Schwindelformen Ursachen und Risikofaktoren
Am häufigsten ist der gutartige Lagerungsschwindel; etwa jeder zehnte Mensch leidet in seinem Leben daran.
"Fast genauso viele Patienten suchen uns entweder wegen des psychisch bedingten Schwindels auf - der sog. funktionelle Schwindel - oder wegen Beschwerden, die ihre Ursache im Hirnstamm oder Kleinhirn haben." Prof. Strupp
An einer Schwindelmigräne oder der Menièreschen Erkrankung leiden jeweils ein Zehntel der Patienten. Nur bei etwa fünf Prozent der Patienten sind die Fachleute unsicher, welche Ursachen die Schwindelattacken haben.
Der gutartige Lagerungsschwindel
Dieser Schwindel entsteht durch eine Störung in einem Bogengang: Bei den betroffen Patienten liegen die kleinen Kristalle nicht mehr an ihrer vorbestimmten Stelle, sondern haben sich gelöst. Bei bestimmten Kopf- und Körperbewegungen kullern sie in den Bogengängen hin und her und lösen dadurch kurze Drehschwindelattacken aus, häufig auch Übelkeit und Erbrechen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn man sich im Bett umdreht und seine Kopflage verändert. Wenn man wieder stillhält, bleiben sie liegen, und die Schwindelattacke klingt ab.
Die Menièresche Erkrankung - Schwindel plus Hörstörungen
Diese Schwindelform - erstmalig 1861 beschrieben - hat ebenfalls ihren Ursprung im Gleichgewichtsorgan. Charakteristisch dafür ist, dass die Patienten plötzlich einen starken Drehschwindel spüren und gleichzeitig Ohrengeräusche, eine Hörminderung oder Druckgefühl auf dem betroffenen Ohr. Diese Erscheinungen können minutenlang bis zu einem Tag anhalten und immer wieder auftreten.
Man vermutet, dass diese Beschwerden mit der Flüssigkeit zusammenhängen, die um die empfindlichen Sinneszellen des Gleichgewichtsorgans und des Innenohrs fließt. Bei der Menièreschen Erkrankung wird entweder zu viel Flüssigkeit gebildet oder zu wenig Flüssigkeit aufgenommen. Dadurch entsteht ein erhöhter Druck im Innenohr auf die feinen, membranartigen Schläuche. Wenn der Druck so groß wird, dass die Schläuche einreißen und Flüssigkeit austritt, entsteht die Schwindelattacke.
Psychisch bedingter Schwindel: der funktionelle Schwindel - ein Teufelskreis
Der funktionelle Schwindel kommt typischerweise bei etwas zwanghaften und zu vermehrter Kontrolle neigenden perfektionistischen Menschen vor. Häufig hat der Patient am Anfang der Erkrankung eine Schwindelattacke als sehr verunsichernd erlebt. Daraufhin bekommt er verständlicherweise Angst vor der nächsten Schwindelattacke und beobachtet sich vermehrt selbst.
"Typischerweise verstärken sich dieser Benommenheitsschwindel in Menschenansammlungen oder wenn die Patienten über weite Plätze gehen, und deshalb fangen sie an, diese Situationen zu vermeiden - ein Teufelskreis also. Während sportlicher Aktivitäten, nach leichtem Alkoholgenuss und an frühen Morgen sind Beschwerden häufig geringer. Oft sind davon sehr perfektionistische Menschen betroffen, die vieles unter Kontrolle behalten möchten und dieses Kontrollgefühl auf ihre Balance übertragen."
Prof. Strupp
Alter als Risiko
Schwindel nimmt mit zunehmendem Alter zu. Der Grund: Um gerade zu stehen und sicher zu gehen, benötigt das Gehirn Informationen von verschiedenen Sinnesorganen: den Gleichgewichtsorganen, Haut- und Muskelfühlern und den Augen. Es kann zu einer vorzeitigen Alterung der Gleichgewichtsorgane bis hin zu deren beidseitigen Ausfall kommen. Ältere Menschen leiden zusätzlich häufiger an Erkrankungen der peripheren Nerven, sodass die Patienten weniger Informationen zum Beispiel aus den Bein- oder Fußmuskeln bekommen und sich dadurch schon unsicherer fühlen. Schließlich gibt es Augenerkrankungen wie die Makuladegeneration die vor allem im Alter auftreten und die dazu führen, dass man schlechter sieht.
"Manchmal ist bei älteren Menschen der Blutdruck zu niedrig eingestellt. Das kann zu Blutdruckschwankungen im Bereich des Gehirns führen, und diese Störungen zeigen sich dann in Form eines Schwankschwindels beim raschen Aufstehen."
Prof. Strupp
Können auch Kinder an Schwindel leiden?
Schwindel ist bei Kindern gar nicht so selten. Die häufigste Ursache ist eine Form der kindlichen Migräne. Doch manchmal haben die Kinder dabei keine Kopfschmerzen. Stattdessen leiden sie an einem über Stunden andauernden Schwank- oder Drehschwindel mit oder ohne Übelkeit, und irgendwann kommt dann noch der Kopfschmerz dazu, so Prof. Strupp.
Wenn Kinder an Schwindel leiden
Kinder können außerdem an einem gutartigen Lagerungsschwindel leiden, z.B. nach einem Unfall: Am nächsten Morgen dreht sich das Kind im Bett um und hat dann einen heftigen Drehschwindel. Es bleibt ruhig liegen, der Schwindel klingt ab, es dreht sich noch mal um, hat wieder einen heftigen Drehschwindel. Wenn ein Kind solche Schwindelattacken beschreibt, sollte man an diese Schwindelart denken.