Pegida in Bayern Die Bewegung am Boden
Vor rund eineinhalb Jahren gingen die ersten Pegida-Anhänger in Bayern auf die Straße. Mittlerweile rufen nur noch zwei Ableger regelmäßig zu Demonstrationen auf. Und auch dort stagnieren die Teilnehmerzahlen. Gewinner sind Neonazis und die AfD.
Mit 1.500 Teilnehmern startete im Januar 2015 Pegida München. Es wurde die größte Demonstration in Bayern. Noch mehr Resonanz fand allerdings die Gegendemonstration: rund 20.000 Menschen beteiligten sich. Eineinhalb Jahre später, bei den letzten beiden Pegida-Demonstrationen im Sommer 2016, nahmen lediglich um die 70 Personen an den Pegida-Demonstrationen in München teil.
In Nürnberg wurde Anfang 2015 "Nügida" ("Nürnberg gegen die Islamisierung des Abendlands") unter der Federführung des ehemaligen NPD-Mannes Rainer Biller gegründet. Rund 120 Personen aus dem rechten bis rechtsextremen Spektrum beteiligten sich am ersten Aufmarsch im Februar 2015, der von 2.000 Gegendemonstranten begleitet und letztendlich verhindert wurde.
Kurz darauf spaltete sich der Nürnberger Ableger. Die rechtspopulistischen Kräfte um Gernot Tegetmeyer, dem ehemaligen Generalsekretär der Partei "Die Freiheit", wollten keine gemeinsame Sache mit den Neonazis machen.
Fortan firmierte der fränkische Ableger unter dem Namen "Pegida Nürnberg". In den vergangenen Monaten beteiligten sich an dessen Aktionen lediglich 40 bis 60 Personen.
Neonazis als Dauergäste bei Pegida in Bayern
Anders als in Nürnberg sind etliche rechte Gruppen, auch aktive Neonazis in München fester Bestandteil von Pegida und werden auch regelmäßig eingebunden. Auch Flyer der "Europäischen Aktion" (EA) liegen bei einer Demonstration offen am Infotisch aus. Die EA ist ein Dachverband europäischer Holocaustleugner und in Deutschland vor allem in Thüringen aktiv.
An einer Pegida-Demonstration in Nürnberg beteiligte sich ein offensichtlicher Anhänger der "Misantrophic Division – Töten für Wotan". Diese, sich offen nationalsozialistisch gebende ukrainisch-deutsche Gruppe, kämpft für die "weiße Rasse". Hauptfeinde sind Juden, ethnische Minderheiten und Russen.
Obwohl bekannte Rechtsextremisten beim fränkischen Pegida-Ableger nicht reden dürfen, sieht die Rechtsextremismus-Expertin Birgit Mair auch in den offiziellen Inhalten und Reden eindeutige Tendenzen:
"Pegida Nürnberg ist eine radikal-rassistische Gruppierung, die völkischen Nationalismus predigt, gegen Flüchtlinge und Muslime hetzt und wie Pawlowsche Hunde 'Merkel muss weg' skandieren, sobald sie den Namen der Bundeskanzlerin zu hören bekommen."
Birgit Mair, Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB e.V.)
Zusammenarbeit mit rechtsextremem Stadtrat
Während sich einige Pegida-Aktivisten in Nürnberg von den anwesenden Neonazis um den ehemaligen "Die Rechte"-Kader Dan Eising und Rainer Biller distanzieren, setzt Pegida München auf diese Zusammenarbeit. Eising, der mittlerweile in der rechtsextremen Gruppe "Antikapitalistisches Kollektiv" aktiv ist, tritt in München als Redner auf und schwört die Menge unter Applaus auf einen "Systemwechsel" ein. Journalisten drohte er mit den Worten: "...die (Presse, Anm. d. Red.) wenn die Zeit gekommen ist, in Vergeltung vom Volk auch wieder auf den Marktplatz gestellt wird."
Den offensichtlichen Schulterschluss mit Münchens rechter Szene unterstrich Pegida mit der Einladung von Karl Richter, der für die NPD-Tarnliste "Bürgerinitiative Ausländerstopp" (BIA) im Stadtrat sitzt. Richter, der in München als Redner auftrat, freute sich über die Einladung.
"Was zusammengehört, kommt zusammen! Ein politisches Signal, eine Botschaft, die hoffentlich über München hinaus vernommen wird: die Münchner Pegida, die in den letzten eineinhalb Jahren mit Beharrlichkeit und Ausdauer Kurs gehalten hat, hat ängstliche Distanzeritis im eigenen patriotischen Lager gänzlich über Bord geworfen."
Karl Richter, Stadtrat der Bürgerinitiative Ausländerstopp in München
Aber auch einzelne Pegida-München-Aktivisten um Heinz Meyer suchen Kontakt zu organisierten und gewaltbereiten Neonazis. So nahmen sie an einer Kundgebung der rechtsextremen Partei "Der dritte Weg" in München teil. Redner auf der Versammlung, die sich gegen ein Protestzelt von Flüchtlingen richtete, war unter anderem der als Rechtsterrorist verurteilte Karl-Heinz Statzberger.
Gewinner AfD
Die bayerischen Pegida-Ableger in München und Nürnberg brüsteten sich immer damit, parteipolitisch unabhängig zu sein. Selbst über die "Alternative für Deutschland" (AfD) äußerten sie sich anfangs kritisch. Manchen Rednern und Sympathisanten war die AfD schlicht zu "bürgerlich" und "liberal".
Der Pegida-München Vorsitzende Heinz Meyer versammelt auf dem Münchner Odeonsplatz nur noch wenige Teilnehmer hinter sich
Dass sich diese Einstellung geändert hat, liegt wohl auch an der Einsicht, mit den eigenen regelmäßigen Demonstrationen keine Erfolge verbuchen zu können. Es fehlt die Unterstützung aus Bevölkerung und Politik.
Seit den parlamentarischen Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen schwören die Pegida-Redner ihre Anhänger neuerdings allerdings auf die AfD ein. In München wurden bereits "AfD! AfD!"-Sprechchöre angestimmt und man stieß auf einer Demonstration mit Sekt auf deren Wahlerfolge an.
Auch AfD-Funktionäre treten mittlerweile als Redner bei Pegida-München auf.
"Die AfD München war lange Zeit kaum vertreten bei den Demonstrationen, in den letzten Monaten hat aber zweimal ein AfD-Vertreter bei Pegida-München geredet. Bei AfD Veranstaltungen sieht man allerdings andersherum sehr viele Pegida-München Leute."
Marcus Buschmüller, Vorsitzender des Münchner a.i.d.a.-Archivs
Die Nürnberger Pegida-ähnliche "Bürgerinitiative Sichere Heimat", die von rechten Russlanddeutschen im Zuge der frei erfundenen Vergewaltigung einer 13-Jährigen in Berlin durch Flüchtlinge gegründet wurde, ist in der AfD aufgegangen.
Führende Protagonisten betätigen sich mittlerweile im Vorstand des Nürnberger AfD-Kreisverbandes und werden als Direktkandidaten bei der kommenden Bundestagswahl antreten.
Auch die bayerischen Neonazis profitieren vom spürbaren Rechtsruck bei Pegida. Dass Rechtsextremisten mit Flugblättern, Transparenten und sogar Redebeiträgen auf externen Demonstrationen willkommen sind, war in den vergangenen Jahre eher die Ausnahme gewesen.
Kommentieren
Lucie Penickova, Montag, 26.September 2016, 08:33 Uhr
30. Der Umgang mit der Bewegung ist am Boden
Wenn man zu Pegida geht, findet man sich einen Tag darauf als "Nazi" in den Zeitungen wieder. Das Brüllen der Antifa um Pegida herum ist unerträglich. Man riskiert, von den Linken verprügelt zu werden, Probleme in der Arbeit zu bekommen.... usw. Wie in einer Gesinnungsdiktatur eben. Warum soll man sich das antun? Die Wahlen entscheiden.
Nudelsalat, Montag, 26.September 2016, 02:21 Uhr
29. Recherche? Ach, lieber alles in einen Topf, merkt schon keiner...
Zitat "im Zuge der frei erfundenen Vergewaltigung einer 13-Jährigen in Berlin durch Flüchtlinge"
Die Polizei kam zum Ergebnis, dass die 13 jährige sich die Vergewaltigung nur ausgedacht hatte.
Die Eltern glaubten ihr und wollten gegen die Polizei klagen.
Kam da schon was bei raus?
Es war auch nie von Flüchtlingen die Rede, sondern von "Männern mit südländischem Aussehen". Angeblich sogar Bekannte des mutmaßlichen Opfers.
Lese das erste mal hier etwas von Flüchtlingen in diesem Zusammenhang...
Antwort von Karl, Montag, 26.September, 11:52 Uhr
"Der Fall der Schülerin, die aus einer russlanddeutschen Familie stammt, hatte für großes Aufsehen gesorgt, nachdem sich Informationen verbreitet hatten, wonach die angeblichen Entführer und Vergewaltiger Flüchtlinge seien."
Nachzulesen u.a. auch im SPEGEL
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/berlin-angeblich-vergewaltigte-13-jaehrige-war-bei-bekanntem-a-1074642.html
Jörg, Sonntag, 25.September 2016, 23:00 Uhr
28.
Da hat sich wohl ein Fehler eingeschlichen. Die Gruppe heißt nicht Antikapitalistische Aktion sondern Antikapitalistisches Kollektiv. ;-)
Antwort von Jonas Miller, Dienstag, 27.September, 15:00 Uhr
Vielen Dank für den Hinweis!
Der Fehler wurde im Artikel verbessert.
Wieland der Schmied, Sonntag, 25.September 2016, 19:01 Uhr
27. PEGIDA
PEGIDA war keineswegs erfolglos. Nach Auskunft des Politologen Patzelt(Bayer,CDU) hat sie sogar alle ihre Wünsche und Thesen von der Regierung erfüllt bekommen, eingearbeitet in Asylpaket 1 und 2 und in weiteren Verschärfungen, die alle nicht an die große Glocke gehängt wutden, um nicht die eigene Gilde der
'Bahnhofsklatscher rebellisch zu machen. Zu trauen ist ihr indes nicht, denn sie hat nachgewiesen, dass sie auf dem Absatz die 180grd-Kehre machen kann, bis zum nächsten Mal. Außerdem hofft sie, nachdem sie im Linksaußen-Terrain gewildert hat, wieder als Postion der Mitte zu gelten und damit dem Straußschen Axiom zu entsprechen.Volksmund: Wer einmal lügt, den glaubt man nicht...Dass sie nicht mehr "Wir schaffen das" sagen will, besagt nichts, denn sie rückt keinen Zentimetert vom Kurs ab. Kontra kommt jetzt weniger von Seehofer, sondern aus den eigenen Reihen der Fraktion, wo es gehörig brodeln soll. Der PEGIDA-Ruf Merkel muss weg gibt es hüben wie drüben, letztens sogar in Prag.
Reinhard Scheuerlein, Sonntag, 25.September 2016, 18:43 Uhr
26.
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