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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Abendbrot adé?

Das Abendbrot ist out bei der Jugend. Zumindest das „kalte“ klassische Abendbrot. Man bevorzugt jetzt warme Speisen. Nur, was macht das mit unseren Gemütern? Heizt diese Umfrage sie eher auf, oder lässt sie einen kalt? Das wäre mal interessant zu erfahren. Vielleicht mit einer Umfrage!? Eine Glosse von Helmut Schleich.

Von: Helmut Schleich

Stand: 14.02.2025

Haben Sie’ s auch gehört? Das Abendbrot stirbt aus. In einer Umfrage  sagen nur noch 25% der jungen Menschen unter 25 Jahre ja zum klassischen deutschen „Abendbrot“.

Jetzt muss ich ehrlich zugeben, Hand auf’s Herz, mir persönlich vertreibt schon das Wort „Abendbrot“ jedwede Lust auf’s essen. Vielmehr halte ich den Ausdruck „Abendbrot“ wie auch die Vokabel „lecker“ für geradezu bildhafte Ausdrücke protestantisch-norddeutscher Genussfeindlichkeit.

Dennoch muss man sich fragen: Die Jugend isst kein Abendbrot mehr, gestern kam die Meldung, Komasaufen ist auch komplett rückläufig, Klima-kleben tun sie auch nicht mehr… Was machen die eigentlich noch? Gut, essen tun sie ja schon noch. Halt lieber warm. Und irgendwie ist ja ein Döner oder ein Burger nach 18 Uhr auch ein belegtes Abend-Brot.

Viel interessanter als die Frage, was gegessen wird finde ich ja die Frage, wo gegessen wird. Womöglich auch wie.

Und in einer Zeit, in der man von Manchen schon rechts verortet wird, wenn man versehentlich ein falsches Personalpronomen benutzt, ist es verdammt wichtig, alles richtig zu machen. Zum Beispiel, das Richtige zu essen. „Ne vegane Alternative“, oder asiatisch. Und dort gehört Brot ja bekanntlich nicht zum Speiseangebot. „Abendreis“, das geht. Oder eben korrekt Dönerbox mit Pommes. Je nachdem welche Gruppenzugehörigkeit man für sich definiert. „Du bist, was Du isst“, gilt heute mehr denn je.

Nicht von Ungefähr wurde die Abendbrot-Umfrage von einem Hersteller pflanzlicher Käse-Alternativen in Auftrag gegeben. Also Titanwurz statt Romadour, rein olfaktorisch betrachtet.

Viel interessanter als die Frage, was gegessen wird finde ich ja die Frage, wo gegessen wird. Womöglich auch wie. Wenn ich erlebe, wie Menschen im Gehen, mitunter auch in der U-Bahn, hastig und verstohlen irgendwelche Imbisse in sich hineinstopfen um das lästige Thema Essen möglichst schnell hinter sich zu bringen, dann sagt das doch über eine Gesellschaft weit mehr aus als die Frage „Abendbrot oder Asiabowl“. Nahrungsaufnahme als lästige Notwendigkeit zwischen Smartphone und Job.

Und wenn man sich dann noch ausmalt, wie viele von denen, die sich nicht schon in der U-Bahn selber abfüttern, daheim unfreiwillig alleine essen, und das täglich, dann muss man sagen, das Ausmaß der Vereinzelung ist beachtlich.

Gut so. Man muss ja auch einmal an die Gefahren denken, die von gemeinsamen Mahlzeiten ausgehen. Gemeinsames Essen kann was Subversives haben. Da sitzt man beieinander, isst, trinkt, unterhält sich, tauscht Ansichten aus und kommt dabei womöglich auf dumme Ideen.

Wobei ein klassisches Abendbrot, also belegte Brote mit Käse, Wurst, Gurkerl und Tomate, so derart brav sind, dass sich davor kein Staat dieser Welt fürchten braucht.

Eben alles eine Frage der Perspektive.


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