4. März 1936 Erster Probeflug der Hindenburg
Der Traum vom Fliegen - vielleicht ging er nie luxuriöser in Erfüllung als mit dem Luftschiff Hindenburg. Am 4. März 1936 war der Probeflug über dem Bodensee, dann ging es weiter nach Übersee - bis zur Katastrophe von Lakehurst.
04. März
Freitag, 04. März 2011
Autorin: Silke Wolfrum
Sprecher: Hans-Jürgen Stockerl
Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung
Früher bedeutete Fliegen Freiheit, das Unmögliche möglich machen, den Göttern nahe sein. Heute fliegt jeder. Fliegen ist preiswert, schnell und unkompliziert, nur eines ist es nicht mehr: etwas Besonderes und schon gar kein Vergnügen. Wie anders war das doch im Zeitalter der Luftschiffe! Und besonders im Jahr 1936, als das größte fliegende Luxushotel der Welt in den Himmel schwebte: die Hindenburg. Am 4. März 1936 nahm sie ihren ersten Probeflug über dem Bodensee auf und schon zwei Monate später ihre erste Passagierfahrt von Deutschland nach Nordamerika.
Während unsereins vor dem Abflug stundenlang in Warteschlangen ausharrt und gereizt überlegt, ob er nicht doch versehentlich die Nagelschere im Handgepäck gelassen hat, konfiszierte man den Gästen der Hindenburg lediglich Zündhölzer, Feuerzeuge und Kameras. Erstere um das mit Wasserstoff gefüllte Traumschiff nicht zu entzünden, letztere um keine Aufnahmen von geheimen deutschen Militäreinrichtungen machen zu können. Übelkeit beim Start kam bei der Hindenburg auch nicht vor. Der 245 Meter Lange und 41 Meter dicke Gigant schwebte so leicht empor, dass manche Passagiere den Abflug in ihren Kabinen schlichtweg verschliefen.
Ja richtig: Kabinen. Dort standen Waschbecken mit heißem und kaltem Wasser und Betten, in denen man die Beine ausstrecken konnte. Vor dem Schlafengehen stellte man die Schuhe auf den Flur und fand sie am Morgen geputzt wieder. Doch waren die Kabinen noch der unluxuriöseste Teil der Hindenburg. Während wir bei Transatlantikflügen - in Fünfer-Sitzreihen eingepfercht - nur die Möglichkeit haben A-Movies anzuschauen, Duty-Free-Produkte zu kaufen oder in Werbebroschüren zu blättern, verlustierten die Gäste der Hindenburg sich auf zwei verschiedenen Decks. Im komfortablen Gesellschaftsraum auf dem A-Deck klimperte man auf dem Blüthner-Flügel und sang "Heaven, I’m in Heaven". Im Speisesaal nahm man an weiß gedeckten Tischen Platz, lächelte sich über die frischen Schnittblumen hinweg zu und verspeiste auf eigens für die Hindenburg angefertigten Porzellan-Tellern Wildbretkotelett Beauval mit Berny-Kartoffeln. Anschließend konnte man entweder im Lese- und Schreibraum Postkarten an die Lieben zu Hause schreiben oder sich im Rauchsalon auf dem B-Deck mit dem einzigen Feuerzeug an Bord eine Zigarre anstecken. Bis 3.00Uhr morgens wurden dort Cocktails serviert.
Das Schönste jedoch war sicherlich der Ausblick aus den geöffneten Fenstern auf der Promenade. Aus 220 Metern Höhe winkte man Dampfern und Walfischen zu und später der Freiheitsstatue. Die zwei Hakenkreuze auf den Heckflossen konnte man von dort aus vielleicht übersehen und somit vergessen, dass dieser Traum der Lüfte auch zu Propagandazwecken der Nazis missbraucht wurde. Sehr zum Ärger von Hugo Eckener, unter dessen Leitung der Gigant gebaut worden war. Er soll gesagt haben:
"Er ist wie einer jener buntschillernden Schmetterlinge, die sinnbezaubernd im Sommerlicht gaukeln, aber schnell ein schützendes Versteck aufsuchen, wenn ein Unwetter aufzieht. Ich habe deshalb auch öfters, wenn er bei seinem Erscheinen am Himmel von der Menschenmenge so begeistert begrüßt wurde, die Empfindung gehabt, als ob man in ihm ein Zeichen und Symbol eines gesicherten Friedens zu sehen glaubte oder wenigstens das Symbol des Wunschtraumes eines ewigen Friedens unter den Völkern."
1937 verbrannte die Hindenburg bei ihrer Landung in Lakehurst vollständig, es starben 36 Menschen und mit ihnen auch der Traum vom göttergleichen Fliegen.