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Mann mit den vielen Leben Netzwerk der Totgesagten

Zunehmend zweifeln Szene-Beobachter am Tod des deutschen IS-Terroristen Denis Cuspert. Auch ein totgesagter Gotteskrieger aus Pforzheim soll noch am Leben sein. Offensichtlich spannt sich um die deutschen IS-Kämpfer ein ganzes Netzwerk. Es wird gelogen und rekrutiert. Eine Spur führt nach München.

Von: Joseph Röhmel

Stand: 18.11.2015 | Archiv

Die vielen Leben der Totgesagten | Bild: Denis Cuspert: Bild: Erasmus Monitor

Vor einigen Wochen gab es bereits die ersten Abgesänge auf den wohl bekanntesten deutschen IS-Terroristen Denis Cuspert. Jetzt folgt unter anderem der "Spiegel" einem Gerücht, das schon länger im Internet herumwabert: Der ehemalige Berliner Rapper Denis Cuspert alias Deso Dogg lebt offenbar doch – entgegen vieler Medienberichte und einer Todesmeldung des US-Pentagons. Der Bayerische Rundfunk hatte schon vor Wochen über die Zweifel berichtet.

Handy-Fotos von Munir Ibrahim

Cuspert ist längst kein Einzelfall. Wilde Gerüchte ranken sich um einzelne IS-Kämpfer aus Deutschland. Um sie herum spannen sich ganze Netzwerke. Ein Beispiel ist die Geschichte des bereits totgesagten Munir Ibrahim aus Pforzheim. Nach einem Bericht der "Stuttgarter Nachrichten" ist er offenbar quicklebendig. Im September soll er sich in der syrischen Oasenstadt Palmyra aufgehalten haben.

Die Zeitung beruft sich auf Handy-Fotos eines IS-Kämpfers, gefangen genommen von der Freien Syrischen Armee. Schon vor einigen Monaten hatte Munir Ibrahims vermeintliche Witwe behauptet, er sei ums Leben gekommen. Hat die Frau etwa gelogen? Ist alles nur Tarnung? Und warum wird der Fall ausgerechnet jetzt bekannt - so kurz nach den Pariser Anschlägen? Auch für Abdelhamid Abaaoud, mutmaßlicher Drahtzieher hinter dem Terrorakt, war der Tod die perfekte Tarnung für die Rückkehr nach Europa. Momentan wird viel spekuliert.

Um Munir Ibrahim soll sich ein ganzes Netzwerk spannen, den Sicherheitsbehörden bestens bekannt. Auch seine Frau gehört dazu. Sie konnte - zumindest in der Vergangenheit - Mädchen für den IS rekrutieren. Zu ihren "Opfern" zählt auch eine 16-Jährige aus München, mit der sie über das Internet kommunizierte. Inzwischen lebt die junge Frau aus München beim IS und hat offenbar auch geheiratet. Anfangs scheinbar glühende Anhängerin, will das Mädchen Gerüchten zufolge wieder nach Hause.

Telefonmitschnitt: ein möglicher Beweis

Geschichten wie die der jungen Münchnerin faszinieren und bewegen. Das Rekrutierungsnetzwerk des IS ist riesig. Hunderte junge Menschen aus Deutschland haben sich nach Syrien und in den Irak locken lassen. Frontmann war bisher der ehemalige Berliner Rapper Denis Cuspert alias Deso Dogg.

Die USA haben Cuspert auf eine Terrorliste gesetzt. In zahlreichen Videos ruft er zu Gewalt auf und droht mit islamistischen Anschlägen.

Inzwischen hat das US-Pentagon seinen Tod zwar bestätigt. Bisher fehlen aber aussagekräftige Beweise. Stattdessen tauchen immer wieder Meldungen auf, die zunehmend daran glauben lassen, dass Cuspert noch lebt. Deutsche Sicherheitskreise halten sich auf BR-Anfrage zurück, wollen weder etwas bestätigen noch dementieren. Auch das deutet darauf hin, dass die Todesmeldung vorschnell geäußert wurde. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks sind die Zweifel groß.

Immer wieder tauchen neue Geschichten auf: Neuerdings gibt es Berichte, nach denen ein Telefonmittschnitt vom 16. Oktober existiert. Sicherheitsbehörden sollen den Mitschnitt abgefangen haben. Cuspert sei als Sprecher identifiziert worden, heißt es.  

Genau an jenem 16. Oktober soll Cuspert bei Luftschlägen in der syrischen Region Tabkah unweit von Al-Rakka getroffen und getötet worden sein.

Der Blog Erasmus Monitor, der die dschihadistische Szene intensiv beobachtet und als gut informiert gilt, berichtet aber, Cuspert seit laut Quellen lediglich schwer verletzt worden. Mehrere IS-Anhänger hätten auf Anfrage des Blogs dementiert, der frühere Berliner Rapper sei bei dem Luftangriff ums Leben gekommen. Cuspert, auch Abu Talha Al-Almani genannt, habe schwerste Verletzungen davon getragen. Er liege im Koma. Unbekannt sei sein aktueller Zustand.      

Hat sich das Pentagon getäuscht?

Für weitere Aufmerksamkeit sorgte dann ein Tweet, Anfang November abgesetzt vom bekannten Propagandakanal "Al-Mourabitoun Media":

"An alle Geschwister, die uns wegen Abu Talha Al-Almani fragten, wir bestätigen, dass er lebt. Alhamdulilah."

Quelle: Erasmus Monitor

Alles IS-Propaganda? Psychologische Kriegsführung übers Internet? Möglich. Allerdings: Zu Cusperts engstem Umfeld in Syrien zählt unter anderem der österreichische Dschihadist Mohammed Mahmoud. Er gilt als Spiritus Rector des Islamisten. Er hat sich noch nicht geäußert. Auch deshalb bleibt unklar, ob die Nachricht vom Ableben Cusperts wirklich zutrifft. Schon mehrere Male hatten sich US-Geheimdienste bei der Bestätigung von Todesfällen ranghoher IS-Kämpfer geirrt.


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