Nürnberg Rechte Szene in Mittelfranken unterschätzt
Zwei Jahre nach Aufdeckung der NSU-Morde sei die rechte Szene weiterhin besonders in Mittelfranken aktiv, sagen Experten. Die Szene werde unterschätzt. Auch die Sicherheitsbehörden seien dafür verantwortlich.
Problematisch in den Augen der Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair ist, dass demokratische Gegenbewegungen gezielt verhindert werden, wenn rechte Aktivitäten zu spät an die Öffentlichkeit gelangen.
Öffentlichkeit erst im Nachhinein informiert
Im Oktober hatten sich rund 1.000 Neonazis zu einem Rechtsrock-Konzert in Scheinfeld (Lkr. Neustadt an der Aisch/Bad Windsheim) versammelt. In Veitsbronn bei Fürth trat der ehemalige Sänger der verbotenen Gruppe "Landser" in privaten Räumen auf. Die Behörden hätten die Öffentlichkeit über die Veranstaltungen erst im Nachhinein informiert, kritisiert Mair, die Diplom-Sozialwirtin, die das Nürnberger Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) leitet: "Das ist der falsche Weg. Das ist Nazi-Förderung erster Klasse."
"Von Neonazis organisierte Veranstaltungen kommen erst im Nachhinein, eher zufällig, ans Licht. Nach Anschlägen kommt es selten zu Verhaftungen."
Birgit Mair, Rechtsextremismus-Expertin
Angst vor Auseinandersetzungen
Das bayerische Innenministerium weist die Kritik zurück. "Oft ist es so, dass etwa rechtsextremistische Konzerte heimlich vorbereitet werden, um ein Einschreiten der Sicherheitsbehörden zu verhindern", so Behörden-Sprecher Rainer Hutka. Im Fall einer sehr kurzfristigen Information der Öffentlichkeit könne es außerdem zu "nicht steuerbaren Auseinandersetzungen" zwischen beiden Lagern kommen.
Sicherheitsbehörden zu Neutralität verpflichtet
Hutka äußerte außerdem juristische Bedenken, weil Sicherheitsbehörden nicht zu Gegenveranstaltungen aufrufen dürften und zu Neutralität verpflichtet seien. Auf dem Internetportal "Bayern gegen Rechtsextremismus" biete der Freistaat speziell für Kommunen Tipps zum Umgang mit geplanten rechtsextremistischen Veranstaltungen.
Kritik am Vorgehen der Behörden
Nach Mairs Recherchen ist die rechte Szene derzeit in Franken besonders aktiv. Unverständlich ist ihr, "weshalb die Behörden da nicht einschreiten." Laut Bayerischen Innenministerium wird aber dies konsequent und sogar mit zusätzlichem Personal getan. Im Juli waren etwa Wohnungen und Arbeitsstätten führender Rechtsextremisten in Bayern durchsucht worden. Anlass sei ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen das bayerische Neonazi-Netzwerk "Freies Netz Süd" gewesen. "Wenn es das Material hergibt, wird das Innenministerium das 'Freie Netz Süd' verbieten", sagte Hutka.
Ausstellung zu NSU-Opfern
Rechtsextremismus-Expertin Mair eröffnete am Freitag (08.11.13) im Nürnberger Gewerkschaftshaus die Wanderausstellung "Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen", die von ihrem Institut erarbeitet wurde. "Die größte Herausforderung war, die Dinge auf den Tafeln so zu formulieren, dass man auf der einen Seite niemanden vorverurteilt und auf der anderen Seite keine Ergebnisse des NSU-Prozesses vorwegnimmt", sagte Mair. Die Ausstellung ist bis zum 22. November in Nürnberg zu sehen.