87

Widerstandskämpfer Roland von Hößlin "Der Führer muss weg"

Am 20. Juli richtet sich der Fokus meist direkt auf Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Andere, wie Roland von Hößlin, der das Attentat unterstützte und dafür hingerichtet wurde, sind weitgehend unbekannt.

Von: Gerhard Brack

Stand: 20.07.2016 | Archiv

20. Juli 1944: Roland von Hößlin, hingerichtet am 13.10.1944

Roland von Hößlin war Regimentskamerad Stauffenbergs und wurde von ihm in die Umsturz-Pläne eingeweiht. Er wurde am 13. Oktober 1944 zum Tode verurteilt und noch am selben Tag hingerichtet. Im Bamberger Dom erinnert eine Gedenktafel an Stauffenberg, Hößlin und drei weitere Verschwörer des 20. Juli 1944.

Aus einer Augsburger Familie, geboren in München

Roland von Hößlin in seiner Zeit beim Afrikakorps.

Roland von Hößlin stammt aus einer alten Augsburger Patrizier-Familie. Er wurde 1915 in München geboren und evangelisch getauft. Nach dem Abitur, das er am Wilhelmsgymnasium ablegte, trat er als Berufssoldat in die Reichswehr ein und wurde zunächst Fahnenjunker im 17. Bayerischen Reiterregiment in Bamberg.

Roland mit seinem Vater Hubert von Hößlin bei einem Urlaub von der Front 1942.

Bei Ausbruch des Krieges 1939 ist Hößlin Leutnant. Er macht militärisch Karriere, wird Ausbilder an einer Panzertruppenschule und mit 26 Jahren dem Afrikakorps unter Erwin Rommel zugeteilt. Mit nur 27 Jahren wird Hößlin zum Hauptmann befördert. Als Kommandeur einer Panzeraufklärungsabteilung gelingt es ihm, bei El Alamein feindliche Stellungen zu stürmen und dabei 300 Gefangene zu machen. Für besondere Tapferkeit erhält er das Ritterkreuz. Schwer verwundet wird er schließlich nach Deutschland zurückgebracht.

Hitler als "Unglück für Deutschland"

Grabplatte auf dem Protestantischen Friedhof in Augsburg: "Der Antrieb meines Handelns war nur die Pflicht".

Nach seiner Genesung bleibt die rechte Hand verstümmelt. Er bekommt die Leitung der neu gegründeten Offiziersanwärterschule zur Ausbildung von Panzeraufklärern übertragen. Standort ist das ostpreußische Insterburg. Während er dort arbeitet, weiht ihn sein Bamberger Regimentskamerad Claus Schenk Graf von Stauffenberg in die Verschwörung gegen Hitler ein. Ein gemeinsamer Freund, Sohn des Berliner Chirurgen Ferdinand Sauerbruch, hat ihm berichtet, dass Hößlin in Hitler ein "Unglück für Deutschland" sehe. Jetzt schildert Stauffenberg, dass Deutschland auf eine militärische Niederlage zutreibt.

Er appelliert an Hößlins sittliche Verantwortung. Der Krieg muss beendet werden, argumentiert Stauffenberg. Und wörtlich: "Auch der Führer muss weg." Hößlin wird Mitverschwörer. Wertvoll ist er, weil er in Insterburg Lehrtruppen befehligt.

Marsch auf Königsberg

Roland von Hößlin im Jahr 1942 als Rittmeister.

Von hier aus hätte Hößlin am 20. Juli losmarschieren sollen, um in Königsberg die Gauleitung und weitere Behörden zu besetzen – natürlich auch das Telegraphenamt. Er sollte den Stab, eine gepanzerte Kompanie und eine Kompanie auf LKW in Gang setzen.

Möglicherweise sollte er sogar gegen das 68 Kilometer Luftlinie entfernte Führerhauptquartier Wolfsschanze eingesetzt werden, mutmaßt der Chef des Reichssicherheitshauptamtes Ernst Kaltenbrunner in einem Brief an den Leiter der Reichskanzlei, Martin Bormann.

Stundenprotokoll: Der 20. Juli 1944

Operation Walküre

Nach dem missglückten Attentat von Graf Stauffenberg zeigt Hitler Mussolini die Trümmer der Baracke im Führerhauptquartier.

Am 15. Juli  war die "Operation Walküre" schon einmal ausgelöst worden, und an diesem Tag setzt sich Hößlin auch gleich mit seinen Soldaten in Bewegung – getarnt als Truppenübung. Als allerdings der Alarm aufgehoben wird, bricht Hößlin seinen Marsch nach Königsberg umgehend ab.

Roland von Hößlin am Tag seiner Hinrichtung vor dem Volksgerichtshof in Berlin.

"Operation Walküre" – so heißt das geheime Codewort, wenn Hitler tot ist und die Wehrmacht das Ruder übernehmen soll.

Fünf Tage später, am 20. Juli 1944, zündet Stauffenberg seine Bombe im Führerhauptquartier und löst erneut die "Operation Walküre" aus. Allerdings bekommt Hößlin diesmal erst um 18 Uhr seinen Marschbefehl. Zu spät für den Marsch nach Königsberg.

Eine halbe Stunde später bringt der Rundfunk bereits Sondermeldungen, dass Hitler nur leicht verletzt den Anschlag überlebt hat.

Blick auf die Hinrichtungsstätte im ehemaligen Konzentrationslager Berlin-Plötzensee. Aufgenommen 1964.  | Bild: picture-alliance/dpa zum Download Roland von Hößlin Der Abschiedsbrief am Tag der Hinrichtung

Am 13. Oktober 1944, Minuten vor der Hinrichtung, erhält Roland von Hößlin noch einmal unerwarteter Weise die Möglichkeit, seiner Familie zu schreiben. Es ist ein bewegendes Dokument. [mehr]

Der berüchtigte Präsident des Volksgerichtshofs, Roland Freisler, verurteilt Hößlin am 13. Oktober 1944 wegen Hoch- und Landesverrats zum Tode. Hößlin wird noch am selben Tag in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Am Tag vor dem Prozess und Minuten vor der Hinrichtung hatte Roland von Hößlin Gelegenheit, noch einmal an seine Familie zu schreiben. Das genealogische Familienarchiv von Hößlin hat uns freundlicherweise diese Dokumente zur Verfügung gestellt. Die beiden Briefe werden hier auf BR.de erstmals im Faksimile publiziert.

Der Abschiedsbrief vom 12.10.1944 Format: PDF Größe: 1,69 MB


87