100 aus 100: Die November-Staffel Von "Der Weg in die Freiheit" bis "Adolf Eichmann: Ein Hörprozess"
Die Hörspiel-Collection geht weiter mit Wegbereitern der neuen Kunstform Hörspiel wie Fred von Hoerschelmann und führt über Günter Eichs "Träume" von 1951 schließlich in die Gegenwart zu Noam Brusilovskys "Adolf Eichmann: Ein Hörprozess" aus dem Jahr 2021.
1933: Der Weg in die Freiheit
Seit Jahren lebt Wegel mit dem tyrannischen Rauk auf einem Leuchtturm. Eines Tages bekommen die beiden Männer Besuch von einer jungen Frau, die sich Wegel annähert. Rauk wittert Gefahr und will das Mädchen vertreiben. Am Ende heißt es: „Wir stellen die natürliche Ordnung der Dinge wieder her." Der Schriftsteller Fred von Hoerschelmann (1901–76) zählte in der Weimarer Republik zu den Wegbereitern der neuen Kunstform des Hörspiels. | Von Fred von Hoerschelmann | Mit Heinrich George, u.a. | Komposition: Wilhelm Rettich | Bearbeitung und Regie: Arnolt Bronnen | Reichs-Rundfunk-Gesellschaft 1933
1947: Draußen vor der Tür
Kriegsheimkehrer Beckmann sucht in seiner Heimat Hamburg einen neuen Anfang. Doch für den von der fernen Front im Osten zurückkehrenden Soldaten ist kein Platz mehr. Die Nachkriegsgesellschaft verweigert ihm die Integration. Das im Hamburger Kältewinter 1946/47 vom ehemaligen Soldaten Wolfgang Borchert kurz vor seinem Tod mit 26 Jahren geschriebene Drama ist ein Klassiker der Trümmerliteratur. | Von Wolfgang Borchert | Mit Hans Quest u.a. | Komposition: Werner Haentjes | Regie: Ludwig Cremer | NWDR 1947
1951: Träume
Günter Eichs Hörspiel handelt von Alpträumen, die sich mit dem Zweiten Weltkrieg, dem Kalten Krieg und dem Kolonialismus auseinandersetzen. Eine Familie aus Alten und Kindern fährt seit Jahrzehnten in einem dunklen Güterwagen durch die Welt. In einer Wolkenkratzerwohnung in New York höhlen Termiten in unersättlicher Fressgier alles unbemerkt von innen her aus. Zur Ursendung gab es wütende Telefonanrufe und Beschwerdebriefe. | Von Günter Eich | Mit Erich Schellow u.a. | Komposition: Siegfried Franz | Regie: Fritz Schröder-Jahn | NWDR 1951
1962: Zauberei auf dem Sender. Versuch einer Rundfunkgroteske
Am 24. Oktober 1924 trauten die Radiohörer ihren Ohren nicht: „Der Sender ist verrückt, Chaos, Stimmengewirr, Trommelfellangst“, schrieb ein Kritiker. Hans Flesch, der junge künstlerische Leiter des Senders Frankfurt, spielt mit den Möglichkeiten des neuen Mediums: Während eine Märchentante eine Geschichte erzählt, ertönen auf einmal Zahlen, Tanzmusik setzt ein und Rundfunkleute versuchen den seltsamen Spuk zu beenden. Das Original wurde 1924 live gesendet und ist nicht erhalten. | Von Hans Flesch | Mit Hans-Helmut Siewert u.a. | Regie: Theodor Steiner | hr 1962
1967: Regina B. – Ein Tag in ihrem Leben
Regina Bayer, Arbeiterin und Mutter zweier Kinder, wird von ihrem Freund verlassen. Sie fasst den schwerwiegenden Entschluss, sich über ein vom Betrieb beworbenes Abendstudium zur Ingenieurin weiterzubilden. Von Kollegen und Vorgesetzten wird sie gemobbt und zurückgewiesen: Wie soll das gehen, ein Abendstudium als alleinerziehende Mutter? | Von Sigfried Pfaff | Mit Lissy Tempelhof, Dieter Wien, Ingeborg Krabbe | Regie: Fritz-Ernst Fechner | Rundfunk der DDR 1967
1973: Demolition
Die beiden letzten interplanetaren Wirtschaftsimperiumen liefern sich ein Kampf um Leben und Tod. Die erste Produktion der Hörspielgeschichte mit Kunstkopf für 3D-Sound. Durch Geräusche von allen Seiten hat der Hörer den Eindruck, mitten im Geschehen zu sitzen. | Nach dem Science-Fiction-Krimi The Demolished Man von Alfred Bester | Mit Hans Peter Hallwachs u.a. | Komposition: Friedrich Scholz/Klaus Dieter Mäurich | Bearbeitung und Realisation: Ulrich Gerhardt/Klaus Krüger/Hans Ulrich Minke/Friedrich Scholz/Ursula Starck | RIAS/BR/WDR 1973
1986: Locomotion
Lautsprecherdurchsagen, ein Pfiff, der Zug setzt sich wieder in Bewegung. Ortswechsel, Ortsveränderung. Eine akustische Reise durch vier Länder, vier Sprachen. Von Berlin über Paris, Barcelona, Madrid, Granada, Tanger, Casablanca bis nach Marrakesch. Ein akustischer Film. | Von Alfred Behrens/Norbert Jochum | hr/BR/SFB 1987
2002: Heidi Hoh 3: Die Interessen der Firma können nicht die Interessen sein, die Heidi Hoh hat
Heidi Hoh, die Heldin dieser Radikal-Soap, sucht als „vollautomatisierte Kundendienstlerin“ nach Glück und Erfolg in einer entfremdeten Welt. Als Mitarbeiterin der New Economy ist Heidis Arbeits- und Privatleben zu einer allgegenwärtigen Produktionsbereitschaft verschmolzen. Es gibt nurmehr einen Ausweg gegen diesen „die Subjekte absorbierenden Scheiß-Neoliberalismus“: die „Selbstzerstörung des Betriebs, der man ist“. | Von René Pollesch | Mit Christine Groß, Nina Kronjäger, Claudia Splitt | Regie: René Pollesch | NDR/DLR 2002
2012: Orphée mécanique
Orpheus wird für seine exzentrischen Konzerte gefeiert. Zusammen mit seiner großen Liebe Eura führt Orpheus ein unbekümmertes Dandy-Dasein, bis eines Tages die Stadt von einer unheimlichen Krankheit heimgesucht wird, der auch Eura zum Opfer fällt. Betäubt vom Schmerz beschließt Orpheus, sie aus der Welt der Toten zurückzuholen. Neufassung des antiken Orpheus-Mythos’ in Anlehnung an Dino Buzzatis Pop-Art-Comic „Orphi und Eura“ (1968). | Von Felix Kubin | Mit Lars Rudolph, Gerhard Garbers, Yvon Jansen, Charlotte Crome, Traugott Buhre, Marlen Diekhoff | Komposition und Realisation: Felix Kubin | BR 2012
2021: Adolf Eichmann: Ein Hörprozess
Dieses Bild ging um die Welt: Adolf Eichmann, Hauptorganisator der Ermordung der europäischen Juden in der NS-Zeit, sitzt 1961 in Jerusalem als Angeklagter in einer gläsernen Kabine aus schusssicherem Glas. Zeugen aus allen europäischen Ländern berichten vom Alltag der Verfolgung und Vernichtung. Zum ersten Mal in der Aufarbeitung der NS-Verbrechen wurde der komplette Prozess live im Radio übertragen. Doku-Hörspiel über eine Berichterstattung, die sich ins kollektive Gedächtnis der Israelis brannte. | Von Noam Brusilovsky/Ofer Waldman | Mit Walter Kreye u.a. | Regie: Noam Brusilovsky | rbb/DLF 2021