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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Steuer-Freibier

Christian Lindner macht sich bei Haus- & Hobbybrauern beliebt: Er will die Steuerfreigrenze für Bier für den Eigengebrauch von 200 auf 500 Liter heraufsetzen. Ob das der Durchbruch für ihn und seine Partei wird? Oder steckt vielleicht ein viel größeres Vorhaben dahinter, mit dem der Finanzminister an der Beliebtheit von Boris Pistorius vorbei ziehen will? Eine Glosse von Roland Söker.

Von: Roland Söker

Stand: 09.04.2024

Wenn Boris Pistorius trotz oder gerade wegen seines Slogans „Deutschland muss wieder kriegstüchtig werden“ der beliebteste Politiker Deutschlands ist, dann muss sich Christian Lindner mal anstrengen, um aus dem Umfragetief herauszukommen. Bei Caren Miosga zeigte er sich am Sonntag nicht nur jagdtüchtig, nein sogar drückjagdtüchtig dem Fernsehpublikum und berichtete von meditativen Naturerfahrungen während der Jagd. Auch von Aufbruch war die Rede, womit allerdings nicht eine neue Strategie der FDP gemeint war, sondern die fachgerechte Entfernung von Eingeweiden aus dem erlegten Wildtier. Man hatte den Eindruck, als wildere hier ein passionierter Porschefahrer im Revier von Hubert Aiwanger … ein bisschen hatte es sogar was von den damaligen Image-Bildern vom jagenden Putin - bloß ohne blanken Oberkörper.

Auf der Suche nach neuen Wählern legte Lindner dann gestern nach. Durch eine gezielte Indiskretion aus dem Finanzministerium wurde bekannt, dass die Steuerfreigrenze um satte 150 % erhöht werden soll. Bevor Sie jetzt jubeln: Es geht nicht um die Einkommenssteuer, sondern um die Biersteuer für Haus- und Hobbybrauer für Bier zum eigenen Gebrauch. Bisher waren 200 Liter Bier jährlich steuerfrei. Das reicht gerade mal für ne Halbe pro Tag – oder wahlweise für 6 Maß pro Bundesliga-Spieltag. Damit kann man sich die Spiele des FC Bayern nicht mehr schön saufen. Und für die Europameisterschaft bleibt dann überhaupt nichts mehr übrig.

Rechtzeitig vorm drohenden Engpass will das Finanzministerium daher die Steuerfreigrenze für selbstgebrautes Bier von 200 auf 500 Liter heraufsetzen und zielt damit auf die Wählergunst der wachsenden Home-Brew-Szene. Nach Urban Gardening und Balkonkraftwerken hat Lindner das Homebrewing als drittes Standbein eines autarken Daseins ausgemacht und statuiert nebenbei auch noch ein Exempel für Entbürokratisierung: Die bisher geltende Anmeldungspflicht für Haus- und Hobbybrauer beim zuständigen Hauptzollamt entfällt! Endlich ist Schluss mit den langen Warteschlangen bei den Hauptzollämtern, wo sich friedfertige Bierbrauer bei zwielichtigen Zigarettenschmugglern sowie Tier- & Teppichhändlern einreihen mussten …

Steuerfreiheit für zuhause erzeugte Kraftstoffe!

Die verfassungsmäßig sakrosankte schwarze Null im Bundeshaushalt ist durch Lindners Steuer-Frei-Bier übrigens nicht ernsthaft gefährdet: Die Einnahmen der Biersteuer für Selbstgebrautes brechen bei den Ländern weg und nicht beim Bund. Und sie betrugen im Jahr 2021 auch nur 11.000 Euro ...

Bei solch mickrigen Summen steigt dann doch der Verdacht auf, die großzügige Steuerbefreiung auf Hausgebrautes könnte vielleicht nur ein Versuchsballon für ein weitaus größeres Vorhaben Lindners sein. Wahrscheinlich liegt der Referentenentwurf schon in der Schublade: Steuerfreiheit für zuhause erzeugte Kraftstoffe! Selbsterzeugter E-Fuel statt selbstgebrannter E-Fusel. Jede Woche sprudelt eine steuerfreie Tankfüllung aus dem Keller. Ob man die im Porsche oder im Polo verballert, das bleibt der liberalen Eigenverantwortung überlassen.

Und mit dem passenden Slogan sieht sich Lindner bereits in den Umfragewerten an Pistorius vorbeiziehen: Deutschland muss wieder fahrtüchtig werden!


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