Bayern 2

     

4

Ende der Welt - Die tägliche Glosse Deppen-Apostroph

Ein „neuer“ Apostroph wird jetzt Rechtschreibkonform. Ein Strich vor einem „‘s“, den man aber nicht machen muss, wenn man nicht will. Beim Sprechen hört man ihn eh nicht. Dabei hätte man einen echten „Problemstrich“ zum „ich kann, muss aber nicht“ Strich machen sollen. Man hätte auch sagen können man setzt ihn in Klammern. Das heißt dann so viel wie „könnte da hinkommen, muss aber auch nicht oder keine Ahnung, sucht es euch aus". Tja, das hätte dem Komma echt gut getan. Eine Glosse von Helmut Schleich.

Von: Helmut Schleich

Stand: 11.10.2024

Darauf haben wir alle gewartet. Dass der so genannte „Deppenapostroph“ endlich amtlich wird. Also Emmi’s Blumenladen, mit apostrophiertem „s“. Schon wieder ein Frontalangriff auf den Genitiv? Nicht ganz. Denn bei „Emmis Blumen“ ist der Apostroph auch weiterhin falsch. Die neue Regel gilt nur bei Eigennamen nicht bei Gegenständen, wozu Blumen ja zählen. Wobei es auch da kompliziert ist. Hans’ Blumen hinwiederum haben nämlich einen Apostroph, aber hinter dem „s“, weil der Hans auf „s“ endet.

In der Praxis wird die Regel ohnehin freier interpretiert. Bei mir ums Eck gibt’s einen Laden, der Handy’s mit Apostroph anbietet und die am letzten Sonntag in München zu Ende gegangene Wies’n hat den Apostroph, braucht ihn jedoch gar nicht. Vielmehr führt er hier zu dem vielen Bayern in den Ohren schmerzenden Missverständnis, dass es sich um einen Plural handeln könnte. „Wir waren auf den Wies’n“. So reden nur Preiss’n. „Preiss’n“ mit Apostroph, weil Plural beziehungsweise sehr zahlreich.

Sehr interessant ist übrigens die Begründung des deutschen Rechtschreib-Rates für die Freigabe des Deppen-Apostrophs

Sehr interessant ist übrigens die Begründung des deutschen Rechtschreib-Rates für die Freigabe des Deppen-Apostrophs: Man habe sich der Realität angepasst. Damit gibt wohl erstmals ein amtliches Gremium zu, wenn auch indirekt, dass es immer mehr Deppen in Deutschland gibt. Hat man vor der Flut kapituliert?

Letztlich hat man ja nur einem weiteren Anglizismus die Türe in die Deutsche Sprache hinein geöffnet. Im Englischen ist der Genitiv-Apostroph üblich. So what. Ist das eigentlich auch schon offizielles Deutsch? So wie whatsappen, liken und Fakenews? Diese Worte wurden jetzt nämlich auch als deutsche Ausdrücke erlaubt. Es gibt vermutlich kein Volk auf dieser Erde, dass sich so derart darin gefällt, Anglizismen in die eigene Sprache einzubauen wie die Deutschen. Vom „must have“, übers „no go“, und das „comitted“ sein bis zu „pick your battles“. Je unverständlicher, desto besser. Im Grund ist der Anglizismus der Dialekt des 21. Jahrhunderts. Man macht durch die Sprache klar, „ich gehöre dazu.“ Ob sich der deutsche Rechtschreib- Rat davon beeindrucken lassen muss ist freilich eine ganz andere Frage.

Das mit dem „Regeln der Realität anpassen“ wird ja in anderen Bereichen auch nicht so gesehen. Beim Falsch-Parken zum Beispiel. Da sagt ja auch keine Behörde: „Inzwischen parken so viele Leute auf dem Gehweg, jetzt erlauben wir’s halt.“

Zumal ja bekanntlich sprechen auch denken ist. Denken wir bereits englisch? Interessante Frage. Auf jeden Fall ist sprechen auch rechnen. Denn bis 2028 müssen alle Schulbücher den neuen Regeln angepasst sein. Das rechnet sich und die Schulbuch- Verlage werden sich denken: „Rechtschreib-Rat, you made my day!“

Eben alles eine Frage der Perspektive.


4