Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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9. Februar 1789 Franz Xaver Gabelsberger geboren

In der Kürze liegt die Würze! Das wissen die Redner schon seit der Antike, aber gekümmert hat es sie noch nie. Lieber setzen sie auf Schreiber, die mit einer Kurzschrift ihrer Gedankenfülle Herr werden. Ein moderner Heros der Kurzschrift war Franz Xaver Gabelsberger, der am 9. Februar 1789 geboren wurde.

Stand: 09.02.2011 | Archiv

9. Februar 1789: Franz Xaver Gabelsberger geboren

09 Februar

Dienstag, 09. Februar 2010

Autor(in): Anja Mösing

Redaktion: Thomas Morawetz

Staunen eigentlich mehr Lehrer über ihre Schüler, oder mehr Schüler über ihre Lehrer? Also wenn man  – um ein unverfängliches Beispiel zu wählen – mal Martin Luther nimmt, ganz klar: Da geht der Punkt an den Lehrer. Besonders wegen seiner markigen Sprüche. Und die wurden damals gern von Studenten aufgeschrieben, die er in seinem Haus beherbergt hat. Wie Lehrbuben beim Lehrherrn und natürlich gegen Geld.

„Tritt frisch auf, thu's Maul auf, hör' bald auf!“

So hieß Luthers Tipp für einen jungen Kandidaten, der sich in der Kunst der Predigt üben wollte. Gut zu merken, weil kurz, knapp und deftig formuliert - ein typischer Luther! Dabei keinesfalls neu, denn das „Lob der Kürze“ hat eine lange Geschichte. „Brevitas delectat“, wussten schon die alten Lateiner mitten in der Antike. Also: „Kürze erfreut!“. Oder besser etwas freier übersetzt: „In der Kürze liegt die Würze!“

Gefolgt sind Redner diesem alten Leitspruch leider kaum. Weder in der Antike noch heute. Nicht einmal der berühmteste Redner Roms hat sich daran gehalten. Auch da  staunen wiederum die Schüler. Schließlich sind sie es, die seit Jahrhunderten die raffinierten aber ellenlangen Reden Ciceros aus dem Lateinischen übersetzen müssen. Schriftlich natürlich.

Denn was wären die größten Redner ohne ihre Schreiber? Berühmt wurden Redner auf die Dauer ja nicht durch ihre Hörer, sondern durch ihre Leser. Wirklich brillante Plädoyers konnte man schon in der Antike im Nachhinein kaufen. Quasi Werbung in eigener Sache. Wer jetzt glaubt, Cicero notierte Zuhause eigenhändig und eifrig auf Papyrus oder gar Pergament, was er grad vorher im Gericht meisterhaft in seine Rede eingeflochten hatte, liegt falsch. Nein, dazu hatte einer wie Cicero keine Zeit. Dafür aber einen Sekretär: Und der hieß Marcus Tullius Tiro. Aber auch Tiro kam schnell an die Grenzen seiner Kunst, wenn es galt, Ciceros langatmige Ausführungen schon bei Gericht quasi „lippensynchron“ mitzuschreiben. Tiro behalf sich, indem er im Jahr 63v.Chr. eine Kurzschrift entwickelte. Damit kam er Ciceros Redeeifer besser hinterher. Da war er schlau, der Tiro.

Aber nicht der erste – auch Griechen und Chinesen hatten sich schon Kurzschriftsysteme ausgedacht – aber Tiros Kurzschriftsystem, die so genannten „Tironischen Noten“, blieben sogar rund 1000 Jahre in Gebrauch. Danach war Schluss, weil die phantasievollen Kürzel von Kirchenmännern zum Hexenwerk erklärt wurden. Tiros Kurzschrift wurde kurzerhand verboten.

Aber wo es Redner gibt, braucht es auch Schreiber. Und zwar schnelle Schreiber. Das war bald wieder klar. Inzwischen sind allein in Deutschland mehr als 600 Kurzschriftsysteme entwickelt worden. Und eine, die auf unserer Schreibschrift basiert, hat sich bis heute durchgesetzt: Die von Franz Xaver Gabelsberger. Ein Mann, der genau heute geboren wurde, allerdings im Jahr der Französischen Revolution, also am 9. Februar 1789.

Und da hatte der Gabelsberger einfach ein Riesenglück. Jetzt nicht von Geburt an, denn seine Familie war nicht reich, der Vater starb ihm schon weg, als er noch ein vierjähriges Bürschlein war und mit seiner eigenen Gesundheit stand es auch nicht zum Besten. Aber sein Erfindungsreichtum in Sachen Kurzschrift passte einfach gut in diese Zeit. Da wurden so viele schlaue, interessante und unerhörte Reden geschwungen, dass einer wie er gefragt war. Parlamentarier in den Bayerischen Ständeversammlungen ließen ihre Reden im Stenogramm festhalten und danach „ins Reine schreiben“. Da hatte Gabelsberger aber schon unzählige Schüler. Und was machten die, als er mit 40 Jahren mitten in der Theatinerstraße beim Spaziergang vom Schlaganfall getroffen wurde und starb? An seinem Grab auf dem Alten Südlichen Friedhof in München gründeten sie ihm zu Ehren den „Stenographen-Zentralverein“. Und das war schon kein Fall von Staunen mehr – das war schon mehr ein Fall von Heldenverehrung.


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