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Was steht da zu den Nebenwirkungen? So lesen wir Risiken und Nebenwirkungen richtig

"Zu einer Mahlzeit", "nüchtern", "zweimal am Tag" – die Formulierungen in Packungsbeilagen kennt jeder. Ihre Bedeutung ist allerdings oft eine andere, als Sie denken.

Stand: 23.01.2019

Eine  junge Frau erklärt einer älteren Frau den Inhalt eines Beipackzettels. | Bild: mauritius images / BSIP / B. Boissonnet

"Mit Flüssigkeit einnehmen": "Kaltes Leitungswasser geht immer", sagt Apotheker Dr. Peter Sandmann. Auf andere Getränke wie Säfte, Limonaden, Mineralwasser mit Kohlensäure oder gar Milch sollten Sie für die Medikamenteneinnahme aber verzichten. Milch oder Mineralwasser mit einem hohen Kalziumgehalt können zum Beispiel die Wirkung eines Antibiotikums verändern. Auch manche Säfte, insbesondere Grapefruit, Kaffee oder Alkohol können diesen Effekt haben.

"Zu einer Mahlzeit": Am besten nehmen Sie die Tablette während des Essens ein, denn das Medikament soll im Magen in die Nahrung eingebettet sein. Direkt nach der Mahlzeit ist auch möglich. "Dann aber wirklich sofort nach dem Essen", sagt Dr. Sandmann. "Vor der Mahlzeit" bedeutet einen Abstand von 30 bis 60 Minuten.

Dr. Peter Sandmann, Bayerische Landesapothekerkammer, München

"Häufige Nebenwirkung": An dieser Formulierung scheiterten in einer Studie der Universität Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein auch Ärzte und Apotheker. Tritt eine Nebenwirkung laut Beipackzettel "häufig" auf, bedeutet das: Von hundert Menschen, die das Medikament einnehmen, zeigt sich die Nebenwirkung bei einer Person. Nur vier von hundert Ärzten kannten die richtige Bedeutung. Die meisten schätzten die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der unerwünschten Symptome deutlich höher ein. "Sehr häufig" bedeutet eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 10, "selten" 1 zu 10.000.

"Einmal am Tag": Grundsätzlich sollten Medikamente möglichst regelmäßig eingenommen werden, damit die Wirkstoffkonzentration im Körper über den Tag hinweg gleich bleibt. Das heißt bei einer Einnahme pro Tag: Immer zur gleichen Zeit, alle 24 Stunden. Bei zwei Tabletten sollten Sie einen Abstand von 12 Stunden einhalten, also nicht einfach morgens und abends. Wenn Sie die erste Tablette morgens um 8 Uhr eingenommen haben, ist die zweite um 20 Uhr fällig. Bei drei Einnahmen täglich verkürzt sich der Abstand auf 8 Stunden, also zum Beispiel 7 Uhr, 15 Uhr und 23 Uhr. "Eine Stunde früher oder später ist aber in Ordnung", sagt Apotheker Dr. Peter Sandmann.

"Nüchtern": Ein häufiger Fehler: Sie nehmen das Medikament zwar nach dem Aufstehen auf nüchternen Magen, starten dann aber sofort mit dem Frühstück. Sollen Sie die Tabletten nüchtern einnehmen, müssen Sie aber auch danach einen zeitlichen Abstand von gut einer Stunde zur nächsten Mahlzeit einhalten, rät der Apotheker Dr. Sandmann. Grundsätzlich bezieht sich der Begriff auf feste Nahrung. Wer also die Wartezeit mit einem Kaffee überbrücken will, kann das (bei den meisten Arzneimitteln tun). "Es gibt allerdings manche Medikamente, bei denen ist Koffein ein Problem", sagt Dr. Sandmann. Deshalb zur Sicherheit noch einmal in der Apotheke nachfragen. Und wer Antibiotikum einnimmt sollte morgens generell nicht zum Milchkaffee greifen.

"Eingeschränkt fahrtüchtig": Manche Medikamente können die Fahrtüchtigkeit beeinflussen, verlängern also die Reaktionszeit oder verringern die Konzentrationsfähigkeit. Nicht bei jedem tritt dieser Effekt auf. "In jedem Fall mit dem Arzt sprechen", rät Dr. Sandmann. Wenn Sie aber solche Nebenwirkungen feststellen: Fahren Sie besser nicht Auto. Passiert unter Medikamenteneinfluss ein Unfall, kann es gut sein, dass die Versicherung nicht bezahlt.

"Keine Milchprodukte": Vor allem bei Antibiotika steht dieser Hinweis häufig in der Packungsbeilage. Zwischen der Einnahme der Tabletten und dem Genuss von Milch, Käse und Joghurt sollten mindestens zwei Stunden liegen, sowohl davor als auch danach. Ganz verzichten müssen Sie aber nicht. "Nach dieser Zeit ist die Tablette draußen, dann geht auch Milch wieder", sagt Apotheker Dr. Sandmann.

Grundsätzlich sollten Sie sich bei allen Fragen an Arzt oder Apotheker wenden, die helfen gerne weiter.

Immer beachten

  • Auch wenn eine Nebenwirkung "selten" oder "sehr selten" auftritt, können Sie betroffen sein - auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist.
  • Gerade bei Antiobiotkum unbedingt die Anweisung des Arztes befolgen. "Bis zum Ende" bezieht sich auf die Medikamentenpackung, nicht auf die Krankheitssymptome.
  • Den Hinweis eine Tablette unzerkaut einzunehmen unbedingt ernstnehmen.
  • Bei Unklarheiten immer in der Apotheke oder beim Arzt nachfragen.

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