5. Februar 1865 Wilhelm Busch bietet „Max und Moritz“ an
Er hat „Max und Moritz“ auf die Welt gebracht, die bösen Helden des bekanntesten Kinderbuchs der Welt – Wilhelm Busch. Am 5. Februar 1865 konnte er sein Manuskript erfolgreich einem Verlag anbieten, allerdings erst auf den zweiten Streich. Der erste Verleger fand die Streiche der Lausbuben zu drastisch.
05. Februar
Freitag, 05. Februar 2010
Autor(in): Carola Zinner
Sprecher(in): Wolf Euba
Redaktion: Thomas Morawetz
Warnung: Dieses Buch gefährdet ihre Gesundheit!
Erschienen sie heute, dann müssten Wilhelm Buschs Werke wohl mit einem solchen Vermerk versehen werden. In keinem Kinderbuch wird so viel geraucht. Tobias Knopp und der Maler Klecksel, der angeblich so brave Vetter Franz, aber auch der Frosch, der drei Tage lang „so krank“ war - sie alle frönen genüsslich dem Rauchtabak. Was auch nicht neutralisiert wird durch den Umstand, dass es Krieschan miserabel ergeht, nachdem er Vaters „Piepe“ nicht „stahn“ lassen will.
Das daraus resultierende Leiden des Knaben übrigens kannte Busch aus eigener Erfahrung. Der leidenschaftliche Raucher hatte diverse Nikotinvergiftungen. So auch im Jahr 1881. Dieses, sein 49. Lebensjahr, stand ohnehin unter keinem guten Stern. Die jüngsten Arbeiten verkauften sich schlecht. Zudem fühlte er das Alter kommen. Sein „Hang zur Einsamkeit“ werde, so schrieb er an einen Münchner Freund, wie seine „Glatze immer größer“. Und nun erteilte ihm der Arzt - als Konsequenz auf einen gesundheitlichen Kollaps - auch noch Rauchverbot! In solch freudlosen Zeiten sollte eine Reise Aufheiterung bringen: Busch machte sich auf nach München, den Schauplatz seines ersten großen Erfolges. Rund 15 Jahre lag der nun zurück. Anno 1865 hatte er dem Münchner Verleger Caspar Braun per Brief vom 5. Februar ein Manuskript angeboten: „Ich schicken Ihnen hier die Geschichte von Max und Moritz, mit der Bitte, das Ding recht freundlich in die Hand zu nehmen und hin und wieder ein wenig zu lächeln...“
Die kleine Unsicherheit, die da mitschwingt, resultiert aus dem Umstand, dass Busch bereits eine Absage kassiert hat, und zwar vom Sohn des berühmten Zeichners Ludwig Richter, dem Dresdner Verleger Heinrich Richter. Dem hatte die „Lausbubengeschichte in sieben Streichen“ zwar gut gefallen, doch schien sie ihm zu drastisch fürs brave Biedermeier-Publikum. Richter brachte sich mit dieser Einschätzung um das Geschäft seines Lebens: „Max und Moritz“ wurde zum bekanntesten Kinderbuch der Weltliteratur und Wilhelm Busch der gefeierte Meister der Bildergeschichte.
Doch trotz aller Erfolge tat er sich schwer mit der Welt.
Hochsensibel und geradezu quälend scharfsichtig, suchte er, der größte Dichter unter den Zeichnern und größte Zeichner unter den Dichtern, lange und immer wieder nach seiner Rolle: fand er sie als Junggeselle oder Ehemann, in der Stadt oder auf dem Land?
Mitten in der Krise nun also der Besuch in München, das Treffen mit alten Freunden. Doch statt den erhofften Stimmungswechsel bringt der städtische Trubel Busch nur noch mehr in Turbulenzen. Zum krönenden Fiasko wird ein Abend im Künstlerverein „Allotria“. Busch, der bereits angetrunken erscheint, mokiert sich so lautstark über das arrogante „Getu“ der anwesenden Münchner Gesellschaft, dass ihn seine Freunde Lenbach und Kaulbach aus dem Raum führen müssen. Beim gemeinsamen Essen dann wirft Busch mit Käse um sich und zieht schließlich - sozusagen als großes Finale - Lenbachs Schwester den Stuhl weg, als diese sich gerade setzen will.
Am nächsten Tag verließ Wilhelm Busch München, um nie mehr hierher zurückzukommen. Mit dem Wissen, dass das Stadtleben nichts mehr für ihn war, kehrte er heim in sein ländliches Refugium, dorthin, wo neben seiner Arbeit auch noch eine gute alte Freundin auf ihn wartete: die Pfeife.