ordnung der ersten Nachkriegszeit

8. Mai 1945 - Kriegsende. Mit Nürnberg, München und dem Obersalzberg haben US-Truppen wichtige Nazi-Symbolorte besetzt. Kriegsende - für die Menschen in Würzburg, Augsburg oder Bad Reichenhall war dies aber auch das Ende der Tage und Nächte in Kellern und Bunkern. Erleichterung machte sich fast überall breit, aber auch unbeschreibliches Chaos. Nicht nur die Gebäude der Städte lagen in Trümmern, auch deren Infrastruktur war komplett zerstört.

Von: Ernst Eisenbichler

Stand: 07.04.2015 | Archiv

1945: Nachkriegszeit in Würzburg | Bild: picture-alliance/dpa

In großen Städten verschärfte sich die Notsituation durch Rückkehrer, die während des Kriegs Schutz auf dem Land oder in kleineren Orten gesucht hatten. So hatten in Sonthofen im Allgäu zeitweise 120.000 Menschen gelebt, dreimal so viel wie die Stadt damals Einwohner hatte. Die erste Herausforderung für die US-Besatzer bestand darin, das öffentliche Leben wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Zu diesem Zweck übertrug die US-Militärregierung dem jeweiligen US-Standort-Kommandanten die uneingeschränkte Befehlsgewalt.

Ausgangssperre

Von der Besatzungsmacht verfügte Ausgangsbeschränkung (zweisprachig, siehe großes Bild)

Eine der ersten Maßnahmen war der "curfew" - ein Wort, das den Deutschen schnell geläufig war. Der "Zapfenstreich" wurde von den Amerikanern von 18.00 Uhr abends bis 7.00 Uhr morgens verhängt. US-Patrouillen kontrollierten die Ausgangssperre streng. Wer ohne Passierschein angetroffen wurde, musste mit Festnahme rechnen. Auch durfte sich zunächst niemand ohne Ausnahmegenehmigung weiter als sechs Kilometer von seinem Wohnsitz entfernen.

Reiseerlaubnis für Zugfahrt

Für jede Fahrt brauchte man eine spezielle Erlaubnis ("permit"). Die Deutschen murrten zwar über die Einschränkungen, aber sie waren durch Kaiserreich und Hitler-Diktatur an Befehl und Gehorsam gewöhnt und bereiteten den Amerikanern keine größeren Probleme.

Kontaktsperre

Nach Aufhebung der anfänglichen Kontaktsperre: GI mit deutscher Freundin

"Die Amerikaner sind nicht nach Deutschland gekommen, um Kindermördern die Köpfe zu streicheln und SS-Verbrecher zu päppeln," schrieb die US-Soldatenzeitung "Stars and Stripes". Auch unter dem Eindruck der Befreiung der KZs und des damit verbundenen Beweises des millionenfachen Mordes durch die Nazis untersagte die Militärregierung ihren Soldaten in der ersten Nachkriegszeit strikt, mit Deutschen Kontakte zu knüpfen. Hielt sich ein GI nicht an dieses Gebot der "Non-Fraternization" (Nicht-Verbrüderung), musste er in der ersten Zeit mit drastischen Strafen rechnen.

US-Soldaten verteilen Süßigkeiten an Kinder.

Nach und nach lockerten die Amerikaner die scharfen Bestimmungen. So wurde im August 1945 das "Sprechverbot" aufgehoben. Ohnehin ließ sich die strenge Form der Kontaktsperre nicht aufrechterhalten. Die meisten Deutschen verhielten sich freundlich gegenüber den Besatzern, so dass sich fast automatisch Bande knüpften, auch zarte. Bald kam es zu Beziehungen zwischen GIs und deutschen "Fräuleins", die häufig auch einen simplen materiellen Hintergrund hatten: Nachdem deutsche Männer durch die Kriegsverluste Mangelware geworden waren, übernahm so mancher GI die Rolle des Ernährers. Die Besatzungssoldaten kamen aber nicht nur mit Schokolade im Gepäck. Es kam auch zu Übergriffen: Vergewaltigungen und Plünderungen waren keine Seltenheit. Zeitzeugen berichten von GIs mit Armbanduhren bis zur Schulter hinauf, die sie Deutschen abgenommen hatten.

Versorgungslage: katastrophal

Mai 1945: Viele Wohnungen waren ausgebombt, Nahrungsmittel, Brenn- und Treibstoff Mangelware. Wasser- und Stromversorgung lagen danieder. Es gab keine Feuerwehr, keine Banken und kein funktionierendes Verkehrssystem.


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