NSU-Prozess

Die NSU-Terrorzelle

NSU-Prozess Die NSU-Terrorzelle

Stand: 19.04.2014

Die mutmaßlichen Mitglieder der NSU, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt, aufgenommen vermutlich 2004 | Bild: picture-alliance/dpa, Montage: BR

Die Neonazis Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe waren was Ermittler lange für unmöglich hielten: Eine rechtsextreme Terrorzelle - der "Nationalsozialistische Untergrund". Nur diese Drei? Rund um die Zelle gibt es noch Fragezeichen.

26. Januar 1998. In einer Garage in Jena findet die Polizei Rohrbomben und Sprengstoff. Die als Bombenbauer gesuchten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe entziehen sich der Verhaftung und tauchen ab. Mehr als dreizehn Jahre später - am 4. November 2011 - werden Böhnhardt und Mundlos nach einem Raubüberfall in Eisenach von der Polizei gestellt. Sie nehmen sich das Leben. In ihrem Wohnmobil wird die Waffe der 2007 erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter gefunden. Wenige Stunden später fliegt in Zwickau eine Wohnung in die Luft. Im Brandschutt entdecken die Ermittler zahlreiche Schusswaffen, darunter auch eine Pistole vom Typ Ceska 83. Gesucht wird eine junge Frau, die in der Wohnung zuletzt lebte. Am 8. November 2011 stellt sich Zschäpe der Polizei.

NSU-Ermittler irrten jahrelang

Rückblick

Fahndungsfotos von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos | Bild: picture-alliance/dpa; Foto: Frank Doebert/Ostthüringer Zeitung zum Artikel NSU Wie die Terrorzelle aufflog

Am 4. November 2011 war Schluss mit der Neonazi-Terrorzelle NSU. [mehr]

Am 11. November 2011 erklärt die Bundesanwaltschaft diese Ceska-Pistole zu der Waffe, mit der in Deutschland zwischen September 2000 und April 2006 neun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund erschossen wurden. Hinter den Morden steckt also nicht die türkische Unterwelt. Die Taten stehen zwar im Zusammenhang zur Herkunft der Opfer, aber eben ganz anders als es die Ermittler jahrelang mehrheitlich glaubten. In den Trümmern in der Frühlingsstraße wird eine DVD gefunden, auf der sich die Täter auf zynische Weise zu den Morden und zwei Sprengstoffanschlägen in Köln bekennen. Das sogenannte "Paulchen Panther"-Video wurde nach der Explosion in Zwickau als Bekennervideo auch verschickt. Das, was die Sicherheitsbehörden jahrelang ausschlossen, ist nun Realität: In Deutschland gab es eine rechtsextreme Terrorzelle: Den Nationalsozialistischen Untergrund - kurz NSU.

Ziel der NSU-Terror-Zelle: Türken hinrichten

"Taten statt Worte". Getrieben von diesem Motto bildeten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe nach Auffassung der Ermittler eine Terrorzelle, die das Ziel hatte, die völkisch-rassistischen Vorstellungen der Mitglieder umzusetzen und den "Erhalt der deutschen Nation" zu erreichen. Durch die Hinrichtung völlig willkürlich ausgewählter Opfer, vornehmlich türkischer Herkunft, und mit Sprengstoffanschlägen gegen Migranten, sollte das Vertrauen der ausländischen Mitbürger in den deutschen Staat erschüttert und sie dazu gebracht werden wegzuziehen.

Bürgerliche Fassade in Chemnitz und Zwickau

Das Trio nutzte nach dem Untertauchen 1998 falsche Identitäten, lebte unter Tarnnamen in Wohnungen in Chemnitz und Zwickau. Ehemalige Nachbarn können sich vor allem und teils auch nur ausschließlich an Zschäpe erinnern, die sie als "Lisa" kannten. Die zwei Männer, mit denen die junge Frau zusammenlebte, waren viel unterwegs. Die Bundesanwaltschaft glaubt, dass Böhnhardt und Mundlos dabei Anschlagsziele ausspionierten. Außerdem finanzierte sich die Gruppe offenbar durch mindestens 15 Raubüberfälle.

Bestand der NSU nur aus "Max", "Gerry" und "Liese"?

Über das Leben des Trios im Untergrund ist wenig bekannt. Die Drei verbrachten immer wieder ausgedehnte Sommerurlaube auf der Ostseeinsel Fehmarn. Dort nannten sie sich "Max" (Mundlos), "Gerry" (Böhnhardt) und eben "Liese" (Zschäpe). Urlaubsbekanntschaften von damals beschreiben Zschäpe als gleichberechtigtes Mitglied der Gruppe und selbstbewusst im Umgang mit den beiden Männern. Der NSU wählte seine Opfer nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft völlig selbstständig aus, führte die Taten alleine durch und bestand auch nur aus drei Mitgliedern. An dieser Version haben aber vor allem die Opferangehörigen teils massive Zweifel.

Autor: Tim Aßmann