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Liesl Karlstadt Schwere Krise

Stand: 31.05.2004 | Archiv

Liesl Karlstadt (undatierte Aufnahme) | Bild: SZ Photo

Mit Valentin kamen die großen Erfolge für Karlstadt, aber auch die Schattenseiten, die an der Seite eines egozentrischen Hypochonders vielleicht auch nicht ausbleiben konnten. Valentin brachte zwar Geniestreiche mit, aber auch fürchterliche Marotten. So war das für einen Künstler übliche Lampenfieber bei ihm zu einem regelrechten Angstkomplex ausgewachsen. Vor den Auftritten terrorisierte er Karlstadt damit, dass er den Text angeblich vergessen habe und die Vorstellung aufgrund seines Asthmas nicht überleben würde.

Karlstadt musste vor den Auftritten mindestens eine halbe Stunde Motivationsarbeit leisten, um den Abend zu retten - und während der Vorstellung ihm ganze Textpassagen soufflieren.

Geld in den Sand gesetzt

Karlstadt spielte nicht nur in den Rollen den Widerpart zu Valentin, sondern ertrug auch im wirklichen Leben oft genug dessen Übellaunigkeiten. Immer häufiger litt die nach außen hin Lebenslustige an Depressionen. Zudem scheint sie aufgrund psychologischer Disposition - wie ihre Biografin Gunna Wendt meint - dazu geneigt zu haben, Belastungen im Übermaß auf sich zu nehmen. Vielleicht ließ sie sich auch deshalb von Valentin dazu überreden, praktisch ihre gesamten Ersparnisse in dessen Panoptikum-Projekt zu investieren. Doch bekanntlich scheiterte das Gruselkabinett Mitte der 1930er-Jahre.

Selbstmordversuch

Für Karlstadt wurde es damit erst so richtig gruselig - vor allem am 6. April 1935: Ohne Geld und in schwerer psychologischer Krise sah sie keinen anderen Ausweg mehr, als sich in die Isar zu stürzen. Nach ihrer Rettung kam sie in eine Münchner psychiatrische Klinik, wo eine manisch-depressive Psychose diagnostiziert wurde. Konkrete Gründe für ihren Suizidversuch konnte sie nicht angeben, laut Krankenakte sprach sie von monatelangen schweren Seelenkämpfen. Es kursiert auch die Theorie, Auslöser sei eine unglückliche Liebesbeziehung zu Valentin gewesen, doch ist bis heute unklar, ob die beiden tatsächlich eine Affäre miteinander hatten. Generell ist über Karlstadts Liebesleben wenig bekannt. Verheiratet war sie nie.

Zwei Jahre verbrachte sie in der Klinik. Von 1937 bis 1939 trat sie wieder mit Valentin auf. Ihre Gesundheit war inzwischen allerdings so instabil, dass sich Valentin einen Ersatz für sie suchte. Im September 1940 gab es noch einmal einen gemeinsamen Auftritt, bevor sich ihre Wege trennten. Doch trotz aller zwischenmenschlicher Probleme blieb Karlstadt immer eine Bewunderin ihres genialen Mentors. Beide standen bis zum Tod Valentins in Briefkontakt.

Erholung in den Alpen als "Obergefreiter Gustav"

Danach folgte ein ziemlich kurioses Intermezzo in Karlstadts Leben. 1941 verbrachte sie ihre Ferien im tirolerischen Ehrwald am Fuß der Zugspitze. Während einer Bergwanderung begegnete sie einem Wehrmachtsoffizier der Gebirgsjäger. Da dieser sie sofort an ihrer Stimme erkannte, lud er sie auf die Ehrwalder Alm ein, wo eine Maultier-Einheit stationiert war.

Liesl Karlstadt als "Obergefreiter Gustav"

Karlstadt fühlte sich dort auf Anhieb wohl und zeigte Interesse und Talent im Umgang mit den Mulis. Aus der Stippvisite wurde ein zweijähriger Aufenthalt in den Bergen. Um ihrem Tierpfleger-Job einen offiziellen Anstrich zu geben, ließ sie der Kompaniechef als "Obergefreiter Gustav" in die Armee "eintreten".

Der Deal war selbstverständlich eigentlich verboten, flog aber auch nie auf - nicht zuletzt wegen Karlstadts androgynen Touch'. "Gustav" brachte es sogar bis zum Stabsgefreiten. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ihre Wehrmachts-"Zugehörigkeit" darf nicht als politische Anbiederung an die Nazis verstanden werden. Die zwei Jahre in den Bergen ließen sie schlicht und einfach wieder gesundheitlich genesen.


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