Bayern 1


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Fleischkonsum CO2 Fleischpreise und Tierwohl

Auch wenn der Verbrauch etwas sinkt: Wir essen in Deutschland immer noch zu viel Fleisch. Wir müssen ja nicht gleich völlig auf Fleisch verzichten: Warum schon ein bisschen weniger der Umwelt und vor allem Ihrer Gesundheit gut tun, erfahren Sie hier und in der neuen Episode von "Besser leben".

Von: Alexander Dallmus

Stand: 15.11.2021

Ferkel und Muttersau werden gefüttert | Bild: mauritius images

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/tierhaltung-welches-fleisch-kaufen/bayern-1/94905062/

Für weniger Fleisch und tierische Produkte sprechen gleich drei wesentliche Faktoren: 1. Gesundheit 2. Tierwohl 3. Klimaschutz. Wer weniger Fleisch isst, kann auch mehr zahlen, heißt das im Umkehrschluss. Dass derzeit reihenweise Schweinemast-Betriebe aufgeben müssen und viele vor dem Ruin stehen, hat mit Umwelt- oder Tierwohlauflagen zunächst einmal wenig zu tun. Die Pandemie, der Ausbruch der afrikanischen Schweinepest und der damit verbundene Wegfall der Absatzmärkte in China und Südkorea haben für einen totalen Preisverfall gesorgt.

Landwirte brauchen finanzielle Anreize und langfristige Planungssicherheit. Das dürfte Milliarden kosten und wenn die Discounter in einigen Jahren tatsächlich nur noch Fleisch der Haltungsstufen 3 und 4 anbieten wollen, bedeutet das auch, dass Fleisch drastisch teurer werden muss. Aber auch das gehört zur Wahrheit: Nur die Hälfte der deutschen Verbraucher, würden laut "ARD-DeutschlandTrend" vom Juni dem Umwelt- und Klimaschutz zuliebe mehr für tierische Lebensmittel wie Fleisch, Milch, Wurst, Eiern oder Käse ausgeben.

Wie viel Fleisch essen die Deutschen?

In den letzten Jahren ist der Fleischkonsum in Deutschland zwar kontinuierlich gesunken, aber pro Kopf essen wir immer noch 57,33 Kilo Fleisch- und Wurstwaren pro Jahr (2020), hat u.a. die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mit Sitz in Bonn errechnet. Pro Woche sind das im Schnitt immer noch mehr als 1,1 Kilogramm. Und damit mindestens doppelt so viel, wie aus gesundheitlichen Gründen empfohlen. Diese Zahl bezieht sich auch nur auf den menschlichen Verzehr. Berechnet man Tierfutter, die industrielle Verwertung sowie Produktverluste mit ein, summierte sich unser Fleischverbrauch pro Kopf auf knapp 85 Kilogramm.

Der Verzicht über die letzten 20 Jahre beläuft sich aber pro Woche auf gerade mal durchschnittlich 125 Gramm. Schon aus gesundheitlichen Gründen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Fleisch nur in Maßen zu essen. Jedenfalls nicht mehr als insgesamt 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche für einen Erwachsenen.

Die globalen Empfehlungen der renommierten britischen EAT-Lancet-Kommission empfehlen sogar nur 300 Gramm Fleisch und Wurstwaren pro Woche. Weniger Fleisch, dafür aber doppelt so viel Gemüse und auch Hülsenfrüchte und Nüsse, um eine ausgewogene und klimafreundliche Ernährung für die gesamte Menschheit zu gewährleisten. Wie gesagt, ein totaler Verzicht auf Fleisch wird hier gar nicht gefordert, aber ein deutlich geringerer Verbrauch auch von anderen tierischen Produkten wie Butter, Sahne und Käse.

So viel CO2 gespart durch weniger Lebensmittelabfälle

Weil wir uns oft fragen "Was bringt das schon?": Dass auch wir in Deutschland mit kleinen Maßnahmen viel zur Reduktion des klimaschädlichen Treibhausgases beitragen können, zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Wenn wir es schaffen würden, unsere Lebensmittelabfälle im Haushalt zu halbieren, könnten nach den Berechnungen satte sechs Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Schließlich würde der Bedarf an Lebensmitteln sinken. Es müsste weniger angebaut, transportiert oder gekühlt werden. Allein dadurch entstünden weniger Treibhausgase.

Warum ist Fleisch schlecht fürs Klima?

Würden die Deutschen im Schnitt nur ein Fünftel weniger Fleisch essen, lägen die Einsparungen bei fast 10 Millionen Tonnen CO2. Es geht bei den Zahlen um sogenannte CO2-Äquivalente - somit ist nicht nur die Treibhausgaswirkung von Kohlendioxid einberechnet, sondern etwa auch die des in der Landwirtschaft freiwerdenden Methans. Zum Vergleich: Der innerdeutsche Flugverkehr verursachte im Jahr 2019 den Angaben zufolge etwa zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid.

Massentierhaltung CO2-Ausstoß

Auch in Deutschland wird mehr als die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche für die Produktion von tierischen Produkten verwendet. Drei Viertel der landwirtschaftlichen Klimagase stammen aus der Tierhaltung, nur 14 Prozent aus der Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel und rund zehn Prozent aus dem Anbau von Energiepflanzen, heißt es in einer kürzlich veröffentlichten Studie des Öko-Instituts in Freiburg, im Auftrag von Greenpeace.

Gerade der Flächenverbrauch ist aber ein globales Problem. Für die Schweine- und Geflügelmast in Deutschland wird jede Menge Soja aus den prekären Gebieten in Südamerika importiert. Für jedes Kilo Schweinfleisch müssen etwa 600 Gramm Sojaschrot verfüttert werden. Und mit dem weltweit steigenden Fleischkonsum braucht es wiederum mehr Anbauflächen für Sojabohnen. Bis 2029 wird der Fleischkonsum weltweit um etwa 40 Millionen auf 366 Millionen Tonnen ansteigen, schätzt man im "Fleischatlas 2021". Hier stellen unter anderem der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Heinrich-Böll-Stiftung Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel zusammen.

Was ist ein Kastenstand?

Nur ein Beispiel dafür, wie über Jahrzehnte die Ausnahme zur Regel in der Massentierhaltung wurde, ist der so genannte "Kastenstand": Der Metallkäfig ist quasi Standard in der deutschen Schweinefleischproduktion. Auf 2 Meter mal 70 Zentimetern verbringen Sauen pro Produktionszyklus etwa 70 Tage. Fixiert und ohne Bewegung während der Tragezeit. Dadurch können mehr Schweine gehalten werden und seitens der Mastbetriebe wird argumentiert, dass dadurch die Verletzungsgefahr verringert würde. Ein Gesetz, dass diese Fixierung drastisch reduziert, ist zwar bereits 2020 verabschiedet worden, es gilt aber eine Übergangszeit von 15 bis 17 Jahren!

In den USA ist die Haltung im Kastenstand mittlerweile in neun Staaten verboten. In Kalifornien ist das Gesetz 2018 per Volksentscheid initiert worden, ab 2022 ist dann der Verkauf von Fleisch von Schweinen, deren Muttersauen fixiert wurden, verboten. Umweltbloggerin und Journalistin Katarina Schickling ("Der Konsumkompas") würde es zunächst schon reichen, wenn das, was im Tierschutzgesetz steht, nicht mehr per Sondergenehmigung außer Kraft gesetzt werden könnte:

"Dann würde keine Muttersau mehr im Kastenstand stehen. Und dann würde kein männliches Küken mehr gehäckselt werden, weil es ein Legehennen-Küken ist und nicht mästbar ist. Solche Missstände wären sofort vorbei. Das Puten-Schnabelkürzen! Verstößt alles gegen das Tierschutzgesetz. Und wenn man da mal ansetzen würde und dafür sorgen würde, dass wir nur noch Fleisch in Verkehr bringen, das tiergerecht erzeugt worden ist, dann wäre die Menge schon mal viel niedriger. Und dann wäre auch der CO2-Impact geringer."

Katarina Schickling, Umweltbloggerin und Journalistin

Auch die scheidende Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat es nicht geschafft, ein staatliches und allgemein verbindliches Tierwohllabel auf den Weg zu bringen. Außer Spesen nicht viel gewesen, hat im Frühjahr 2021 deshalb auch der Bundesrechnungshof kritisiert.

Fleischkonsum Klima

Was im kürzlich verabschiedeten Klimaschutzgesetzt für den deutschen Agrarsektor festgelegt ist, dürfte kaum reichen, um die definierten Klimaziele zu erreichen. Die Reduzierung der Klimagase aus dem Agrarsektor von heute etwa 70 Millionen Tonnen CO2 auf dann 56 Millionen Tonnen bis 2030 ist nicht sonderlich ambitioniert. Landwirten dürfte nicht geholfen sein, wenn ihnen alle paar Jahre eine neue Regel vorgesetzt wird. Die Landwirte brauchen eine Perspektive, sagt Filmemacherin Katarina Schickling:

"Ich habe im letzten Jahr zum Beispiel bei einem niederbayerischen Schweinemäster gedreht. Der hätte gerne Haltungsstufe drei eingeführt. Er hat aber bei sich in der Region keinen Schlachthof gefunden, der Haltungsstufe drei verarbeitet hätte. Insofern hat er dann halt gesagt, es hilft ja nix. Ich muss ja irgendwie meine Schweine dann auch in den Markt bringen."

Katarina Schickling, Umweltbloggerin und Journalistin

CO2 Rindfleisch

Eine Studie der University of Oxford zeigt, dass die Produktion des umweltfreundlichsten Rindfleischs sechsmal mehr Treibhausgase verursacht und 36-mal mehr Fläche benötigt als die gleiche Menge Bohnen. Würden die Menschen laut der Studie weder Fleisch- noch Milchprodukte essen, würde weltweit nur noch ein Viertel der Agrarflächen benötigt werden. Doch nicht nur die Entscheidung pro oder contra Fleischkonsum spielt eine Rolle, auch die Haltungsform von Tieren beeinflusst die Entstehung von Treibhausgasen, so die Studie. Wenn Rinder auf abgeholzten Flächen gehalten werden, verursacht dies zwölfmal mehr Treibhausgase als die Haltung der Tiere auf natürlichem Weideland. Zudem würde dafür 50-mal mehr Fläche benötigt.

Die Produktion von veganen oder vegetarischen Alternativprodukten für Fleisch wächst zwar schnell (2020: +39%), besetzt aber immer noch lediglich eine Nische. Insgesamt noch nicht einmal ein Prozent des Fleischmarktes, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. 2020 sind in Deutschland Fleisch und Fleischerzeugnisse von rund 39 Milliarden Euro umgesetzt worden, mehr als das Hundertfache der veganen und vegetarischen Angebote. Wie die Umweltorganisation WWF 2021 kritisierte, waren 85 Prozent des rabattierten Grillfleisches billiger als pflanzliche Alternativen. Für die Analyse hatte der WWF zwischen Ende April und Ende Mai 922 Grillfleisch-Angebote in den Werbeprospekten von acht deutschen Supermarktketten erfasst. Während Steaks oder Grillwürstchen vom Schwein mit einem Kilopreis von durchschnittlich 6,36 Euro oder mit rabattiertem Geflügelfleisch für 5,67 Euro pro Kilo zu haben waren, sind Tofuwürste und Sojaburger, selbst im Angebot, mit 13,79 Euro pro Kilo mehr als doppelt so teuer.

https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/was-sind-uns-unsere-lebensmittel-wert/bayern-1/93553068/

Quellen und weiterführende Links:

Vereinbarung zum Verbot des Schnäbelkürzens bei Legehennen - Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen

Landwirtschaft auf dem Weg zum Klimaziel - Studie des Ökoinstituts, im Auftrag von Greenpeace   

Fleischatlas 2021 - www.bund.net

Katarina Schickling: „Der Konsumkompass. Was Sie wirklich über Plastikverpackungen, Neuseelandäpfel & Co. wissen müssen - Gut und nachhaltig leben muss nicht kompliziert sein.“ Mosaik Verlag ISBN: 3442178665

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