ARD-Radio-Recherche Sport Vor Pechstein-Urteil: Neue Kritik am Sportgerichtshof CAS
Der Sportgerichtshof CAS ist das Schiedsgericht im internationalen Sport und weltweit die letzte Instanz bei Streitigkeiten im Sport. Der Weg vor staatliche Gerichte ist ausgeschlossen - ob das in Ordnung ist, steht jetzt beim Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand. Die Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein hat dort Verfassungsbeschwerde eingereicht. Vorwurf: Es handele sich beim CAS um kein unabhängiges Schiedsgericht. Recherchen der ARD-Radio-Recherche Sport zufolge gibt es weitere Grundsatzkritik – von Athletenvertretern, Anwälten, gar aus dem Kreis der CAS-Richter selbst.
Die ARD berichtet ab Sonntag, 26. August 2018, bundesweit im Hörfunk, Online und im Fernsehen über das Thema.
Den ARD-Recherchen zufolge bestehen zum Teil Zweifel an der Unabhängigkeit der Richter am CAS. Insbesondere kritisieren Athletenvertreter, dass die Richter von einem Gremium benannt werden, das überwiegend aus Entsandten großer Sportorganisationen besteht. In mindestens zwei Fällen hat es den ARD-Recherchen zufolge fragwürdige Konstellationen mit zumindest potenziellen Interessenskonflikte gegeben, in denen CAS-Richter zugleich als externe Berater für Sportverbände tätig waren.
Zudem liegt der ARD-Radio-Recherche Sport exklusiv eine Studie vor, die zeigt: Am Sportgericht bekam bis zum Jahr 2014 ein enger Kreis aus nur 17 Richtern etwa die Hälfte der Aufträge, obwohl mehrere Hundert Richter zur Verfügung stehen. Inzwischen sind es fast 400 Richter. Ein CAS-Richter, der in drei Jahren nur zwei Mal zum Einsatz kam und der anonym bleiben möchte, berichtet auch von anderen CAS-Richtern, die jahrelang gar nicht zum Zuge gekommen und deshalb frustriert seien. Gegenüber der ARD fordert er eine Verteilung der Fälle nach dem Zufallsprinzip unter allen verfügbaren Richtern.
Nach ARD-Informationen versuchen Anwälte von Athleten immer wieder vergeblich, für das jeweilige Verfahren bereits benannte Richter austauschen zu lassen.
Diskutabel ist demnach auch die Rolle des Generalsekretärs, der vom selben Gremium ernannt wird wie die Richter. Ihm muss jedes Urteil vor der Veröffentlichung vorgelegt werden. Der Generalsekretär kann Vorschläge für Änderungen machen kann und hat dies nach ARD-Recherchen auch getan.
Eine Regelung, die auch Claudia Pechsteins Anwalt Thomas Summerer für inakzeptabel hält. „Das wäre so, wie wenn ein staatlicher Richter am Oberlandesgericht sein Urteil, wenn er es fertig geschrieben hat, vor Verkündung, einem Abteilungsleiter im Justizministerium vorlegen müsste“, so Summerer gegenüber der ARD.
Der internationale Sportgerichtshof weist auf Anfrage alle Kritikpunkte zurück. Das Bundesverfassungsgericht will in diesem Jahr noch im Fall Pechstein entscheiden.
ARD- und BR-Berichterstattung zum Thema (Auswahl):
Im Hörfunk berichtet die ARD ab Sonntag, 26. August, bundesweit. Der BR macht die CAS-Recherche unter anderem auf B5 aktuell im „Funkstreifzug“ um 9.15 Uhr und 12.15 Uhr sowie in der Sendung „B5 Sport“ um 15.05 Uhr und 19.35 Uhr zum Thema, außerdem voraussichtlich am Montag, 27. August 2018, auf Bayern 2.
Im Fernsehen greift das „ARD-Mittagsmagazin“ im Ersten am Montag, 27. August, 13.00 Uhr, das Thema auf. Der BR berichtet am Sonntag, 26. August, 21.45 Uhr in „Blickpunkt Sport“ sowie am Montag, 27. August im Sportblock der „Rundschau“ um 18.30 Uhr.
Online berichtet die ARD-Radio-Recherche Sport ab Sonntag, 26. August, unter br.de/themen/sport/inhalt/recherche/index.html und BR24.de
Steckbrief ARD-Radio-Recherche Sport
ARD-Radio-Recherche Sport ist das Recherche-Team der Hörfunk-Sportredaktionen aller ARD-Landesrundfunkanstalten. Die Radioreporter recherchieren zu Hintergrundthemen des Sports und berichten darüber deutschlandweit in den Sendern der ARD. Die Koordination liegt beim Bayerischen Rundfunk in München.