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Runter von der Couch! Bewegung ist gesund

Bewegung ist gut für die Gesundheit – das ist lange bekannt. Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs treten dann weniger oft auf. Aber warum ist Bewegung eigentlich so gesund?

Von: Monika Dollinger

Stand: 05.12.2023 |Bildnachweis

Paar beim Fahrradfahren | Bild: colourbox.com

Experte:

Prof. Dr. Martin Halle, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Sportmedizin, Präventive Sportmedizin und Sportkardiologie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München

Bewegung ist gut für die Gesundheit – das ist lange bekannt. Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs treten dann weniger oft auf. Patienten haben auch seltener einen zweiten Herzinfarkt, wenn sie Sport treiben. Wer allerdings mit Herzproblemen zu kämpfen hat, verzichtet meist auf Sport, um kein Risiko einzugehen. Doch Sport kann die Gesundheit von Herzpatienten fördern, belegt eine aktuelle Studie, an der Sportmediziner Prof. Martin Halle mitgewirkt hat. Herzpatienten können ihr Herz stärker belasten als bisher gedacht. Hier die Ergebnisse und Tipps zusammengefasst:

Auch Herzpatienten können und sollen an ihre Belastungsgrenze gehen.

In der Studie wurden drei Gruppen von Herzpatienten verglichen: Diejenigen, die gar keinen Sport getrieben haben, diejenigen mit moderatem Training (wie etwa Spazierengehen) und die dritte Gruppe, die durch Intervalltraining den Puls maximal gesteigert hat. Das Ergebnis zeigt, dass die Herzpatienten der letzten Gruppe erstaunlich weit an die Maximalgrenze gehen konnten als die Patienten mit moderatem Training.

Wichtig ist, die individuelle Belastungsgrenze testen zu lassen.

Da Herzpatienten oftmals Angst haben, überhaupt ihr Herz zu belasten, kann ihnen der Test ihrer höchstpersönlichen Belastungsgrenze Vertrauen zurückgeben. Ihr Arzt (Kardiologe) sollte dafür ein Belastungs-EKG durchführen. Dabei ist es wichtig, an die maximale Belastungsgrenze des Patienten zu gehen und keinesfalls früher aufzuhören. Nur so können die Patienten sichergehen, dass sie ihren Rahmen ausschöpfen und sich dennoch nicht überbeanspruchen.

Ausdauersportarten eignen sich am besten.

Sportarten mit kontinuierlicher Bewegung wie Walken, langsames Joggen oder Radfahren sind besonders empfehlenswert. Alle Bewegungen, bei denen das Herz nicht alleine trainiert wird, sondern auch die Lunge und die Muskulatur eine Rolle spielen. Je besser die Lunge und die Muskulatur (vornehmlich die der Beine) arbeiten, desto mehr entlastet das das Herz. Dann sind auch Pulsfrequenzen von 130 oder 140 Schlägen pro Minute möglich. Und es ist in Ordnung, wenn man außer Atem kommt und schwitzt. Tipp: Herzpatienten sollten eine Pulsuhr tragen, um überprüfen zu können, welche Bewegung zu welcher Belastung führt, und um sichergehen zu können, dass sie sich in ihrem eigenen Sicherheitsbereich befinden.

Medikamente nicht vergessen!

Sport ersetzt nicht die Herzmedikamente. Im Gegenteil, bei einer guten Therapie sind sie eng mit dem Training verzahnt. Mit den neuen Medikamenten kann man sogar höhere Belastungsintensitäten erreichen und so größere Effekte erzielen, als dies vor Jahrzehnten möglich war.

Die Blutgefäße sind wichtig für die Versorgung des ganzen Körpers mit Nährstoffen wie Sauerstoff, Vitaminen, Zucker und Fetten. Ein schlechter Zustand der Blutgefäße kann krank machen.

Denn wenn die Gefäße nicht mehr richtig funktionieren, können Herzinfarkt, Schlaganfall, Beeinträchtigung der Nierenfunktion und weitere Krankheiten auftreten. Wenn die Gefäße gut funktionieren, altern die Zellen und Organe langsamer, chronische Erkrankungen treten später und seltener auf.

Bewegte Gefäße

Durch höheren Puls und höhere Blutfluss zirkuliert das Blut schneller durch den Körper. Der Effekt: Gefäße werden gedehnt und der Blutstrom reizt die Gefäßwände. Diese Dehnung löst einen chemischen Reiz in der Gefäßwand aus, der Alterungsprozessen der Gefäße entgegen wirkt und diese elastischer hält.

Jung bleiben

Ein 60-Jähriger, der sportlich immer aktiv war, kann seine Gefäße so jung halten, wie sie mit 30 waren. Das heißt: Die Gefäßelastizität kann man über 30 Jahre hinweg erhalten. Die eigentlich zunehmende Steifigkeit mit dem Altersgang wird aufgehalten. Damit bleibt auch das Herz jünger, weil es weniger belastet wird. Denn grundsätzlich gilt: Ein 70-Jähriger, der natürlicherweise mehr Bindegewebe und einen fortgeschrittenen Alterungsprozesse der Zellen hat, hat auch ein steiferes Herz als ein Jüngerer. Und Menschen mit Risikofaktoren wie Übergewicht, erhöhtem Blutdruck oder Vorstufen des Diabetes, entwickeln frühzeitig sowohl steife Gefäße als auch einen steifen Herzmuskel. Letzteres kann auch durch ein körperliches Trainingsprogramm aus Ausdauer- und Krafttraining (etwa dreimal pro Woche für 30 min) verbessert werden.

Verstopfte Gefäße

Über die Jahre lagert sich Cholesterin an den Gefäßwänden an. Ein zu hoher Zuckerspiegel im Blut verändert das Cholesterin und macht es aggressiver. Es greift dadurch die Gefäßwände an und macht diese spröde. Die Blutgefäße werden so geschädigt und werden durch die Cholesterinauflagerungen über die Jahre immer enger. Durch regelmäßiges Training kann die Ablagerung in den Gefäßwänden verringert werden.

Folgen kranker Blutgefäße

Wenn sich die Blutgefäße über die Zeit versteifen und verengen, dann ist der Sauerstofftransport jenseits der Engstellen reduziert. Dieser ist aber lebensnotwendig für jede Zelle im Körper, ansonsten sterben die Zellen innerhalb von wenigen Minuten ab. In fortgeschritten Fällen ist die Durchblutungsstörung am Herzen erkennbar und macht sich durch Beschwerden wie Druck auf dem Brustkorb während körperlicher Anstrengung bemerkbar. Das Problem ist gravierend, wenn die Gefäße komplett verstopft sind: Dann können die Zellen nicht mehr arbeiten, Organteile fallen aus, so zum Beispiel am Herz oder im Gehirn. Fallen die kleinen Gefäße aus, betrifft dies besonders die Nieren.

Was verloren ist, ist verloren?

Man kann die Gefäße in gewisser Weise revitalisieren: In sechs bis acht Wochen lässt sich die Steifigkeit der Gefäße, die noch nicht verhärtet sind, fast wieder bis in den Normalzustand rückführen. Wenn es aber bereits aufgrund einer deutlichen Cholesterinablagerung zu einer Verkalkung oder Verhärtung der Blutgefäße gekommen ist, kann dies nicht rückgängig gemacht werden. Allerdings kann ein körperliches Training die Cholesterinablagerungen praktisch „versiegeln“, d.h. quasi mit einer Kappe versehen. Dadurch wird das Aufplatzen dieser Cholesterinablagerungen in das Gefäß hinein verhindert - ein wichtiger Schutz vor dem Herzinfarkt.

Achtung Gefahr: Wenn man sich nicht bewegt...

...dann fördert man die Entstehung von Herzinfarkt und Schlaganfall. Bei steifen Gefäßen können sich die Ablagerungen leichter ablösen, oder die Cholesterinansammlungen können platzen. Dies führt im schlimmsten Fall zum Verschluss des Gefäßes und zum kompletten Zelluntergang jenseits dieses Verschlusses. Je größer das Gefäß, desto größer der Schaden.

Und wenn man sich regelmäßig bewegt...

...kann man das Risiko für einen Herzinfarkt um 25 Prozent und das Risiko für einen Schlaganfall um 20 Prozent senken.

Jung übt sich

Der Prozess der Gefäßalterung beginnt schon ganz früh: Bereits übergewichtige und inaktive Kinder haben steifere Gefäße. Je mehr Alterungsfaktoren vorhanden sind, umso schneller läuft er Gefäßalterungsprozess ab. In westlichen Ländern haben bereits Männer mit dem 35. Lebensjahr zu 15 Prozent und Frauen zu fünf Prozent merkliche Cholesterinablagerungen, vor allem wenn sie rauchen. Blutgefäße "merken" sich dies, auch wie viel sie durch Bewegung aktiviert werden. Das bedeutet, dass man sich auch schon in jungen Jahren regelmäßig bewegen, möglichst schlank bleiben und nicht rauchen sollte.

Rauchen

Die Schadstoffe, die man beim Rauchen aufnimmt, sind hochgiftig. Sie gehen direkt über die Lunge in die Blutgefäße und führen dort zu einer frühzeitigen Alterung - vor allem, wenn sie sich mit hohen Cholesterinspiegeln verbinden. Beispiel: Wenn ein Jugendlicher zehn Jahre geraucht hat, sind seine Blutgefäße schon weit älter. Sie entsprechen denen eines 30- oder 40-Jährigen.

Beispiel: Wenn ein Jugendlicher zehn Jahre geraucht hat, sind seine Blutgefäße schon weit älter, sie entsprechen denen eines 30- oder 40-Jährigen.