8. März 1910 Raymonde de Laroche besteht Pilotenprüfung
Die Baronin Raymonde de Laroche war zwar nicht adlig, aber unerschrocken. Am 8. März 1910 bestand sie in Frankreich als erste Frau der Welt eine Pilotenprüfung.
08. März
Freitag, 08. März 2013
Autor(in): Ulrike Rückert
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Grafik: Angela Smets
Redaktion: Thomas Morawetz
"Die erste fliegende Frau ist auf der Weltbühne erschienen", titelte eine Zeitung, als Baronin Raymonde de Laroche im Oktober 1909 ganze sechs Kilometer weit flog. Und am 8. März 1910 bescheinigte ihr der Aéro-Club de France, dass sie - als erste Frau der Welt - zur Flugzeugführerin ernannt worden sei. Da war sie ungefähr 25 Jahre alt - ihr Geburtsdatum ist nicht genau bekannt, und den klingenden Namen samt Adelstitel hatte sie sich selbst verliehen. In Wahrheit soll sie eine Klempnerstochter gewesen sein, und sie hatte sich als Schauspielerin und Autorennfahrerin versucht, bevor sie ihre Leidenschaft für die Aviatik entdeckte.
Entsetze Zuschauer
Sechs Jahre zuvor erst hatte die Geschichte der motorisierten Luftfahrt begonnen: Im Dezember 1903 waren den Brüdern Wright die ersten sekundenkurzen Flüge gelungen. Raymonde de Laroche blieb nicht lange die einzige "Vogelfrau": noch im gleichen Jahr bestanden vier andere in Frankreich die Flugprüfung. Die erste deutsche Motorfliegerin war Melli Beese aus Dresden. Drei Fluglehrer ließen sie abblitzen, und der vierte, der sie annahm, glaubte auch nicht, dass Frauen etwas Großes leisten würden. Aber immerhin sei "etwas Derartiges" unterhaltsam fürs Publikum.
Doch der Ehrgeiz der Frauen war groß und ihr Mut nicht minder. Fragile Apparate aus Holzlatten, Draht und Leinwand waren diese ersten Flugmaschinen, und mittendrin ein Freisitz für die tollkühne Pilotin. Raymonde de Laroche flog in knöchellangem Rock und dicker Strickmütze, Melli Beese forsch in Lederkombi und die Amerikanerin Harriet Quimby in einem Pluderhosenanzug aus pflaumenblauer Seide. 1912 überquerte sie als erste Frau den Ärmelkanal und bestand das gefährliche Abenteuer trotz dichten Nebels. Drei Monate später flog sie in Boston mit einem Gast an Bord. Entsetzt sahen die Zuschauer, wie er im Sinkflug in fünfhundert Metern Höhe einfach herausfiel, und im nächsten Moment stürzte auch Harriet Quimby kopfüber in die Tiefe. Sicherheitsgurte und Fallschirme gab es nicht. Die Ursache des Unglücks wurde nie geklärt.
Bis zum Ersten Weltkrieg erwarben einundvierzig Frauen einen Pilotenschein. Fast alle wollten sie die Fliegerei zum Beruf machen. Bessica Raiche zimmerte ihren ersten Flugapparat in ihrem New Yorker Wohnzimmer zusammen und gründete dann eine Flugzeugbaufirma. Katherine Stinson war Postfliegerin in Montana, ihre Schwester Marjorie bildete kanadische Militärpiloten aus, und auch Melli Beese betrieb eine eigene Flugschule. Die Heldinnen der Lüfte wurden umjubelt und geehrt: Frankreich nahm die Rekordfliegerin Helene Dutrieu in die Ehrenlegion auf, ihre amerikanische Kollegin Ruth Law dinierte mit dem Präsidenten.
Gebrochene Knochen und innere Verletzungen
Raymonde de Laroche gehörte zum Werksteam des Flugzeugbauers Charles Voisin, mit dem sie an Flugschauen und Wettbewerben teilnahm. 1910 trat sie in Ägypten, Sankt Petersburg, Budapest, Rouen und Reims an. Dort brachte ein anderer Flieger ihre Maschine zum Absturz, sie überlebte mit gebrochenen Knochen und inneren Verletzungen. Kaum genesen, nahm sie den Steuerknüppel wieder in die Hand. Im Ersten Weltkrieg bemühte sie sich vergeblich, in die französische Luftwaffe aufgenommen zu werden, aber 1919 konnte sie wieder fliegen. Im Juni gelang ihr ein Höhenrekord. Doch am 18. Juli stürzte sie in den Tod. Eine Statue auf dem Pariser Flughafen Le Bourget erinnert an die furchtlose Pionierin.