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Tatort München: Zugzwang Statement Drehbuchautor Robert Löhr

Stand: 12.03.2025

Robert Löhr (Drehbuchautor, "Tatort München: Königinnen"). | Bild: BR/Ralf Wilschewski

Ein guter Schachspieler wird aus mir nicht mehr. Mir fehlt die Geduld und die Weitsicht – und sicher auch die Fähigkeit, Niederlagen einzustecken. Das hindert mich freilich nicht daran, vom Spiel der Könige begeistert zu sein: von seiner schwarz-weißen Ästhetik, seiner Universalität, seiner umfassenden Sinnbildlichkeit. Vor 20 Jahren habe ich in meinem Roman „Der Schachautomat“ ein besonders skurriles Kapitel der Schachgeschichte beleuchtet – die getürkte Schachmaschine von 1770 –, jetzt durfte ich mich für einen Tatort erneut in die Welt der 64 Felder begeben.

Diesmal geht es um den Kampf der Geschlechter. Unter 10 % der Mitglieder im Deutschen Schachbund sind Frauen, und bei den Großmeistern ist die Zahl der Männer fast 50mal höher. Liegt es daran, dass Frauen „furchtbare Schachspieler“ (Bobby Fisher) sind? Oder daran, „dass Frauen einfach Besseres mit ihrer Zeit anzufangen wissen“ (Ivo Batic)? Oder liegt es daran, dass sich Frauen in der Männerdomäne Schach bislang schwer durchsetzen können? Meine Hauptfigur Natalie Laurent bietet den Männern jedenfalls die Stirn: In Sachen Beweglichkeit sind Damen den Königen allemal überlegen.

Um ein Gespür dafür zu bekommen, wie es in der Welt des Profischachs zugeht, habe ich mich beraten lassen – von FIDE-Meister Makan Rafiee, der für Bayern München in der Schachbundesliga spielt und selbst den größten Schachspieler aller Zeiten, Magnus Carlsen, schon einmal besiegt hat. Makan hat nicht nur mich umfassend inspiriert und korrigiert, sondern auch die Regie und die Ausstattung – und er hat unseren lernbegierigen Schauspielern über Stunden hinweg beigebracht, wie man „richtig“ Schach spielt. (Sogar als Darsteller hat er uns die Ehre erwiesen: Er ist der Schiedsrichter unseres Kandidatenturniers.)

Dass dem Schach ein verstaubtes Image anhängt, kann nicht überraschen bei einem Spiel, das über ein Jahrtausend alt ist. Und dennoch ist das Spiel der Spiele quicklebendig und macht immer wieder von sich reden – zuletzt durch die Fortschritte im Computerschach, durch die gesteigerte Popularität während der Corona-Zeit, durch immer jüngere Großmeister und schließlich durch kuriose Betrugsfälle. All diese Themen bilden übrigens die Kulisse für "Zugzwang".

Und Stichwort Kulisse: Unser Gipfel der Schachmeister findet auf dem Gipfel Bayerns statt, und zwar im Wettersteingebirge – einer Kulisse, die gleichermaßen majestätisch und einschüchternd ist. Oft erdenke ich beim Drehbuchschreiben spektakuläre Settings und bin dann von der Umsetzung ernüchtert. Hier war es umgekehrt: Die Bilder, die Nina Vukovic und ihr Kameramann Clemens Messow in und um Schloss Elmau eingefangen haben, verleihen diesem Tatort einen Touch von James Bond. Chapeau!

Ich ziehe ferner den Hut vor Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl – denn dies war der letzte Tatort, zu dem ich die beiden schicken durfte. Und ich verbeuge mich vor Robert Joseph Bartl, unserem Gerichtsmediziner Dr. Steinbrecher, dem im Endspiel dieses Falles eine ganz besondere Rolle zukommt.


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